Kuwait, Premier League (1.Liga)
Donnerstag, 9. März 2023, 18.15 Uhr
Kuwait, Thamir Stadium
Ganz gemächlich können wir am Donnerstagmorgen in unserem Hotel in Bahrain auschecken, gehen noch einmal bei dem inzwischen liebgewonnenen Inder in der nahegelegenen Mall essen und lassen uns dann mit einem Uber zum Flughafen bringen. Nächstes Ziel: Kuwait. Von Bahrain nach Kuwait zu fliegen ist das kleinste Problem dieser Tour, denn zwischen beiden Ländern sind reichlich Billigflieger schon ab 30 Euro unterwegs. Wir können uns somit sogar erlauben, unseren ursprünglich gebuchten Flug sausen zu lassen und einfach einen zweiten Flug zu buchen. Denn: Der kuwaitische Spielplan spielte völlig verrückt. Mehrfach wurden die Spiele und Terminierungen in den vergangenen Tagen umgeschmissen. Teilweise sah es so aus, dass wir die halbe Liga komplettieren können, teilweise aber auch so, dass wir den Länderpunkt gar nicht machen. Was für ein Chaos! Schlussendlich haben wir uns für eine risikoreiche Variante entschieden, die vorsieht, nur 24 Stunden in Kuwait zu bleiben, das als das unspektakulärste Land unter den Golfstaaten gilt, und dafür mehr Zeit in Katar zu verbringen. Der Haken an der Sache: Bereits knapp zwei Stunden nach unserer Landung am Kuwait International Airport rollt bereits der Ball. Wir werden nur ein Spiel sehen und haben damit nur diese eine Chance, den Länderpunkt zu machen. In Kuwait gibt es wie gesagt kein Uber, was unter Umständen zähe Verhandlungen mit der Taxi-Mafia am Flughafen zur Folge haben wird. Bereits in Bahrain haben wir alles erledigt, was man schon erledigen kann. Wir sind also schon im Besitz von kuwaitischen Dinar und haben das umgerechnet etwa 10 Euro teure Visum bereits online geholt. Die Hoffnung, mit dem ausgedruckten Papier schnell durch die Passkontrolle huschen zu können, zerschlägt sich jedoch nach der (verspäteten) Landung, denn bei den kuwaitischen Grenzbeamten läuft überhaupt nichts organisiert ab. Die interessieren sich kein Stück dafür, dass wir bereits ein Online-Visum haben, und stellen uns in die Visa-on-arrival-Schlange, in der nichts vorangeht. Als wir endlich an der Reihe sind, werden alle Daten noch einmal durch den Computer gejagt. Welchen Vorteil bringt dann ein Online-Visum? Kein guter Start für uns also, der aber noch schlechter wird. Denn wie erwartet werden die Verhandlungen mit der Taxi-Mafia sehr zäh. Für die 22 Kilometer bis zum Thamir Stadium in Al-Salmiya werden absolute Mondpreise aufgerufen, unter umgerechnet 35 Euro geht gar nichts, was für hiesige Taxi-Verhältnisse richtig viel ist. Aber natürlich machen wir das. Da es in Kuwait kein Uber gibt und wir somit nicht unbedingt online sein müssen, haben wir hier – anders als in Bahrain – auf den Kauf einer SIM-Karte am Flughafen verzichtet. Wir hätten auch gar nicht die Zeit dafür gehabt. Ich hatte mir aber vorher ungefähr den Weg vom Flughafen nach Al-Salmiya eingeprägt und stelle irgendwann fest, dass wir in eine andere Richtung fahren, nämlich in die Hauptstadt Kuwait City. Als ich den Fahrer frage, warum er nicht nach Al-Salmiya fährt, kommt der uns ganz blöd. Was wir denn da draußen wollen würden, will er wissen. In Kuwait City gibt es viele bessere Shopping-Möglichkeiten, er hätte da auch einige Familienangehörige mit eigenen Läden, die uns gute Angebote machen würden. Auch unser Hotel sollten wir lieber in Kuwait City nehmen und unser jetziges nahe des Thamir Stadium lieber stornieren. Auch da habe er familiäre Kontakte in Kuwait City. Ich bin hinten auf der Rückbank wirklich ganz kurz vorm Platzen! Wir wollen nicht shoppen, wir wollen Fußball schauen! Und anstatt endlich die richtige Richtung einzuschlagen, fängt er an zu diskutieren, dass man Fußball hier doch vergessen könne und wir lieber shoppen gehen sollen. Kurz bevor von der Rückbank die Faust kommt, biegt er endlich nach Osten in Richtung Al-Salmiya ab, aber schnell stellt sich heraus, dass er keine Ahnung hat, wo das Thamir Stadium ist. Über eine Offline-Karte versuche ich, ihn so nah wie möglich ans Stadion heranzubringen, aber anstatt auf meine Anweisungen zu hören nimmt er einen Anruf an, quatscht minutenlang am Hörer und verpasst jede Ausfahrt. Uns reicht’s! Als wir das erste Mal die Flutlichter des Thamir Stadiums sehen, machen wir ihm klar, dass er anhalten soll. Du bist unfähig! Er fühlt sich nun natürlich in seiner Ehre verletzt, aber das ist wirklich scheißegal. Wir werfen ihm die Geldscheine ins Taxi und auf Nimmerwiedersehen! Beim Thema Fußball gibt’s kein Pardon. Begraben müssen wir damit die Hoffnung, vor dem Spiel noch im Hotel einzuchecken und dort unser Gepäck zu bunkern. Stattdessen geht es nun mit dem Rollkoffer über Kuwaits staubige Gehwege, immer dem Flutlicht hinterher. Meine große Befürchtung ist, dass wir mit dem Gepäck nicht ins Stadion kommen, aber es stellt sich heraus, dass es in der Kuwaiti Premier League ähnlich wie in der Bahraini Premier League läuft: freier Eintritt, keine Ordner. Und zur Ehrrettung der einheimischen Bevölkerung muss ich sagen: Als wir an einem der Stände vor dem Stadion Getränke kaufen wollen, kommt ein Kuwaiter im weißen Gewand und übernimmt die komplette Rechnung. Einfach so. Es war zwar keine hohe Rechnung, aber eine sehr schöne Geste. Hier sind also nicht nur Vollidioten unterwegs. Genau wie in den vergangenen beiden Tagen in Bahrain bleiben die Zuschauerränge weitgehend leer, obwohl die Gastgeber vom Al-Salmiya SC immerhin schon 4x kuwaitischer Meister wurden (1981, 1995, 1998, 2000) und die Gäste vom Al-Kuwait SC aus Kuwait City mit 16 Titeln kuwaitischer Rekordmeister und auch amtierender Meister sind. Anders als in Bahrain spielen die kuwaitischen Vereine in fest zugeordneten, eigenen Stadien. Architektonisch sind die sich in den Golfstaaten immer sehr ähnlich, natürlich abgesehen von den WM-Stadien in Katar oder etwa dem großen Ding in Abu Dhabi. Wichtig ist, dass immer der Kopf des regierenden Monarchen groß zu sehen ist. Wir sind dagegen richtig froh, dass wir pünktlich am Stadion angekommen sind und es für volle 90 Minuten beim Länderpunkt-Spiel gereicht hat. Mit unseren Rollkoffern, die tatsächlich zu keinem Zeitpunkt ein Problem waren, ziehen wir nach dem Spiel weiter zum Hotel. Kuwait City wollen wir uns erst morgen anschauen und verbringen den Abend somit in Al-Salmiya, wo wir noch etwas essen gehen wollen. Das stellt sich jedoch als knifflig heraus. Al-Salmiya besteht aus einer Hauptstraße mit einem bunt leuchtenden Fast-Food-Laden neben dem anderen – keine Ausnahme in Kuwait. Hier setzt sich aber niemand in einen Fast-Food-Laden hinein, weshalb es dort gar keine Tische und Stühle gibt. Stattdessen läuft das so ab: Eine dicke Karre fährt vor dem Laden vor, hupt und dann sprintet ein Mitarbeiter heran, der die Speisekarte ins Auto reicht. Hat man seine Wahl getroffen, hupt man erneut und der Mitarbeiter nimmt die Bestellung am Autofenster auf. Die wird nach ein paar Minuten auf den Parkplatz gebracht und dann im Auto gegessen. Niemand verlässt sein Auto und natürlich läuft durchgehend der Motor. In Kuwait ist das alles noch viel krasser als in Bahrain und man merkt schnell, dass Benzin hier praktisch kostenlos ist. Es sind fast ausschließlich riesige Autos unterwegs, die eigentlich schon Trucks sind. Fußgänger sind in Kuwait irgendwie überhaupt nicht vorgesehen, weshalb wir auch nirgendwo etwas zu essen finden. Man scheint hier Fast Food wirklich grundsätzlich im Auto zu essen. In einem Burger-Laden werden wir dann aber doch noch fündig. Diese Erfahrung erklärt das Emirat Kuwait (4,3 Millionen Einwohner) ganz gut, denn durch die beiden Golfkriege hat es eine etwas andere Geschichte als die anderen Golfstaaten und ist wesentlich pro-amerikanischer eingestellt, was man schon allein an der Fast-Food-Kultur sieht. Mit rund 66 Prozent ist der Ausländeranteil in Kuwait deutlich höher als in Bahrain und natürlich sind auch die emsigen Mitarbeiter, die zu den wartenden Autos auf dem Parkplatz sprinten, vornehmlich Inder, Bangladescher oder Pakistaner.
Am Freitagmorgen checken wir schon wieder aus dem Hotel aus und gehen zum nur ein paar Schritte entfernten Strand. Eigentlich eine gute Gelegenheit, ein bisschen zu schwimmen, aber das ist in Kuwait nicht möglich, denn durch die beiden Golfkriege ist das Meer hier nach wie vor ölverseucht. Es wird dringend vom Schwimmen abgeraten. Dass wir statt schwimmenden Menschen ein patrouillierendes Kriegsschiff im Wasser sehen, erklärt Kuwait wohl ebenfalls ganz gut. Da es hier wie gesagt kein Uber gibt und wir uns den Stress mit der Taxi-Mafia ersparen wollen, nutzen wir das kleine Bus-Netz von Kuwait, das relativ gut funktioniert. Uns schenken müssen wir uns damit aber zwei Programmpunkte, auf die ich große Lust gehabt hätte, die aber draußen in der Wüste liegen und für die man einen Mietwagen braucht. Zum einen gibt es dort ein Öl-Museum, in dem es wohl auch viel um die Golfkriege geht, zum anderen einen irakischen Panzerfriedhof aus dem Zweiten Golfkrieg von 1990/91. Wir müssen uns also auf Kuwait City beschränken und lassen uns vom Linienbus irgendwo im Stadtzentrum ausspucken, um dann – mit unserem Gepäck – immer am Meer entlang zu den Kuwait Towers zu gehen, die das Wahrzeichen von Kuwait sind. Ziel ist es, möglichst viele Eindrücke aufzuschnappen, wobei recht schnell klar ist, dass es außer Hochhäusern nicht viel zu sehen gibt und alles in einem schlechteren Zustand als in Bahrain ist. Man sieht Kuwait stellenweise gar nicht an, eines der reichsten Länder der Welt zu sein. Ein bisschen mickrig ist auch, dass die drei 1979 errichteten Kuwait Towers eigentlich die einzige touristische Attraktion von Kuwait City sind. Die drei Türme sollen Wassertürme symbolisieren und tatsächlich fungiert einer von ihnen auch als solcher, während der zweite als Aussichtsturm und der dritte zur Illumination dient. Für 3 Dinar (ca. 8,30 Euro; Kuwait hat mit den stärksten Umrechnungskurs der Welt) darf man hinauf und den Blick auf Kuwait City und das Meer genießen. Lohnt sich. Ansonsten fallen genau wie in Bahrain die vielen Wohnungsinserate auf, über die neue Mieter oder WG-Partner gesucht werden, die ausschließlich muslimische Inder sein dürfen. Kulinarisch ist Kuwait wie erwähnt nicht der Hit und es gibt eigentlich nur amerikanische Burger-Läden, weshalb wir am Nachmittag auch in so einem landen, ehe es mit dem klapprigen Linienbus (wo steckt all die kuwaitische Kohle?) zum Flughafen geht. Nächster Ziel: Katar – und das ganz edel mit Qatar Airways, allerdings zum verträglichen Preis.