Al-Hidd SSC - Al-Khaldiya SC 3:5

Bahrain, Premier League (1.Liga)
Dienstag, 7. März 2023, 18.30 Uhr
Muharraq, Al-Muharraq Stadium

Wer hier regelmäßig mitliest, dem fällt schnell auf, dass neue Länderpunkte für mich nur zweitrangig sind. Viel wichtiger ist es mir, eine Liga zu komplettieren. Denn in meinen Augen habe ich mehr davon, häufiger in ein Land zu reisen und mich somit intensiv mit ihm auseinanderzusetzen anstatt für nur 24 oder 48 Stunden irgendwo zu sein, um den Länderpunkt abzuhaken und schnell weiterzuziehen. Ganz auf neue Länderpunkte verzichten will ich aber auch nicht und so geht es für zwei Wochen mit Mäddes auf die arabische Halbinsel, um dort gleich vier neue Länderpunkte einzuheimsen – plus Formel 1. Das Zusammenspiel von englischen Wochen und Pokalspielen scheint wirklich wie für uns gemacht zu sein. Hauptaugenmerk liegt auf Saudi-Arabien, das seit 2019 Touristen ins Land lässt. Wir beginnen aber erst einmal mit Bahrain, wohin es für 150 Euro ab Frankfurt via Istanbul mit Pegasus geht. Beim Zwischenstopp in Istanbul haben wir dabei auch die letzte (richtige) Gelegenheit, ein Bier zu trinken, und freuen uns schon auf richtig günstige Efes-Preise, da ja die türkische Lira komplett im Keller ist. Doch die Inflation leitet man am Flughafen an die Passagiere weiter und verlangt für eine Dose Efes unfassbare 16 Euro. Dann halt nicht. Im Flugzeug nach Bahrain fällt der hohe Frauen-Anteil auf – und viele tragen Verbände im Gesicht. Anders als beim Bier scheint man also bei Schönheitsoperationen von der Inflation profitieren zu können. Mitten in der Nacht kommen wir am ziemlich leeren internationalen Flughafen von Bahrain an und erhalten völlig unproblematisch für 5 Dinar (ca. 11 Euro) ein visa on arrival, das für 14 Tage gültig ist. Die ganze Einreiseprozedur dauert keine zehn Minuten, sehr sympathisch. Ebenso schnell ist eine SIM-Karte mit Datenvolumen besorgt. Mäddes hat freundlicherweise ein zweites Handy mitgenommen, in das wir die SIM-Karte einbauen und das er quasi als Modem mit Hotspot für uns beide in der Tasche trägt. Internet ist hier deshalb so wichtig, weil Bahrain noch ein paar Schritte hinter Katar und Dubai hängt und hier vieles erst im Aufbau ist. Das gilt insbesondere für die zwei Milliarden US-Dollar teure Metro, die 2028 in Betrieb genommen werden soll. Zwar gibt es einzelne Buslinien, aber unser Hauptfortbewegungsmittel in den kommenden beiden Tagen wird Uber sein – und dafür braucht man Internet. Ein Uber-Fahrer ist schnell gefunden, der uns jetzt mitten in der Nacht zum Hotel bringt, auch wenn der sich wundert, warum wir jetzt erst nach Bahrain kommen. Das große Formel-1-Rennen, das den Auftakt für die diesjährige Saison gebildet hat, war doch gestern und jetzt reisen die Touristenscharen wieder ab. Was wollen wir hier also? Wir sagen natürlich nicht, dass es uns wegen der Bahraini Premier League hierher verschlagen hat. Aber in der Tat: An jeder Straßenlaterne hängt irgendetwas von der Formel 1. Ebenfalls fällt auf, wie viel Betrieb noch herrscht – sämtliche Geschäfte haben mitten in der Nacht geöffnet. Unser Hotel liegt im Stadtteil Juffair der Hauptstadt Manama, in dem auch die große Ahmed-al-Fatih-Moschee steht, die eine der größten Moscheen der Welt ist. Ganz und gar nicht religiös geht es allerdings beim Betreten unseres Hotels vor, denn vor uns stöckeln drei russische Prostituierte zur Rezeption. Und da sind wir mitten im Thema: Bahrain ist quasi der Ballermann der arabischen Halbinsel. Alkohol ist zwar nicht in der Öffentlichkeit, aber in lizensierten Hotels erlaubt, Prostitution wird toleriert. Und damit ist das kleine Königreich Bahrain (1,5 Millionen Einwohner), das auf einer Insel vor der saudi-arabischen Ostküste liegt, ein beliebtes Ziel für Saudis, da in ihrem Land das alles nicht erlaubt ist. Hart gesagt: Wer über den 25 Kilometer langen King Fahd Causeway über das Meer von Saudi-Arabien nach Bahrain fährt, der verlässt von den Moralvorstellungen her das Mittelalter. Kurzurlaub in der Moderne. Dementsprechend geht’s hier zur Sache. Unser Hotel ist da wohl geradezu exemplarisch. Sechs Discos gibt es in dem kleinen Wolkenkratzer, jede mit einem anderen Thema. Oder besser gesagt: Jede mit Prostituierten aus einem anderen Land. Osteuropäerinnen, Afrikanerinnen, Asiatinnen oder auch Araberinnen – alles ist reichlich vorhanden. Um schon mal vorzugreifen: Mäddes hatte sich schon seit Tagen darauf gefreut, am nächsten Abend seinen FC Bayern in der Champions League gegen PSG bei einem Bier in Bahrain anzuschauen. Bier wird in unserem Hotel auch offensiv beworben, aber das Preisniveau schreckt selbst ihn ab: 15 Dinar (knapp 34 Euro) will man für einen Sixpack Bier auf dem Zimmer. In den Discos und Bars des Hotels ist es sogar noch mehr. Ich dagegen entscheide mich dafür, zumindest mal für eine halbe Stunde in eine der Discos zu gehen, um das Schauspiel mit eigenen Augen zu sehen. Zwar muss man dafür mindestens eine Cola für umgerechnet 8 Euro bestellen, aber das ist es mir wert. Denn: Wie die Saudis sich hier aufführen, ist kaum in Worte zu fassen. Ich bin in einer Disco mit arabischen Prostituierten gelandet, die auf der Tanzfläche permanent Blickkontakt mit den um sie herumsitzenden Männern aufnehmen, bis die sie an sich heranwinken. Die stecken ihnen Geldscheine zu und dürfen dann kurz mit ihnen tanzen. Die Kleidung bleibt grundsätzlich an. Man belässt es aber nicht beim dezenten Zustecken eines Geldscheins, sondern lässt stets ein ganzes Bündel an Scheinen auf die Frauen regnen und bespritzt sie mit teuren Getränken. Dazu wird gegrölt, geschrien und natürlich gefummelt. Wie weit man hier gehen kann, weiß ich nicht, denn nachdem meine Cola leer ist, habe ich eigentlich schon genug gesehen. Eine andere Welt, zumindest hinter verschlossenen Türen. Machen wir aber chronologisch weiter und gehen zum Dienstagmorgen. Auf unserer Dachterrasse haben wir einen Pool und können uns von hoch oben mal ein erstes Bild von Bahrain verschaffen, denn man kann bis zum 240 Meter hohen, segelförmigen World Trade Center schauen, das eines der Wahrzeichen des Inselstaates ist. Rund um unser Hotel fallen die vielen großformatigen Baulücken auf, zwischen denen aber schon vollausgebaute Straßen entlangführen. Alles steht in den Startlöchern, um hier weitere Wolkenkratzer aus dem Boden zu stampfen. Vermutlich wird man die Gegend in fünf Jahren nicht mehr wiedererkennen. Dieser Zwischenzustand ist aber echt spannend. Generell fallen in Bahrain die vielen Baustellen auf, hier ist wirklich einiges im Umbruch. Und auch in diesem Fall schön, das Land noch gesehen zu haben, bevor es ein zweites Dubai oder Doha ist. Typisch für die Golfstaaten ist, dass es an jeder Ecke eine Mall gibt und irgendwie scheinen die ja auch eine Touristenattraktion zu sein. Ich kann das zwar nur bedingt nachvollziehen, was an einer Mall so toll sein kann, verrate aber schon jetzt: Es wird uns bei dieser Tour häufig in Malls ziehen – und einige wenige sind sogar interessant. Für die Mall in der Nähe unseres Hotels gilt das nicht unbedingt, aber sie erfüllt unsere wichtigsten Bedürfnisse: Es gibt eine Wechselstube, einen recht umfangreichen Entertainment-Bereich und einen Food-Court im Obergeschoss, wo wir uns indisches Essen gönnen. Auch das wird bei dieser Tour ein ständiger Begleiter sein, denn die Golfstaaten haben allesamt einen enorm hohen Ausländeranteil, weshalb man gerade um indisches Essen nur schwer herumkommt. Bahrain hat mit 54 Prozent einen vergleichsweise niedrigen Ausländeranteil, aber dennoch sind über die Hälfte der 1,5 Millionen Einwohner keine Staatsbürger des Landes. Inder bilden in Bahrain die größte ausländische Bevölkerungsgruppe, gefolgt von Bangladeschern, Pakistanern und Philippinern. Sie erledigen hier als Gastarbeiter all die Jobs, die die reichen Bahrainer (Platz 26 beim BIP weltweit) nicht machen wollen. Und dazu gehören auch Uber-Fahrer. Von einem solchen lassen wir uns anschließend zum World Trade Center fahren, in dem sich natürlich ebenfalls eine (nicht sonderlich spektakuläre) Mall befindet, und erkunden anschließend zu Fuß ein bisschen die Umgebung, wobei das gar nicht so einfach ist, weil Bahrain furchtbar fußgängerunfreundlich ist. Südwestlich vom World Trade Center befindet sich die Altstadt von Manama, die man durch das Bab Al-Bahrain betritt. Viele Marktstände, zumeist von Indern, Bangladeschern oder Pakistanern betrieben, teilweise in einem richtig schlechten Zustand. Und immer wieder Zettel an der Wand mit Wohnungsangeboten ausschließlich für muslimische Inder. Frühzeitig machen wir uns dann auf den Weg zum nahe des Flughafens gelegenen Al-Muharraq Stadium. Die Wege in Bahrain sind alle nicht lang, aber beim Länderpunkt will man ja überpünktlich sein, zumal wir noch nicht wissen, wie das ganze Prozedere in der Bahraini Premier League aussieht. Das Prozedere sieht so aus: Die Stadiontore stehen offen, freier Eintritt, keine Tickets, keine Ordner, einfach hineinspazieren. Es scheint sich niemand großartig für diese Liga zu interessieren, auch wenn der gastgebende Al-Hidd Sports and Cultural Club 2016 und 2020 bahrainischer Meister wurde. Gegner Al-Khaldiya SC ist sogar Tabellenführer. Das hübsch anzusehende Al-Muharraq Stadium bleibt also fast vollständig leer. Insgeheim hatten wir gehofft, dass das Spiel im Nationalstadion stattfindet, allerdings werden die Spiele in der Bahraini Premier Leauge – zumindest derzeit – ohne feste Zuweisung ausschließlich im Al-Muharraq Stadium und im vergleichbar großen Madinat Isa Stadium ausgetragen, was wir morgen besuchen und damit die Liga bereits komplettieren werden. Wir schlendern nach dem Spiel wieder zu Fuß ein bisschen weiter, huschen kurz durch die empfohlene, aber ebenfalls nicht spektakuläre Seef Mall neben dem Stadion, schauen uns mit dem danebenliegenden Arad Fort eines der wenigen historischen Bauwerke von Bahrain an und landen schließlich in einem arabischen Restaurant, in dem der Tag bei einem guten Essen ausklingt.