FC Paradiso – FC Uzwil 2:1

Schweiz, 1.Liga – Staffel 3 (4.Liga)
Samstag, 1. Oktober 2022, 17 Uhr
Collina d'Oro, Campo Pian Scairolo

An Ostern war ich mit Freundin und Tochter in Griechenland, weil diese noch nie in Griechenland waren. Da Griechenland meine persönliche Nr.1 ist, hielt ich das für einen absolut untragbaren Zustand und flog mit ihnen nach Rhodos. Doch auch meine Nr.2 ist beiden bislang völlig unbekannt: Italien. Und auch das muss sich dringend ändern. Das allerdings stellt sich als Mammutaufgabe heraus, denn Italien gibt es so unfassbar viele schöne Ecken. Welche soll es sein? Nach wirklich langer Planung entscheide ich mich für eine neuntägige Nord-Süd-Reise mit folgenden vier Stationen: Venedig, Florenz, eine Nachtzug-Fahrt und Apulien – nicht ganz uneigennützig abgestimmt auf die Spielpläne, denn natürlich soll auch der Fußball nicht zu kurz kommen. Der Prolog findet jedoch in der Schweiz statt, allerdings im italienischsprachigen Tessin, das ja gefühlt auch schon ein ganzes Stück Italien ist. Schon die Anreise mit dem Zug entlang der Schweizer Seen und durch die Berge hindurch ist jedes Mal aufs Neue ein Highlight – erst recht für meine beiden Mädels, die das zum ersten Mal sehen. Den ersten Tag verbringen wir im wunderschönen Lugano, das mit seiner bergigen Lage am gleichnamigen See und den daraus resultierenden atemberaubenden Aussichten gleich mal die Messlatte für die kommenden Tage nach oben setzt. Gleiches gilt für die Unterkunft, denn in der oberhalb des Hauptbahnhofs gelegenen Villa, die von einem richtigen Palmen-Wald umgeben ist, kommt sofort Urlaubsstimmung auf. Dazu haben wir Glück, dass an diesem Wochenende in Lugano Stadtfest ist, so dass in der Altstadt einiges geboten wird. Der Fußball soll aber wie gesagt auch nicht zu kurz kommen und so stehen am Abend noch zwei der insgesamt sieben Spiele dieser Reise an. Zunächst geht es zum Viertligisten FC Paradiso. Paradiso wird fälschlicherweise oft als Stadtteil von Lugano bezeichnet und auch auf dem Bahnhofsschild ist „Lugano-Paradiso“ zu lesen. Tatsächlich ist Paradiso aber eine eigenständige Gemeinde. Und um noch weitere Verwirrung zu stiften: Der Campo Pian Scairolo des FC Paradiso befindet sich gar nicht in Paradiso, sondern in der Nachbargemeinde Collina d'Oro. Der ist allerdings ab dem Bahnhof Paradiso gut per Linienbus erreichbar. Übrigens funktioniert das Spielchen hier im Kanton Tessin ähnlich wie vor zwei Wochen im Kanton Genf: Wer hier in einem Hotel übernachtet, bekommt in der Regel ein kantonweit gültiges Tagesticket für Bus und Bahn geschenkt – sowohl für den Anreise- als auch den Abreisetag. Das Ticket ist auch in der Standseilbahn gültig, die in Lugano zwischen der Altstadt und dem Hauptbahnhof fährt. Etwa 50 Zuschauer schauen sich das heutige Heimspiel des FC Paradiso gegen den FC Uzwil aus dem deutschsprachigen Kanton Sankt Gallen. Ich finde es in der Schweiz immer wieder interessant, wenn Mannschaften aus unterschiedlichen Sprachregionen aufeinandertreffen. Das macht auf dem Platz mitunter eine Verständigung mit Händen und Füßen notwendig. Unter den Zuschauern zeigt man sich betont offen und hier in Paradiso freut man sich am Bierstand wie ein Schneekönig, als wir uns mit „grazie“ bedanken. Man hält uns schließlich für Gästefans und honoriert jede Geste des sprachlichen Entgegenkommens. Man merkt, dass die Schweiz eine sogenannte Willensnation ist, in der die Bürger trotz unterschiedlicher Sprachen unbedingt ein gemeinsames Volk sein wollen. Nicht von oben verordnet, sondern von unten gewollt. Treffen Schweizer unterschiedlicher Sprachgruppen aufeinander, versuchen beide Seiten, sich miteinander zu arrangieren, während man hingegen zum Beispiel als Deutscher in Frankreich meist kein sprachliches Entgegenkommen erwarten darf. Für mich wie gesagt in der Schweiz immer wieder faszinierend. Faszinierend sind hier beim FC Paradiso übrigens auch die Bierpreise. Der halbe Liter Eichhof für 4 Franken – da kann man nicht meckern. Das zahlt man inzwischen auch fast schon in Baden-Württemberg.