Deutschland, Kreisliga A Essen – Staffel 2 (8.Liga)
Donnerstag, 2. Juni 2022, 19.30 Uhr
Essen, Wilhelm-Hanneke-Stadion
9-Euro-Ticket, Tag 2 – und schon jetzt merke ich ganz deutlich, dass das, was ich damit treibe, ganz gewiss nicht im Sinne des Erfinders ist. Nämlich Fußball bis zum Erbrechen. Immerhin: Die Kosten für das 9-Euro-Ticket habe ich jetzt schon nach 48 Stunden wieder drin, denn ich wäre heute so oder so nach Essen gefahren und hätte dafür sonst 12 Euro bezahlen müssen. Gestern 3 Euro gespart, heute eben diese kompletten 12 Euro, damit sind’s schon 15 Euro. Danke, Merkel! Nee, Scholz. Oder wer auch immer. Das Wilhelm-Hanneke-Stadion in Essen-Kupferdreh ist erst vor wenigen Wochen auf meinen Radar erschienen. Nicht überraschend, denn bei der Vielzahl an geilen Grounds im Pott kann man als Ortsfremder nicht den kompletten Überblick haben. Dann also ab in den Essener Süden. Essen hat ein ziemliches Nord-Süd-Gefälle: Im Norden befinden sich die Zechen, die Arbeiterviertel und das Stadion von RWE, während der Süden eher gehobener ist. Wobei „gehoben“ in Essen natürlich etwas anderes heißt als in München oder Hamburg. Dass im Wilhelm-Hanneke-Stadion die Stehstufen wegen Baufälligkeit gesperrt sind, unterstreicht das nur zu gut. Immerhin gibt's hier keine Ordner wie gestern, die einen von irgendetwas abhalten. Ordner gibt's zwar trotzdem, aber treiben hier nur den Eintritt ein. Ich hole mir von ihnen den Anschiss des Jahrhunderts ab, weil ich nur noch einen 100-Euro-Schein habe. Tja, am Geldautomat nicht auf die Stückelung geachtet und so hat er mir nur einen Hunni ausgespuckt. "Wie kann man mit einem Hunderter zum Fußball gehen?", heißt es wutentbrannt vom Ordner. So kulant will man aber auch nicht sein, die ca. 2 Euro zu akzeptieren, die ich noch an Münzen habe, sondern will die vollen 3 Euro haben. Ich behaupte: Im Essener Norden würde das anders laufen. Also geht mein Hunderter durch die Reihen, bis er endlich klein gewechselt ist. Abgesehen davon aber durchweg Begeisterung hier! Fast 100 Jahre hat das Stadion auf dem Buckel, das zweifelsohne ein Unikat ist. Die gesperrten Stehränge sind wirklich das Uninteressanteste an der Bude – und das will etwas heißen! Größerer Hingucker sind die noch aus dem Jahr 1927 stammende Naturtribüne hinterm Tor, die das Stadion sozusagen zur Hohen Warte des Ruhrgebiets macht, und die ein Jahr später eingeweihte Jugendhalle, die sich optisch gut in den Stadtteil einfügt, denn es gibt dort noch mehrere Wohngebäude aus der Weimarer Republik.