TV Neckarweihingen – FV Dersim Sport Ludiwgsburg 0:4

Deutschland, Kreisliga B Enz/Murr – Staffel 1 (10.Liga)
Sonntag, 25. September 2022, 15 Uhr
Ludwigsburg, Sportplatz Carl-Diem-Straße

In der gleichen Liga gibt es im Anschluss noch einen Nachschlag, denn bei zweiten Mannschaften werden in Württemberg die Spiele im Herbst ja schon um 13 Uhr angepfiffen, so dass es im Anschluss noch zu einer ersten Mannschaft gehen kann. Die Wahl fällt auf den Ludwigsburger Stadtteil Neckarweihingen, wo der Sportplatz in einer Senke direkt am Neckar liegt – mit einem schönen Blick auf die umliegenden Weinberge. Dazu ein Ausbau mit sechs Stufen. Weiterer Pluspunkt ist die lange Theke am Bier- und Fressstand, die unweit der Eckfahne aufgestellt wurde. Besagter Stand ist für mich zugleich Plus- als auch Minuspunkt. Toll ist die Auswahl, die unter anderem neben der Roten Wurst auch Fleischküchle in Dunkelbiersauce und zwei verschiedene Schnapssorten umfasst. Was ich aber total frech finde: Verkauft wird Netto-Spezi für 2,50 Euro. Die kostet im Laden 43 Cent. Was rechtfertigt es, sie hier für mehr als den fünffachen Preis zu verkaufen? Mir ist klar, dass Vereine den Verkauf am Spieltag als wichtige Einnahmequelle betrachten. Aber das ist hier ja kein gastronomischer Betrieb. Und selbst in einem Restaurant würde man keine 2,50 Euro für eine Netto-Spezi bezahlen. Wenn in einem Restaurant überhaupt Netto-Spezi verkauft werden würde... Ich will den TV Neckarweihingen hier aber gar nicht speziell an den Pranger stellen, denn das ist ein allgemeines Problem im Amateuerfußball. Erst recht in Württemberg, wo man für Getränke und Essen mitunter das Doppelte bezahlt als weiter nördlich in Deutschland – trotz identischer Einkaufspreise.





















 

MTV Ludwigsburg II – 07 Ludwigsburg 0:3

Deutschland, Kreisliga B Enz/Murr – Staffel 1 (10.Liga)
Sonntag, 25. September 2022, 13 Uhr
Ludwigsburg, MTV-Bewegungszentrum

Um die Bedeutung des heutigen Spiels zu verstehen, muss man in die Geschichte gehen. Die Spvgg 07 Ludwigsburg war lange Zeit die dritte Kraft im Ballungsraum Stuttgart und spielte in den 70ern zeitweise in der zweitklassigen Regionalliga Süd. Gegner dort waren u.a. der 1.FC Nürnberg, 1860 München und der Karlsruher SC. Von 1994 bis 1997 spielten die 07er ebenfalls in der nun drittklassigen Regionalliga Süd und trafen dort ebenfalls auf prominente Gegner wie den 1.FC Nürnberg, die Spvgg Fürth, Kickers Offenbach und den SV Darmstadt 98. Zudem kam es in den Spieljahren 1994/95 und 1995/96 zum ersten (und auch letzten) Mal zum Derby gegen die Stuttgarter Kickers, die 1994 erstmals in ihrer Vereinsgeschichte in die Drittklassigkeit abgestiegen waren. Für die 07er begann dann aber mit dem Abstieg 1997 aus der Regionalliga ein langsamer, aber stetiger Niedergang, der 2018 mit der Bezirksliga den Tiefpunkt erreichte. Doch nicht nur sportlich, sondern auch finanziell lief nichts mehr zusammen und so plagten den Verein Schulden in Höhe von 200.000 Euro – für einen Bezirksligisten eine unlösbare Aufgabe. Die Verantwortlichen sahen nur noch eine Lösung: Vereinsauflösung. Die wurde von der Hauptversammlung im März 2019 dann auch so beschlossen. Das, was noch übrig geblieben war, riss sich mit dem MTV Ludwigsburg der mitgliederstärkste Verein der früheren Hauptstadt Württembergs unter den Nagel. Offiziell soll es sich um eine „Verschmelzung mit dem MTV“ gehandelt haben, aber Fakt ist, dass von der Spvgg 07 Ludwigsburg nichts übriggeblieben ist. So soll es eine Zusage des Männerturnvereins gegeben haben, dass seine Fußballer nach dieser Verschmelzung in den Farben Gelb und Schwarz der 07er spielen werden, tatsächlich spielen sie aber weiterhin in Rot und Weiß. Bedingt durch seine erfolgreiche Vergangenheit hatten die 07er eine organisierte Fanszene und mit der Legion Gelbe Adler auch eine der ältesten Ultras-Gruppen Württembergs. Noch selbst zuletzt in der Bezirksliga hingen Zaunfahnen und es wurden Fahnen geschwenkt. Die „Verschmelzung mit dem MTV“ gab der Fanszene aber den letzten Rest und niemand von ihr geht zum MTV, in dem ja eigentlich 07 weiterlebt. Doch ganz im Gegenteil: Der MTV wird als Totengräber betrachtet und ist seitdem der Erzfeind. Inzwischen ist es in Baden-Württemberg zu zwei Neugründungen alter Traditionsvereine gekommen, die ebenfalls durch Fusionen von der Bildfläche verschwunden waren: 2018 der ehemalige Zweitligist VfR Heilbronn, ein Jahr später der 1.FC Pforzheim (deutscher Vizemeister 1906). Da war es eine Frage der Zeit, dass sich auch in Ludwigsburg etwas tut. Und so wurde in diesem Jahr dann tatsächlich auch die Spvgg 07 Ludwigsburg neu gegründet – aus rechtlichen Gründen unter dem Namen 07 Ludwigsburg. Gestartet wird natürlich ganz unten in der Kreisliga B und da in der auch die zweite Mannschaft des MTV Ludwigsburg spielt, rückt insbesondere das Spiel in den Fokus, bei dem die alten und auch neuen Nachbarn aufeinandertreffen. Denn überraschenderweise hat das neue 07 von der Stadt Ludwigsburg die Genehmigung erhalten, die Heimspiele im Ludwig-Jahn-Stadion austragen zu dürfen. Überraschend ist das deshalb, weil dem neuen 07 ansonsten ein ziemlicher Gegenwind ins Gesicht bläst. Die restlichen Fußballvereine in der Stadt scheinen die neue Konkurrenz, die Spieler und unter Umständen auch Zuschauer abgreift, nämlich gar nicht so gut zu finden. Und dann sind da immer noch die 200.000 Euro Restschulden, mit denen das neue 07 zwar nichts zu tun hat, die die Gläubiger aber trotzdem gerne zurückhaben möchten. Hinzu kommt, dass sich direkt mit der Neugründung eine Ultras-Gruppe beim neuen 07 gegründet hat: die Balljungz. Es handelt sich bei ihnen eher um jüngere Leute, die die Regionalliga-Zeiten nicht miterlebt haben. Wie man hört sollen die wenigen verbliebenden Teile der alten Fanszene rund um die LGA die ganze Sache erst beobachten und sich noch nicht so richtig entschieden haben, ob sie die Neugründung unterstützen. Ich persönlich finde den Namen der Balljungz und ihr Wappen (ein Warzenschwein) etwas seltsam, weil nichts davon einen Zusammenhang mit der Vereins- oder Stadtgeschichte hat. Und gerade in der Barockstadt Ludwigsburg mit ihrer besonderen Historie als ehemalige Hauptstadt hätte es da doch genug Ansatzpunkte gegeben. Auf sich aufmerksam gemacht haben die Balljungz in ihren ersten Wochen aber nicht mit ihrem Namen, sondern wie sie dem Württembergischen Fußballverband den Kampf angesagt haben. Direkt von 0 auf 100. Denn beim ersten Spiel des neuen 07 im Ludwig-Jahn-Stadion zeigten sie eine Choreo und setzten dabei Pyrotechnik ein. Das war wohl zwar mit der Stadt Ludwigsburg abgesprochen, aber das war dem WFV herzlich egal, der trotzdem eine Geldstrafe aussprach. Seitdem wird bei den Balljungz fortlaufend gegen den WFV gepöbelt, was weitere Geldstrafen nach sich zieht. So gibt’s auch heute gleich beim Einlaufen der Mannschaften ein Spruchband mit der Aufschrift „Wir ficken Vereine“, wobei die drei Anfangsbuchstaben WFV farblich hervorgehoben sind. Ich weiß nicht, ob das so klug ist, als wenige Wochen alter Verein und wenige Wochen alte Gruppe gleich so dermaßen auf den WFV loszugehen, denn natürlich zieht auch das wieder eine Geldstrafe nach sich. Und man muss dazu sagen, dass das ja auch nicht ein großer Mob ist, der hinter dem neuen 07 steht. Gerade einmal zehn Leute konnten für das heutige so besondere Derby gegen den MTV mobilisiert werden. Die Vorstellung, dass das neue 07 die ganzen alten Fans zurückholt, erwies sich somit ganz klar als falsch. Die Neugründung scheint eher ein Flop zu sein – und gerade dann sollte man im Umgang mit dem WFV etwas auf die Bremse drücken. Aber die Balljungz haben noch ein zweites Spruchband dabei und das richtet sie wie erwartet gegen den MTV. Zu lesen ist in Anlehnung an einen Song der Böhsen Onkelz: „Keine Amnestie für MTV!“ Jetzt muss man dazu sagen, dass die zweite Mannschaft des MTV Ludwigsburg quasi wie ein eigener Verein innerhalb des Vereins ist, die mit ihrer ersten Mannschaft nicht viel zu tun hat. In der zweiten Mannschaft sind vor allem Russlanddeutsche am Werk, was schon allein dadurch deutlich wird, dass der Bierstand-Betreiber stolz eine Russia-Jacke trägt. Das sieht man seit Beginn des Ukrainekriegs ja ansonsten nicht mehr so oft. Ich weiß gar nicht, ob die Russlanddeutschen vom MTV überhaupt die 07-Geschichte kennen und wissen, warum sie den Unmut der Balljungz auf sich ziehen. Als die in der zweiten Halbzeit beide Spruchbänder noch einmal zeigen, wird aber kurzer Prozess gemacht. Zwei sportliche Blyat-Typen gehen ganz gemächlich rüber zu den Balljungz, verteilen ein paar Backpfeifen, zerreißen die Spruchbänder und gehen ebenso gemächlich wieder zurück zum Bierstand. Was für eine Aktion! An Coolness nicht zu überbieten, auch wenn ich noch immer das Gefühl habe, dass die 07er hier eigentlich die Guten sind und der MTV der Böse ist. Nach dieser Aktion sind erst einmal alle perplex. Die Balljungz schauen sich völlig entgeistert an und stellen für eine ganze Weile den Support ein. Das Spiel wird unterbrochen, zumal die 07-Spieler zu den Balljungz gehen und sich nach ihrem Zustand erkundigen. Ordner sprinten über den Platz. Und der Schiedsrichter (lila Trikot, lila Haare) scheint ohnehin nicht die richtige Wahl für so ein brisantes Spiel gewesen zu sein. Am Ende bin ich mir etwas unschlüssig, wie ich die ganze Veranstaltung hier bewerten soll. Aber zwei Dinge sind klar: Absolut richtig, sich dieses Spiel angeschaut zu haben – und den Weg des neuen 07 werde ich weiterhin aufmerksam verfolgen.























 

SC Großschwarzenlohe II – TSV Kleinschwarzenlohe 1:3

Deutschland, Kreisklasse Neumarkt/Jura – Staffel Nord (9.Liga)
Samstag, 24. September 2022, 17.30 Uhr
Wendelstein, Robert-Potzler-Stadion

Zum Abschluss des Tages erwartet uns noch das Schwarzenlohe-Derby. Da wir vorab aber ein kleines Zeitfenster haben, checken wir im Schnitzel-Paradies im Vereinsheim des TSV Wendelstein ein. Riesen-Auswahl an Schnitzel und Cordon Bleu, darunter auch richtig exotische Varianten. Im Nachbarort Großschwarzenlohe geht es anschließend mit dem Derby gegen den TSV Kleinschwarzenlohe weiter. Die erste Mannschaft des SC Großschwarzenlohe spielt in der Landesliga, aber es ist zu erwarten, dass bei der zweiten Mannschaft beim Derby ähnlich viele Zuschauer wie zu einem normalen Heimspiel der ersten Mannschaft kommen. Das Argument überzeugt dann auch Mäddes, der ansonsten sehr kritisch ist was Heimspiele von zweiten Mannschaften angeht. Da ist die heutige Ausbeute ohne ein einziges Heimspiel einer ersten Mannschaft fast schon eine Beleidigung – und zog gestern in Benzingen auch eine dementsprechend emotionale Diskussion nach sich, ehe seine Zusage dann doch kam. Aber wie erwartet ist im Robert-Potzler-Stadion des SC Großschwarzenlohe gut was los. Besonders in unsere Herzen singt sich ein sturzbesoffener Familienvater auf der Tribüne, der permanent das Lied „SCG – Liebe, Treue, Leidenschaft“ anstimmt, aber leider singt niemand mit. Er versucht es trotzdem bis Abpfiff immer wieder. Der Rest der Tribüne nimmt das mit Gelächter auf, besonders der junge Mann neben uns, mit dem wir ins Gespräch kommen. Wie sich herausstellt handelt es sich bei dem besoffenen Barden um seinen Stiefvater, weshalb dann irgendwann der schöne Satz fällt: „Was wird sich meine Mutter freuen, wenn der nach Hause kommt.“ Wunderbar! Wie in Franken üblich geht es nach Abpfiff noch in den Supermarkt, um ein paar lokale und teilweise uns unbekannte Biersorten einzupacken, ehe man sich dann auch für uns freut, wieder nach Hause zu kommen.