Türk Gücü Friedberg – SV Rot-Weiß Hadamar 0:1

Deutschland, Hessenliga – Staffel B (5. Liga)
Samstag, 11. September 2021, 15 Uhr
Rosbach vor der Höhe, Sportanlage Eisenkrain

Ja, meine Freundin ist schon ziemlich speziell. Muss sie ja auch, sonst wäre sie nicht mit einem speziellen Typen wie mir zusammen. Während meine Leidenschaft den Sportstätten dieser Welt gilt, interessiert sie sich für den Bodensatz der Gesellschaft: Obdachlose, Junkies, Gestalten aus der Unterwelt. Kein Pennertreff, an dem sie nicht mit großen Augen vorbeigeht. Und auch Youtube-Formate wie "Straßenleben", in denen Obdachlose und Junkies interviewt werden, laufen bei uns zu Hause rauf und runter. Hat nichts mit Voyeurismus zu tun, sondern mit ihrer eigenen Lebensgeschichte und ihrem Beruf. Ich finde das meist nicht ganz so spannend, aber so geht es ihr mit Dorfsportplätzen ja auch. An diesem Wochenende nun feiert meine Freundin runden Geburtstag und da überrasche ich sie mit einer ganz besonderen Reise: ins Frankfurter Bahnhofsviertel. Gepennt wird mitten in der Taunusstraße, unangefochten der Tiefpunkt Deutschlands. Am Freitag verzichte ich auf Fußball in Frankfurt (und das ist ja wohl wirklich ein Geschenk, das von Herzen kommt), damit wir uns voll und ganz dem Bahnhofsviertel widmen können. Auch der Samstagabend wird anderweitig gestaltet, aber tagsüber ist zumindest ein Spiel drin. Wir sind mit dem Zug unterwegs, also wird das höchstklassige Spiel gewählt, das von Frankfurt aus am schnellsten erreichbar ist: Türk Gücü Friedberg in der Hessenliga, die in dieser Saison in zwei Staffeln geteilt ist. Für seine Heimspiele hat der Verein Friedberg inzwischen verlassen (müssen) und spielt im Nachbarort Roßbach. Dort ist kein spektakulärer Ausbau vorhanden, aber wenigstens ist die Anlage schön am Arsch. Erschreckend niedrig ist die Zuschauerzahl, und das obwohl der Tabellenführer zu Gast ist. Die meisten der rund 50 Zuschauer halten zudem zu Hadamar. Gesalzen sind hier die Preise: 8 Euro Eintritt, 3 Euro fürs kleine Bier (0,3 Liter). Man kann zwar froh sein, dass es überhaupt Alkohol gibt, aber so verzichten wir dann nach der ersten Pulle dankbar. Echt gut ist dafür die Köfte, die mit 3 Euro dann auch im Rahmen bleibt. Insgesamt hätte ich mir aber mehr von einem der hochklassigsten Migrantenvereine Deutschlands erwartet. Der Abend wird dann zunächst ganz tourimäßig in einer Äppelwoi-Wirtschaft in Sachsenhausen verbracht, ehe es danach wieder das Kontrastprogramm im Bahnhofsviertel gibt.