FC Eisenach – SV Arnstadt 0:6

Deutschland, Thüringenpokal (2. Runde)
Samstag, 24. Oktober 2020, 14 Uhr
Eisenach, Wartburgstadion 

45 Minuten dauert die Fahrt laut Google Maps von Buttlar nach Eisenach. Reicht eigentlich locker, und trotzdem ist Eile geboten, denn zwar lässt der FC Eisenach Zuschauer ins Wartburgstadion, aber natürlich nicht unendlich viele. Eng werden würde es zwar nicht, hatte man uns zuvor nach einer Anfrage versichert, aber da mit dem SV Arnstadt heute ein Verbandsligist im Thüringenpokal zu Gast ist, kann man ja nie wissen. Da gibt es schlechtere Lose. Natürlich kreuzt ausgerechnet in so einem Moment eine Baustelle mit achtminütiger (!) Rotphase an der Ampel den Weg. Geht aber alles gut und wir bekommen noch problemlos ein Ticket. Das Wartburgstadion wurde zwar 1955 und damit zu DDR-Zeiten gebaut, ist aber kein typischer DDR-Bau. Mit seiner holzvertäfelten Tribüne, den weißen Sitzbänken mit Lehne, viel Naturstein und den abgerundeten Formen am Ende der Stehstufen wirkt das Ding eher wie aus den goldenen 1920er-Jahren. Zu jenen existierte mit Borussia Eisenach auch schon der Vorgängerverein des FC Eisenach, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die Trägerschaft des berühmten Wartburg-Automobilwerks überging und in BSG Motor Eisenach umbenannt wurde. Trotz des namhaften Trägerbetriebs pendelte die Betriebssportgemeinschaft zu DDR-Zeiten stets zwischen 2. und 3. Liga und war kein einziges Mal in der Oberliga vertreten. Nach der Wende nannte man sich zunächst in SV Wartburgstadt, dann in FC Wartburgstadt Eisenbach um und dümpelte in den thüringischen Ligen umher. 2011 folgte eine Fusion mit zwei kleineren Vereinen zum FC Eisenach, womit als nur das „Wartburgstadt“ gestrichen wurde. Die einzige Zaunfahne, die heute hängt, greift genau diese Streichung auf. Verändert hat sich nach der Wende nicht nur der Vereinsname, sondern auch das Wartburgstadion. Einst bestand das gesamte Rund aus Stehrängen, woraus sich eine Kapazität von 20.000 Zuschauern ergeben hat, doch die Stufen wurden in der DDR nie gepflegt. Da der Eisenacher Fußball sowieso nie hochklassig vertreten war und man somit auf den Ausbau verzichten konnte, blieb damit nach der Wende nur noch der Abriss der Stehränge und eine anschließende Begrünung. Auch die Fusion konnte nichts daran ändern, dass man sportlich weiterhin Mittelmaß ist und aktuell nur in der Landesklasse spielt, die in Thüringen die siebthöchste Spielklasse darstellt. Ein sympathischer Verein ist der FC Eisenach trotzdem – oder vielleicht muss man auch sagen: gerade deswegen. Egal ob an Kasse oder Bierstand, überall ein freundliches Wort. Ehrensache, dass es hier natürlich auch echte Thüringer Rostbratwürstchen vom Holzkohlegrill gibt. Schade nur: Die Pokalüberraschung bleibt aus und der SV Arnstadt gewinnt klar mit 6:0. Anders als im Fußball spielt Eisenach dafür kulturell in der 1. Liga. Zwei Menschen haben die Stadt weltberühmt gemacht: Johann Sebastian Bach, der in Eisenach geboren ist, und Martin Luther, der in der über Eisenach thronenden Wartburg das Neue Testament der Bibel in die deutsche Sprache übersetzt hat. Beiden ist es zu verdanken, dass Eisenach in den vergangenen Jahren gleich zweimal Touristen aus aller Welt angelockt hat. Zum einen war das das Bach-Jahr im Jahr 2000 zum 250. Todestag von Johann Sebastian Bach, zum anderen das Reformationsjubiläum 2017, mit dem an den 31. Oktober 1517 erinnert wurde, an dem Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg genagelt hat. Beides hat dem Stadtbild von Eisenach sichtlich gut getan hat. Nicht alles, aber doch einiges ist besser in Schuss als in anderen ostdeutschen Städten. Optisch gelungen finde ich vor allem das Bachhaus am Rand der Altstadt, das zur einen Hälfte aus dem historischen Geburtshaus Bachs besteht, zur anderen aus einem modernen Neubau. Alt und Neu wurden da wirklich gekonnt miteinander verschmolzen. Für einen Besuch des Museums fehlt uns aber ebenso die Zeit wie für die Wartburg, für die wir aufgrund der Öffnungszeiten nicht einmal eine Stunde hätten, und das alte Wartburg-Werk. Holen wir irgendwann einmal nach, denn bei unserem rund zweistündigen Spaziergang durch die Stadt stellen wir fest: Eisenach ist einen zweiten Besuch wert.