AC Prato – US Pistoiese 0:1

Italien, Serie D – girone D (4.Liga)
Mittwoch, 5. Oktober 2022, 20 Uhr
Prato, Stadio Lungobisenzio

Über den Florenzer Hauptbahnhof Santa Maria Novella trudeln wir überpünktlich am Bahnhof von Prato ein, neben dem sich gleich das Stadio Lungobisenzio befindet. Die dortige Heimkurve heißt ja schließlich auch Curva Ferrovia, also Eisenbahn-Kurve. Dass der Bahnhof hier voller Polizei ist, kann ich im Gegensatz vom vorherigen Spiel in Scandicci verstehen, denn hier handelt es sich für beide Vereine um das Haupt-Derby. 20 Kilometer liegen zwischen den beiden Städten Prato und Pistoia. Das Hickhack um die Anstoßzeit habe ich ja schon im vorherigen Bericht beschrieben. Ich bin froh, dass es am Ende 20 Uhr wird, denn das korrespondiert perfekt mit der Abfahrtszeit unseres Nachtzuges nach Lecce. Der AC Prato spielte in seiner Vergangenheit mehrere Jahre in der Serie B, allerdings ist das schon lange her. Zuletzt war das 1964 der Fall. Etwas besser sieht es bei der US Pistoiese aus, die immerhin auf eine Saison (1980/81) in der Serie A kommt – damals noch unter dem Namen AC Pistoiese. Nach einem Konkurs wurde 2009 eine Neugründung unter dem heutigen Namen notwendig. Die etwa 300 Gästefans reisen wie erwartet mit dem Zug an und laufen geschlossen in den Gästeblock ein. Von ihnen gibt es Dauersupport, ein Pöbelspruchband und einen starken kollektiven Jubel nach dem einzigen Tor des Spiels. Der Rest des Stadions ist offiziell ausverkauft und besonders die Curva Ferrovia, die italientypisch genau wie der Gästeblock aus einer Stahlrohrtribüne besteht, ist wirklich bumsvoll, während auf der Haupttribüne einige wenige Plätze leer bleiben. Die Heim-Ultras rund um das 1985 gegründete Wild Kaos zeigen zu Spielbeginn eine blau-weiße Zettel-Choreo und gehen dann ebenfalls in Dauersupport über. Viel Gepöbel auf beiden Seiten, richtig Feuer drin. Das ist natürlich wie gesagt nicht das ganz große Derby Italiens, aber das soll das Erlebnis nicht schmälern. Ich konnte mich ehrlich gesagt noch nie für die großen Derbys in Mailand, Rom oder Genua begeistern und bin ein großer Freund von Derbys dieser Kragenweite hier. Macht richtig Laune und sowieso gilt: Besser kann man den Ground nicht machen. Nach Spielende geht’s zurück zum Bahnhof, wo am gegenüberliegenden Gleis der Gäste-Mob lungert und auf den Zug nach Pistoia wartet, während wir in die andere Richtung nach Bologna fahren und dort den Nachtzug nach Lecce nehmen. Nachtzug fahren in Italien war wie erwähnt ein Pflicht-Punkt dieser Reise, schließlich veranschaulicht er zum einen sehr eindrucksvoll, wie stark sich dieses Land in Nord-Süd-Richtung ausdehnt, und zum anderen hat das in Italien unglaublich Stil. Birra und Panini, dazu Eros Ramazzotti laufen lassen und durch das Zugfenster hindurch das Land an einem vorbeiziehen sehen. So muss es sein!