TSV Rohr II – TSV Bernhausen II 2:0

Deutschland, Bezirkspokal Stuttgart (3. Runde)
Donnerstag, 15. Oktober 2020, 19.30 Uhr
Stuttgart, TSV-Sportanlage Dürrlewangstraße – Platz 2 

Die dritte Pokalrunde des Fußballbezirks Stuttgart scheint ein Vorbote zu sein für das, was uns in den kommenden Wochen erwartet: Die Zügel werden enger gezogen. Genau wie andere Landesverbände hat auch der WFV in dieser Woche die Vereine angeschrieben und pocht darauf, dass die Anti-Corona-Maßnahmen strenger eingehalten werden. Der Fußballbezirk Stuttgart setzt das scheinbar mit dem Schlaghammer um: Ab dem 14. Oktober gilt ein generelles Zuschauerverbot. Diese Meldung kursiert zumindest auf Facebook, in die Welt gesetzt vom Privataccount eines Offiziellen – am 12. Oktober. Der Zeitpunkt ist doppelt ungünstig, denn das ist nicht nur relativ kurzfristig, sondern in ausgerechnet dieser Woche wird die dritte Pokalrunde im Bezirk Stuttgart ausgetragen. Keine Frage, dass die Vereine da „leicht“ irritiert sind. Ja, was gilt denn nun? Wie offiziell ist dieses Zuschauerverbot? Wir schreiben mehrere Vereine an, die ein Heimspiel im Pokal haben, werden aus den Antworten aber nicht wirklich schlauer. Dem einen ist das alles zu blöd und er will gar keine Zuschauer reinlassen, der andere das erst kurz vor Anpfiff spontan entscheiden. Das macht die Planung nicht leichter. Wie gerufen kommt da ein ganz anderes Facebook-Posting, nämlich das vom TSV Rohr. Der ist mit seiner zweiten Mannschaft seit vielen Jahren mal wieder in die dritte Runde des Bezirkspokals eingezogen und steht nun vor dem historischen Sprung ins Achtelfinale. Für das große Spiel gegen den TSV Bernhausen II wird nicht nur freier Eintritt und ein geöffneter Grillstand, sondern im Falle eines Sieges sogar Freibier versprochen. Ja, da müssen wir hin! Zwar gilt auch beim TSV Rohr durchgehend eine Maskenpflicht und die Zuschauerbegrenzung wird von 500 auf 200 herabgesetzt, aber das sollte ja trotzdem reichen. Dass das Spiel nur auf dem Nebenplatz stattfindet, stört uns auch nicht weiter. Voller Vorfreude treffen wir uns schon weit vor Anpfiff am S-Bahnhof Rohr, von dem aus es keine 10 Minuten zu Fuß bis zum Sportplatz des TSV Rohr sind. In der netten Vereinskneipe sind wir fast die einzigen Gäste und wir merken schon: Viel los sein wird beim Spiel mit Sicherheit nicht. So kommt es dann auch, keine 20 Zuschauer wollen bei diesem Pokalkracher dabei sind. Der Eintritt ist wie versprochen frei, statt Würstchen vom Grill gibt es aber nur Leberkäse aus dem Backofen. Auch gut. So gar nicht klar kommen wir zunächst dagegen mit dem Vereinsvorsitzenden, der – wie vom WFV gefordert – während dem Spiel Kontrollgänge macht und schaut, ob jeder eine Maske trägt. Wir tragen keine, denn a) haben wir ja eh die ganze Zeit eine Bierflasche am Mund, b) steht in einem Radius von 30 Metern kein anderer Zuschauer neben uns und c) saßen wir gerade in genau dieser Konstellation über eine Stunde lang im Vereinsheim ohne Maske zusammen an einem Tisch. Da macht es keinen Sinn, dass wir nun unter freiem Himmel plötzlich eine Maske tragen müssen. Aber Regel ist Regel – und die hat ja nicht der TSV Rohr gemacht. Für Kritik ist der Mann also ganz klar der falsche Adressat und darüber hinaus stellt sich schnell heraus, dass er ne ziemlich coole Socke ist. Der Kollege vom Grillstand stößt auch dazu, ein gebürtiger Bochumer, der in der Nähe vom Arminia-Sportplatz aufgewachsen ist. Als ich ihm sage, dass ich kürzlich erst bei Arminia Bochum war, sind wir sowieso der Verbrüderung sehr nahe. Sehr lässiger Spruch dann vom Vorsitzenden, als wir ihn fragen, wie denn so das Verhältnis zum SV Vaihingen ist, dessen Sportplatz direkt an den vom TSV Rohr grenzt. Antwort: „Ha, man freut sich sonntags schon immer, wenn die nicht gewonnen haben.“ Dass prompt eine Einladung zum nächsten Derby gegen den SV Vaihingen ausgesprochen wird, ist ein echt feiner Zug. Etwas ernster wird die Miene allerdings, als wir den Herren mal die Facebook-Seite des TSV Rohr unter die Nase halten und sie auf das versprochen Freibier ansprechen, falls das Achtelfinale erreicht wird. Da allerdings hat die Social-Media-Abteilung offenbar völlig selbstständig gehandelt und keinem im Verein etwas davon gesagt. Ob WFV oder TSV Rohr – auf Facebook scheint nur noch Chaos zu herrschen. Der Vorsitzende ist zwar sichtlich überrascht, verspricht uns aber höchstpersönlich, sich im Falle eines Sieges an das online gegebene Versprechen zu halten. In so einer Situation schaut man ein Fußballspiel natürlich ganz anders an und fiebert richtig mit. Tatsächlich gelingt dem TSV Rohr II das historische Wunder und er zieht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ins Achtelfinale ein. Da der Grillstand inzwischen leergesoffen ist, lässt sich der Vorsitzende nicht lumpen, geht in den Keller und stellt uns wie versprochen mit einem Augenzwinkern drei Flaschen Schwabenbräu auf den Tisch. Ehrenmann! Wie gut, dass das Spiel nur auf dem Nebenplatz stattfand und uns allen der Hauptplatz noch fehlt. Wir kommen gerne wieder – am liebsten gegen den SV Vaihingen.