TuS Senne 1 II – SV Brackwede 4:0

Deutschland, Kreisliga B Bielefeld – Staffel 1 (10. Liga) 
Sonntag, 1. Dezember 2019, 12 Uhr 
Bielefeld, Stadion am Waldbad Senne – Platz 2 

Nach dem Abpfiff in Gadderbaum geht es mit der Straßenbahn zum Bahnhof Brackwede und von dort mit einer nur vierminütigen Fahrt mit der Sennebahn in den Bielefelder Stadtteil Senne 1. Der heutige Gegner des TuS Senne 1 II ist der SV Brackwede und aufgrund der kurzen Bahnfahrt von Brackwede hierher wird schnell klar, dass es sich um ein Derby handelt. Senne 1 wird inzwischen nur noch Senne genannt, was damit zu tun hat, dass es inzwischen nur noch ein Senne gibt. Als Senne 2 wurde die in den 1960er-Jahren in der Nachbarschaft entstandene Großwohnsiedlung bezeichnet, die heute als Sennestadt einen eigenen Bielefelder Stadtbezirk bildet. Tatsächlich stammt der Name jedoch schon aus dem 19. Jahrhundert, als die Franzosen unter Napoleon Ostwestfalen übernahmen und sie die im hiesigen Sennesand gelegenen Bauernhofsiedlungen einfach durchnummerierten. Die Preußen behielten dieses System bei. Senne 1 und die 1965 in Sennestadt umbenannte Senne 2 wurden 1973 nach Bielefeld eingemeindet, womit die Nummerierung offiziell entfiel. Der TuS Senne 1 wurde allerdings schon weit vor der Eingemeindung gegründet, nämlich 1908, und so behielt er auch nach 1973 den historischen Namen des Ortes. Neu ist dafür der Kunstrasenplatz, der 2016 neben dem etwas angestaubten Hauptplatz entstanden ist. Beim TuS Senne 1 setzt man noch auf die klassische Trennung, also: erste Mannschaft auf dem Hauptplatz, zweite Mannschaft auf dem Nebenplatz. Da die erste im Anschluss spielt, könnte man hier binnen vier Stunden die gesamte Anlage im Handstreich nehmen, aber der Sportplatz am Kupferhammer genießt natürlich Vorrang. Es bleibt somit beim Derby zwischen der zweiten Mannschaft und dem SV Brackwede, das allerdings keine 30 Zuschauer anlockt. Die Geschichte ist eigentlich schnell erzählt: Brackwede, das im Volksmund auch „Türkwede“ genannt wird, ist der multikulturellste Stadtbezirk Bielefelds. Der Ausländeranteil liegt deutlich über dem Durchschnitt der Stadt, nur noch 36 Prozent der Unter-18-Jährigen in Brackwede haben deutsche Wurzeln. Wenig überraschend kommen daher auch viele der in Bielefeld ohnehin zahlreich existierenden Migrantenvereine aus Brackwede. Da bildet inzwischen auch der SV Brackwede, der bis in die 70er-Jahre hinein immerhin drittklassig war, keine Ausnahme mehr. Ich will das gar nicht bewerten, aber klassische deutsche Nachnamen findet man im Kader des SV Brackwede nicht. Das Interesse der alteingesessenen Bevölkerung von Brackwede am SVB tendiert dadurch offenbar gen Null, während es die Migranten in Brackwede zu den wesentlich erfolgreicheren echten Migrantenvereinen zieht, die teilweise drei Ligen weiter oben spielen. Das ist dann auch eine Erklärung, warum nur so wenige Zuschauer da sind und von denen niemand dem SV Brackwede die Daumen drückt. Nun ja, nicht ganz, denn wenigstens ich halte es mit den Gästen. Nicht nur, weil ich diese spezielle Entwicklung des Vereins und den ganzen Kosmos dieses Stadtteils sehr interessant finde, sondern auch, weil meine Familie aus Brackwede stammt.


























Hauptplatz: