Deutschland, Bezirksliga Westfalen – Staffel 3 (8.Liga)
Donnerstag, 19. Mai 2022, 19.30 Uhr
Detmold, Werresportplatz
Lippe ist das große Thema in den kommenden beiden Tagen, denn da ich etwas Zeit habe, schaue ich mir mal zwei der wichtigsten Städte des früheren Freistaates – Detmold und Lemgo – etwas genauer an. Detmold (75.000 Einwohner) war einst die Hauptstadt von Lippe und ist heute Hauptstadt von einem der fünf Regierungsbezirke Nordrhein-Westfalens, genauer gesagt von Ostwestfalen-Lippe. Damit hat Detmold das weitaus größere Bielefeld (330.000 Einwohner) ausgestochen. Hintergrund: Als Lippe 1947 aufhörte zu existieren, hatte es die Wahl, NRW oder Niedersachsen beizutreten. Beide Bundesländer versuchten, den Freistaat mit verschiedenen Angeboten zu locken – und eines davon war, dass Detmold anstelle von Bielelfeld Bezirkshauptstadt wird. Außerdem wurde das lippische Wappen (die Rose) in das Wappen von NRW aufgenommen. Durch den Status als Bezirkshauptstadt ist Detmold genau wie zu Zeiten der lippischen Eigenständigkeit eine Behördenstadt, trägt aber auch architektonisch noch viel vom alten Lippe in sich. Das fängt schon am imposanten Bahnhof an, geht über die vielen Gebäude aus der Gründerzeit und endet am Detmolder Residenzschloss, in dem jahrhundertelang die Grafen und später Fürsten von Lippe ihren Sitz hatten. Ein Blickfang ist auch der nur wenige Meter davon entfernte ehemalige Landtag von Lippe am Kaiser-Wilhelm-Platz, in dem heute das Landgericht eingezogen ist. Auch der Name des Platzes versetzt einen sofort in die Vergangenheit. Erst recht, dass auf ihm noch ein großes Siegesdenkmal des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 steht. Solche Denkmäler sieht man in Lippe überdurchschnittlich oft und das ist für mich als Süddeutschen immer besonders erstaunlich, schließlich stehen solche Denkmäler in Süddeutschland praktisch überhaupt nicht. Die süddeutschen Staaten kämpften 1870/71 zwar auch an der Seite Preußens gegen Frankreich, fremdelten anders als die deutschen Staaten nördlich der Main-Linie immer sehr mit Preußen und beharrten auf ihre Eigenständigkeit. Auf der beharrte auch Lippe, hatte aber trotzdem ein viel positiveres Verhältnis zu Preußen und war deshalb wohl auch deutlich empfänglicher für solche Denkmäler. An ebenfalls prominenter Stelle steht unweit des Residenzschlosses ein Denkmal, das an Heinrich Drake erinnert, der einem in Detmold und Lippe häufig begegnet. Drake war letzter Präsident Lippes und führte die Beitrittsverhandlungen mit dem Land NRW. An seiner Popularität sieht man, dass die Lipper zufrieden waren mit den erzielten Zugeständnissen. Ab 1947 war Drake dann auch Präsident des Regierungsbezirks Ostwestfalen-Lippe. Was Lippe dagegen immer gefehlt hat, war ein erfolgreicher Fußballverein. Der TSV Detmold spielte zumindest Anfang der 1950er-Jahre kurze Zeit in der 2.Liga und traf dort in der West-Gruppe unter anderem auf den VfL Bochum, Arminia Bielefeld, den MSV Duisburg und Rot-Weiß Oberhausen, stieg aber nach nur zwei Jahren wieder ab. Bis ganz nach unten stürzte der TSV Detmold jedoch vorerst nicht ab, sondern hielt sich meist in den oberen regionalen Ligen auf. Erst 2005 rutschte der frühere Hauptstadt-Verein nach drei Abstiegen in vier Jahren in die Kreisliga B ab. 2015 folgte die Fusion mit dem Detmolder Postsportverein. Der Name des Fusionspartners mutet mit Blick auf die Geschichte Lippes interessant an, könnte man dahinter doch den offiziellen Verein der früheren lippischen Staatspost vermuten. Allerdings hatte Lippe kein eigenständiges Postwesen, sondern war der preußischen Post angeschlossen. Ein offizieller Verein der Post war der PSV Detmold zwar schon, aber einen ganzen Staat hat er nicht vertreten. Er unterscheidet sich somit nicht von anderen deutschen Postsportvereinen. Gespielt hat der TSV Detmold jahrzehntelang auf dem 1940 eröffneten Jahnplatz (Zuschauerkapazität: 7.000), zog dann aber auf den Werresportplatz, auf dem er auch jetzt als Post TSV Detmold spielt. Zu den immerhin drei Stehstufen könnte auf der gegenüberliegenden Geraden in Zukunft weitere Stufen hinzukommen, wie die momentan laufenden Bauarbeiten erahnen lassen. Was da genau entsteht, weiß ich allerdings nicht. Obwohl nur 20 Zuschauer gekommen sind, wird trotzdem der Verpflegungsstand in vollem Umfang betrieben. Da unterscheidet sich Lippe nicht von Westfalen. In beiden Fällen gilt: Finanziell rechnen kann sich das nicht. Pech habe ich dann nach Spielende, denn es geht bei der Bahn mal wieder drunter und drüber. Mein Zug zurück nach Bielefeld fällt aus und so erreiche ich mein Ziel nur über Umwege und erst nach Mitternacht. Glücklicherweise habe ich momentan Zeit.