Wej SC – Al-Nairea SC 1:3

Saudi-Arabien, Second Division (2.Liga)
Freitag, 17. März 2023, 16.15 Uhr
Taif, King Fahad Sport City Stadium

Es beginnt der Tag, der uns im Vorfeld das größte Kopfzerbrechen bereitet hat und in den wir mit den größten Bedenken gehen – denn es steht die Fahrt nach Mekka an. Für Nicht-Muslime ist die Stadt, in der der Prophet Mohammed geboren ist, streng verboten. Um sie herum zieht sich der sogenannte Haram-Bezirk, der nur von Muslimen betreten werden darf. Der Knackpunkt: Mit Al-Wehda gibt es in Mekka einen saudi-arabischen Erstligisten, den wir am Abend besuchen wollen. Liegt sein Stadion innerhalb des Haram-Bezirks? Das war vorab nicht einwandfrei lokalisierbar und so machen wir uns mit einer gewissen Anspannung auf den Weg nach Mekka. Zunächst stehen wir aber noch am Flughafen in Dammam, um den 115 Euro teuren Nachtflug der saudischen Billigfliegergesellschaft Flynas nach Jeddah zu nehmen. Jeddah liegt am Roten Meer, ist etwa 80 Kilometer von Mekka entfernt und galt schon immer als Tor nach Mekka. Es ist die vorletzte Etappe für die wichtigste Wallfahrt des Islams, die jeder Muslim einmal in seinem Leben machen muss. Früher kamen die Gläubigen mit dem Schiff in Jeddah an, heute mit dem Flugzeug, zumal Mekka keinen Flughafen besitzt. Das bekommen wir schon beim Boarding in Dammam mit, denn einige unserer Mitreisenden sind nur in weiße Leinentücher gehüllt, denn genau so begeht man die Hadsch, also die Pilgerreise nach Mekka. Angekommen in Jeddah gibt’s dann erstmal nur Probleme. Wir landen mit zwei Stunden Verspätung und auch am Mietwagen-Schalter (zum ersten Mal bei dieser Tour werden wir unseren eigenen fahrbaren Untersatz haben) geht es nur zäh voran. Man versucht, uns jeden Scheiß anzudrehen. Richtig garstig wird es aber im vorab gebuchten Hotel. Jeddah ist in der Hinsicht voll auf den Pilger-Tourismus ausgerichtet, stellenweise werden Zimmer nur an Muslime vermietet. Das wird selbst auf Buchungsplattformen wie booking.com ganz offen kommuniziert. Ein zunächst von uns über booking.com gebuchtes Hotel, das nichts davon geschrieben hatte, nur für Muslime zur Verfügung zu stehen, hatte von sich aus unsere Buchung storniert, nachdem klar wurde, dass wir keine Muslime sind. Bei unserem nun gebuchten Hotel scheinen wir mehr Glück zu haben und mir wurde sogar per E-Mail versichert, dass wir auch noch mitten in der Nacht einchecken können. Die Rechnung haben wir aber im wahrsten Sinne des Wortes ohne den Herren gemacht, der bei unserer Ankunft an der Rezeption sitzt. Unfreundlicher als unfreundlich und natürlich spricht er angeblich kein Englisch. Er will zunächst überhaupt nicht mit uns sprechen und schaut uns nur verächtlich an. Als ich ihm aufdringlich unsere Buchungsbestätigung unter die Nase halte, unterstreicht er dort nur die Check-in-Zeiten, die längst vorbei sind, und will uns dann wieder ignorieren – bis ich ihm die E-Mail von seinem Chef zeige. Komplett widerwillig führt er das Einchecken durch und bittet um Vorkasse. Kein Problem, doch keine unserer Kreditkarten funktioniert. Das allerdings erleben wir in Saudi-Arabien nicht zum ersten Mal, denn während wir in Bahrain, Kuwait und Katar nie Probleme mit Kartenzahlungen hatten, gibt es in Saudi-Arabien mit Mada ein eigenes inländisches Zahlungssystem. Vor allem kleine Läden akzeptieren mitunter keine ausländischen Kreditkarten, sondern nur Mada – und offenbar auch dieses Hotel. Mit Mühe und Not kratzen wir unser letztes saudisches Bargeld zusammen, um zumindest die erste Nacht bezahlen zu können. Letzter Streitpunkt dieser sehr unschönen Begegnung: In unserem spartanischen Zimmer gibt es nicht einmal Handtücher und als wir an der Rezeption danach fragen, werden wir wieder einfach ignoriert. Ja, man gibt uns tatsächlich keine Handtücher. Ich muss aber dazu sagen, dass wir bislang in Saudi-Arabien nicht ansatzweise solch eine schlechte Erfahrung gemacht haben. Und um das vorweg zu nehmen: Wir werden auch in Jeddah nicht noch einmal solch eine schlechte Erfahrung machen. Aber sobald man mit den Pilgertourismus in Berührung kommt, kann es als Nichtmuslim offenbar eklig werden. Ähnliches habe ich übrigens auch schon aus Medina gehört, der zweitwichtigsten Pilgerstätte des Islam, die sich ebenfalls in Saudi-Arabien befindet.

Am nächsten Morgen machen wir uns also mit einem mulmigen Gefühl auf den Weg nach Mekka. Zuvor biegen wir aber nach Taif ab, wo noch ein Zweitligaspiel auf uns wartet. Taif liegt im Gebirge und wir vermuten richtig, dass es auf dem Weg dahin nur wenige Tankstellen gibt. Da uns der Mietwagen mit nur halb vollem Tank übergeben wurde, wollen wir also noch am Stadtrand von Jeddah tanken. Das sollte in einer saudi-arabischen Millionenstadt ja eigentlich kein Problem sein und macht bei Benzinpreisen von 50 Cent pro Liter sogar richtig Spaß. Wir kommen auch an mehreren großen Tankstellen mit teilweise bis zu 50 Zapfsäulen vorbei, nur tankt an keiner von ihnen jemand und alle sehen geschlossen aus. An der letzten Tankstelle Jeddahs fahren wir raus und versuchen unser Glück, doch es kommt kein Benzin aus der Zapfpistole. Kein Mensch da, alles geschlossen – wir verzweifeln. Dann des Rätsels Lösung: Es ist Freitag, der für die Muslime sozusagen der Sonntag ist. In diesem Moment wird das wichtige Freitagsgebet abgehalten und da steht im strenggläubigen Saudi-Arabien alles still. Selbst die Tankstellen. Wir warten eine Viertelstunde und schon kehrt wieder Leben ein. Plötzlich fährt ein Auto nach dem anderen an die Zapfsäulen und auch wir können endlich den Tank vollhauen. Um nach Taif zu kommen, muss man zunächst die Autobahn nach Mekka nehmen und da stechen natürlich die roten Hinweise auf den Schildern ins Auge, die Nicht-Muslime irgendwann zum Verlassen der Autobahn zwingen. Ab einem gewissen Punkt dürfen nur noch Muslime auf der Straße nach Mekka sein. Uns tangiert das aber (noch) nicht, da wir ja zunächst ohnehin nach Taif wollen. Recht schnell baut sich dann eine imposante Gebirgskette vor uns auf und genau dort wartet die erste Aktivität auf uns. Denn kurz vor Taif, genauer gesagt im Bergdorf Al-Hada, steht die längste Seilbahn des Nahen Ostens. Vier Kilometer ist sie lang, kommt aus österreichischer Produktion und führt hinab zum Vergnügungspark Al-Kar. Schon auf der Fahrt nach Al-Hada sahen wir viele frei lebende Affen am Straßenrand, die teilweise auf die Autos kletterten, und aus der Gondel heraus erkenne wir auch unzählige Kamele unten auf der Erde. Richtig spannend! Der Vergnügungspark interessiert uns natürlich nicht und so bleiben wir beim Erreichen der Talstation einfach in der Gondel sitzen und fahren direkt wieder hinauf nach Al-Hada. Berg- und Talfahrt kosten zusammen übrigens 100 Riyal (22,70 Euro). Angekommen in Taif (560.000 Einwohner, siebtgrößte Stadt Saudi-Arabiens) merken wir recht schnell, dass es nicht viel zu sehen gibt, aber wir haben hier ohnehin nur das King Fahad Sport City Stadium auf dem Zettel. In ihm spielt Zweitligist Wej SC – vor enorm dürftiger Kulisse. Keine 50 Zuschauer bei freiem Eintritt. Trotzdem süß, dass der Verein eine Kinderbetreuung anbietet, damit die Eltern in Ruhe das Spiel schauen können. Man bemüht sich also, den Leuten das Stadion schmackhaft zu machen, auch wenn das nicht von Erfolg gekrönt ist. Uns hingegen muss man das Stadion nicht schmackhaft machen, denn uns gefällt das auch ohne Rahmenprogramm. Schöne Schüssel, die man architektonisch eigentlich gar nicht in Saudi-Arabien verorten würde.