Deutschland, Verbandsliga Sachsen-Anhalt (6.Liga)
Samstag, 6. August, 14 Uhr
Magdeburg, Stadion Schöppensteg
Mit gutem Zeitpuffer geht es mit Bus und Straßenbahn weiter in den Magdeburger Norden. Heftig, durch welche Gegenden man dabei mitunter kommt. Das ist dann schon nicht mehr Ungarn oder Slowakei, sondern Rumänien. Zumindest die Landeshauptstädte betreffend dürfte Magdeburg noch die stärkste DDR-Optik haben. Nach kurzem Fußmarsch durch einen kleinen Park, vorbei an einer sozialistischen Sportler-Statue, stehen wir vor dem Stadion am Schöppensteg, das eigentlich nur ein Sportplatz ist. Umso verblüffender, dass hier zwischen 1962 und 1965 Zweitligafußball geboten wurde. Damals hieß der Verein noch BSG Turbine Magdeburg. Was ich nicht wusste: Fortuna Magdeburg hatte mal eine Fanszene. Aufkleber und Schmierereien im Stadion und seinem Umfeld machen das aber schnell klar. Zwei Dinge sind auffällig: Zum einen schien die Szene von Fortuna sehr politisch aktiv zu sein – und zwar links. Zum anderen sieht man hier rein gar nichts vom FCM, was im völligen Kontrast zum restlichen Stadtbild von Magdeburg steht, wo jeder Zentimeter blau-weiß zugepflastert ist. Übrig geblieben scheint von der Fortuna-Szene aber nichts mehr. Nach dem Spiel schlendern wir noch ein wenig durch die Innenstadt. Ich war erst einmal in meinem Leben in Magdeburg. Viele Jahre her, nach einem Pokalfinale zwischen dem FCM und Chemie Halle unter der Woche. Damals hielten wir nach dem Spiel noch schnell an einer Dönerbude und bekamen prompt einen Strafzettel – um 22 Uhr! Das war mir dann doch ein bisschen too much preußisch, weshalb ich seitdem immer einen Bogen um Magdeburg gemacht habe. Heute soll's dann aber doch mal soweit sein, die Stadt etwas genauer anzuschauen, zumal wir ja eh mit dem Zug da sind und somit keinen Strafzettel bekommen können. Fazit: In der Innenstadt ist Magdeburg stellenweise richtig schön, was besonders für die Ecke um den Domplatz mit Dom, Landtag und Hundertwasserhaus gilt. Das schöne Wetter poliert die Stadt natürlich auch auf. Etwas zeitiger als wir müssten brechen wir dennoch wieder auf, womit wir leider auf den obligatorischen Besuch eines vietnamesischen Restaurants verzichten müssen, was sich ja im Osten eigentlich immer lohnt. Aber auf die Adrenalinstrecke zwischen Berlin und Westdeutschland sollte man sich im 9-Euro-Ticket-Sommer nicht auf den letzten Drücker begeben. Am Bahnhof lässt der Blick auf die Anzeigentafel schon Schlimmes befürchten, denn der Gegenzug aus Braunschweig steht bei 80 Minuten Verspätung. Wir sind mit 15 Minuten gut bedient, doch der Bahnsteig ist gerammelt voll. Hier in Magdeburg stellt die Bahn sogar eine Handvoll Muttis mit DB-Westen an den Bahnsteig, die die Leute auf wirklich unverschämte Weise anbrüllen und Anweisungen geben, wo sie zu stehen haben. Ein Sound wie früher an der innerdeutschen Grenze. Da war's halt Unteroffizier Erich mit Fellmütze, der einen angeschnauzt hat. Jetzt ist es Mandy mit grünen Haaren, Piercings und Tunnel im Ohr. Die Mädels sind sogar so selbstbewusst und ziehen eingestiegene Fahrgäste zähnefleschend wieder aus dem Zug heraus, wenn sie noch nicht alle Leute haben aussteigen lassen. Unglaublich, was man sich hier als Kunde bieten lassen muss – selbst wenn man nur 9 Euro gezahlt hat.