SG Dynamo Schwerin – Spvgg Cambs/Leezen Traktor 5:1

Deutschland, Landesliga Mecklenburg-Vorpommern – Staffel West (8. Liga)
Samstag, 31. Oktober 2020, 14 Uhr
Schwerin, Stadion Paulshöhe 

Ein Hoch auf die Spvgg Cambs/Leezen Traktor, die ihr Heimrecht an diesem letzten Fußballwochenende Deutschlands freiwillig abgegeben und so noch einmal ein Spiel im Stadion Paulshöhe ermöglicht hat. Fußballromantik steckt jedoch nicht dahinter, denn im Landkreis Ludwigslust-Parchim, in dem Cambs und Leezen liegen, ist die Inzidenzzahl höher als in Schwerin und man sieht sich außerstande, das Spiel dort ordnungsgemäß auszutragen. Doch auch in Schwerin gibt es Auflagen und es sind maximal 300 Zuschauer zugelassen. Ein echtes Problem, denn diese Zahl wird bei Heimspielen der SG Dynamo Schwerin regelmäßig erreicht. Um es vorweg zu nehmen: Offiziell vermeldet die Sportgemeinschaft heute 375 Zuschauer. Keine Ahnung, wie man das vor den Behörden erklärt, aber das zeigt, dass es nicht doof ist, schon eine Stunde vor Anpfiff am Stadion Paulshöhe aufzuschlagen, um auf jeden Fall noch ein Ticket zu bekommen. Die Wege sind in diesem Fall aber extrem kurz, denn der zuvor besuchte Sportplatz der Großen Dreesch befindet sich am Südufer des Faulen Sees, das Stadion Paulshöhe am Nordufer. Mehr als zwei Stunden bleiben Zeit für die knapp zwei Kilometer Fußweg, immer entlang am Ufer des Faulen Sees. Schön! Zum Konzept des Plattenbauviertels Großer Dreesch gehörte auch, am Faulen See den Schweriner Zoo anzusiedeln, den ich somit ebenfalls passiere. Für einen Besuch fehlt die Zeit und ehrlich gesagt sind Zoos nicht so meine Sache, aber Teil des Zoos ist ein Restaurant mit alter DDR-Küche, das man auch als Nicht-Zoo-Besucher betreten kann. Würzfleisch, Lübzer Pils und eine pampige Kellnerin bringen mich schon mal so richtig in DDR-Stimmung, die für einen Besuch bei Dynamo Schwerin absolut angebracht ist. Die Vereinsgeschichte ist extrem verzweigt und man versteht das allenfalls nach dem zweiten Durchlesen, ich will es trotzdem versuchen. Gegründet wurde der Verein 1948 als SG Deutsche Volkspolizei Schwerin, doch schon 1952 nach Rostock umgesiedelt, wo er unter dem Namen SG Volkspolizei Rostock weiterspielte und noch heute als Polizei-SV Rostock existiert. Die zweite Mannschaft der SG Deutsche Volkspolizei Schwerin blieb jedoch in Schwerin, aus ihr wurde 1953 die SG Dynamo Schwerin. Sie spielte zu DDR-Zeiten durchweg in der 2. Liga, erreichte jedoch am Ende der Saison 1989/90 – als die DDR nur noch auf dem Papier bestand – das Pokalfinale. Zu dem Zeitpunkt hieß die SG Dynamo bereits Polizei-SV Schwerin. Das Finale gegen Dynamo Dresden im Berliner Jahn-Sportpark verloren die Schweriner zwar, da Dynamo Dresden jedoch auch DDR-Meister wurde und damit am Europapokal der Landesmeister teilnahm, waren die Schweriner damit für den Europapokal der Pokalsieger qualifiziert. Dort trafen sie zwei Wochen vor der Wiedervereinigung im Rostocker Ostseestadion auf Austria Wien und verloren mit 0:2. Das Rückspiel in Wien am 3. Oktober 1990 – dem Tag der Wiedervereinigung – endete mit 0:0, damit war der Polizei-SV Schwerin aus dem Europapokal ausgeschieden. 1991 folgte die nächste Umbenennung, nun nannte man sich 1.FSV Schwerin. Der wiederum schloss sich 1997 dem – wohlgemerkt klassentieferen – FC Eintracht Schwerin, der sich kurz zuvor aus dem Schweriner SC (der ehemaligen BSG Motor Schwerin) herausgelöst hatte. Der Name 1.FSV und damit auch SG Dynamo und Polizei-SV waren damit verschwunden – und das nur sechs Jahre nach der Europapokal-Teilnahme. Das schmeckte den Fußballromantikern in Schwerin natürlich so gar nicht, weshalb 2003 die SG Dynamo Schwerin in der untersten Liga neu gegründet wurde. Ebenso gründete sich 1997 beim Schweriner SC eine neue Fußballabteilung. Und jetzt wird es richtig kompliziert: Um den Fußball in der Landeshauptstadt zu stärken und mal über die Oberliga hinauszukommen, gründeten FC Eintracht, SG Dynamo und Schweriner SC 2009 einen Förderverein mit dem Namen FC Mecklenburg Schwerin, dem auch Vertreter aus Politik und Wirtschaft angehören. Dieser Förderverein fusionierte 2013 mit dem FC Eintracht Schwerin, das neue Konstrukt nennt sich ebenfalls FC Mecklenburg Schwerin. Er spielt aktuell in der Verbandsliga. Um es auf den Punkt zu bringen: Im FC Mecklenburg steckt damit sowohl die alte als auch die neue SG Dynamo. Dennoch lehnt die Dynamo-Fanszene, die zweifelsohne tonangebend in Schwerin ist, den FC Mecklenburg ab. Ihren größten Kampf führt sie jedoch um den Erhalt des Stadions Paulshöhe. Während der FC Mecklenburg im neugebauten Sportpark Lankow im äußersten Nordwesten von Schwerin spielt, trat die neue SG Dynamo in die Fußstapfen der alten SG Dynamo und hält dem Stadion Paulshöhe die Treue. Gespielt wird auf dem Gelände bereits seit 1900, der erste befestigte Sportplatz entstand 1903 auf der Paulshöhe. Ich weiß nicht, ob das damalige Spielfeld deckungsgleich ist mit dem heutigen Stadion, aber da kann man vielleicht doch mal die Frage stellen, ob das Stuttgarter Waldaustadion – bespielt seit 1905 – wirklich das älteste Stadion Deutschlands ist. Die Tage des Stadions Paulshöhe, in das seit der Wende nie mehr investiert wurde, scheinen seit 2010 gezählt, als der Stadtrat von Schwerin mit Zustimmung aller (!) Fraktion den Abriss beschloss. Dem Stadion wird zum Verhängnis, dass es wunderschöner Lage zwischen Faulem und Schweriner See liegt und sich hier das Villen-Viertel von Schwerin befindet. Attraktivste Wohnlage, was das Grundstück des Stadions für die Immobilienbranche begehrt macht. Besonders pervers: Der Schweriner Stadtrat will mit den Erlösen aus dem Verkauf des Grundstücks, auf dem jetzt noch das Stadion Paulshöhe steht, den Bau des Sportparks Lankow vom FC Mecklenburg refinanzieren. Seit 2017 ist das Stadion Paulshöhe damit zum Abschuss freigegeben. Als Dynamo-Fan würde ich da explodieren. Machen die Dynamo-Fans auch und gründeten die Initiative „Paulshöhe 2018“, die sich mit Vertretern aus Sport, Kultur und Politik bislang erfolgreich gegen den Abriss wehrt. Dennoch muss man damit rechnen, dass es jederzeit vorbei ist. Gut also, dass die Spvgg Cambs/Leezen Traktor das Heimrecht getauscht hat und heute noch einmal ganz sicher ein Spiel im Stadion Paulshöhe stattfindet. Schon eine Stunde vor Anpfiff dort aufzutauchen, hätte ich mir wie gesagt wohl auch sparen können, da zum letzten Spiel eh jeder reingelassen wird, aber es gibt Schlimmeres, als Zeit am Ufer eines Sees und mit ausreichend Bier in der Tasche vertrödeln zu müssen. Dort fällt mir dann auch schnell auf, dass die Dynamo-Fanszene etwas speziell ist. Nicht nur das Vereinswappen, sondern auch die Fans ähneln sehr dem Berliner FC Dynamo. Kaum einer der über 300 Zuschauer wirkt irgendwie normal, fast jeder sieht nach Fanszene aus – und nicht unbedingt wie die von St. Pauli. Passenderweise stimmen beide Fankurven, die auf den Hinter-Tor-Tribünen stehen, mehrmals einen „Scheiß St. Pauli“-Wechselgesang an. Es ist keine Überraschung, dass die meisten hier Dynamo Schwerin nur als Zweitverein supporten und eigentlich Fan von Hansa Rostock sind. Damit sind auch Hopper im Stadion Paulshöhe keine gern gesehenen Gäste und werden während dem Spiel von der Fanszene zur Kasse gebeten. Dem entziehen kann man sich praktisch nicht, als Fremder fällt man sofort auf. Ich habe das Glück, Fan der Stuttgarter Kickers zu sein, die in den Nachwendejahren und insbesondere aufgrund der gemeinsamen Zeit in der Bundesliga eine Freundschaft mit Hansa Rostock hatten, die zumindest von den Alten auf beiden Seiten noch gelebt wird. Die Jungen halten davon auf beiden Seiten zwar nichts mehr, was auch bei den Aufeinandertreffen in der 3. Liga in den Jahren 2012 bis 2016 deutlich wurde, aber zumindest tritt man sich mit einem gewissen Respekt gegenüber. So ist es dieser vergangenen Freundschaft zu verdanken, dass man die ganze zweite Halbzeit und noch eine halbe Stunde lang nach Abpfiff bei einigen Bierchen zusammensteht und sich über Gott und die Welt, genauer gesagt über Dynamo Schwerin, Hansa Rostock und die Stuttgarter Kickers unterhält. Gefällt mir gut, denn diesen Verein kann man eigentlich nicht scheiße finden. Traditionsverein mit Europapokal-Geschichte, das Stadion ist der Wahnsinn (schon allein der alte DDR-Zaun müsste Weltkulturerbe sein) und die Leute sind hinter ihrer harten Schale richtig coole Typen. Schwerin liegt zwar nicht an der Ostseeküste, so ein gewisser Seemanns-Charme ist aber auch hier vorhanden. Schwer fällt es mir, mich vom Bierstand zu trennen, der bei diesem vorerst letzten Spiel wohl die ganze Nacht geöffnet sein wird, aber ich will ja auch noch etwas von Schwerin sehen. Passenderweise führt der Fußweg von der Paulshöhe zum Schweriner Hauptbahnhof vorbei an allen wichtigen Sehenswürdigkeit. Das ist vor allem das auf einer Insel gelegene Schweriner Schloss, in dem sich auch der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern befindet. Überhaupt ist die Lage von Schwerin zwischen all den Seen ein Traum. Mit Venedig kann man das zwar nicht vergleichen, aber doch zumindest mit Stockholm. Schon verrückt: Vor 24 Stunden hatte ich mich noch nicht mal mit dem Gedanken beschäftigt, nach Schwerin zu fahren. Jetzt bin ich wirklich fasziniert von der Stadt. Mit dem letztmöglichen Zug geht es via Hamburg zurück nach Bielefeld, der zwar nicht ganz so billig zu haben war wie die Hinfahrt, aber 40 Euro (mit Bahncard 25) sind ja auch noch voll in Ordnung. Während der Fahrt heißt es Abschied nehmen von einer weiteren Institution, die mehr sehr am Herzen liegt: das Bordrestaurant im ICE. Keine Ahnung, ob das im Lockdown noch geöffnet hat, aber ohne Fußball steige ich ja sowieso in keinen Zug. Momentan ist das Bordrestaurant sogar ein Bereich, in dem keine Maskenpflicht herrscht, was aber nicht der Grund ist, warum ein Bier nach dem anderen und auch das gute Chili con carne aus der ICE-Mikrowelle geordert wird. Denn: Man will sich schließlich angemessen von König Fußball verabschieden. Die am nächsten Tag geplante Fahrt nach Niedersachsen, der sowieso keine große Wahrscheinlichkeit zugetraut wurde, findet nicht statt, da das Oberliga-Spiel zwischen dem 1.FC Germania Egestorf/Langreder gegen Arminia Hannover vier Stunden vor Anpfiff abgesagt wird. Offiziell wegen Unbespielbarkeit des Platzes, wahrscheinlich aber, weil doppelt und dreifach so viele Zuschauer gekommen wären wie zulässig waren. Es sollen schon zum Zeitpunkt der Absage mehrere Leute vor der Kasse herumgelungert haben. Somit wird der ohnehin favorisierte Plan in die Tat umgesetzt, meine Bielefelder Stammkneipe am letzten Tag vor dem Lockdown noch einmal zu beehren. Dort herrscht eine ganz eigenartige Atmosphäre: stolz und ehrfürchtig, am letzten Abend noch dabei gewesen zu sein, wehmütig, ausgeflippt, gespenstisch und irgendwie auch euphorisch. So kommunikativ habe ich meine Stammkneipe noch nie erlebt. Niemand weiß, ob sie den Lockdown überleben wird. Das räumen die Wirte auch ganz offen ein. Sie liegt nicht in der besten Ecke der Stadt, hat nicht die höchste Preise, lebt von Stammkunden. Viele machen am letzten Tag eine Kneipen-Tour, wollen von möglichst vielen Leuten Abschied nehmen. Darunter Leute, die längst im Rentenalter sind, die es nächstes Jahr im Frühling oder Sommer, wenn die Kneipen wieder öffnen dürfen, vielleicht auch nicht mehr gibt. Kneipen sind wichtige Treffpunkte für ein Viertel, sind für manche Leute die einzige Kommunikation. Dieser Fakt bleibt in der öffentlichen Lockdown-Diskussion völlig auf der Strecke. Einer an der Theke feiert heute seinen 71. Geburtstag, klingelt an der Glocke, gibt eine Lokalrunde aus. Er sagt: Lieber sterbe ich an Corona als in Einsamkeit.






































Burgsee-Verein Schwerin U17 – FC Hansa Rostock U16 0:10

Deutschland, B-Junioren-Mecklenburg-Vorpommern-Pokal (2. Runde)
Samstag, 31. Oktober 2020, 10 Uhr
Schwerin, Sportplatz Großer Dreesch 

Es ist 3.15 Uhr in der Nacht von Freitag auf Samstag. Das letzte Wochenende, an dem man in Deutschland Fußballspiele besuchen kann. Es wird eine wohl mehrmonatige Pause folgen, vielleicht sogar der Abbruch der Saison. Völlig klar: An diesem Wochenende muss um jeden Preis Fußball konsumiert werden. Dafür ist kein logistischer Aufwand zu hoch. Bloß ist die Planung jetzt noch komplizierter als in den vergangenen Tagen, auch wenn es da schon nicht gerade einfach war. Klar ist: In Westfalen, wo ich mich gerade aufhalte, wird es an diesem Wochenende keinen Fußball zu sehen geben, denn dort hat der FLVW die Saison freiwillig vorzeitig unterbrochen. Nach Hause nach Baden-Württemberg zu fahren macht ebenfalls keinen Sinn, denn da haben es alle drei Landesverbände gleichermaßen getan. Die wenigen Landesverbände, die noch spielen, befinden sich hauptsächlich im Osten der Republik, doch auch da werden Spiele im Akkord abgesagt. Plan A war, dieses letzte Wochenende in Berlin zu verbringen, wo mit fünf Spielen das fußballerische Programm sehr ergiebig erschien und ja auch kulturell immer genügend geboten wird. Als jedoch im Laufe des Abends und der Nacht vier dieser fünf geplanten Spiele abgesagt werden, wird dieser Plan wieder verworfen. Wenn die Absagen in solch einem Tempo eintrudeln, dann ist das ein klares Zeichen dafür, es besser sein zu lassen. Und so sitze ich in dieser Nacht um 3.15 Uhr immer noch vor dem Computermonitor und rätsel herum, wohin ich fahren soll. Es spricht dann alles für Mecklenburg-Vorpommern. Das einzige Bundesland, in dem ich noch weniger Grounds als in Bremen habe, in das ich also so gut wie nie komme. Absagen sind in Mecklenburg-Vorpommern nicht großflächig zu beobachten, zumal die dortigen Inzidenzwerte die niedrigsten in Deutschland sind. Am Samstag ist ein Doppler in Schwerin drin, am Sonntag sogar ein Dreier in Rostock. Letzteren verkneife ich mir aber, denn mehr als 24 Stunden im Voraus zu planen halte ich momentan für zu gewagt. Und dafür sind dann auch – zu meiner Überraschung – die Übernachtungspreise in Rostock zu hoch. Sinnvoller erscheint es mir, darauf zu hoffen, dass am Sonntag in Niedersachsen noch etwas drin ist, ansonsten wird ein letztes Mal meine Bielefelder Stammkneipe intensiv supportet – die kann es auch gut gebrauchen. Gesagt, getan, doch der Blick auf die Fahrpläne zeigt, dass nun Eile geboten ist:  Um 4.24 Uhr fährt der Zug am Bielefelder Hauptbahnhof los, also in gut einer Stunde. Schlafen lohnt sich damit nicht mehr, dafür werden bei der Buchung auch so kurz vor der Abfahrt nur 17,60 Euro (mit Bahncard 25) fällig. Ein Glück, dass meine Bahncard in zwei Wochen ausläuft. Die Verlängerung kann ich mir sparen, zumindest in der Hinsicht kam der zweite Lockdown zu einem günstigen Zeitpunkt. Die fünfstündige Zugfahrt wird genutzt, um mir ein bisschen Wissen über Schwerin anzulesen. Die einzige der 16 Landeshauptstädte, in der ich noch nie war. Zu sehen bekomme ich von ihr aber zunächst nicht viel, denn es geht bereits in Schwerin-Mitte aus dem Zug und von dort mit der Straßenbahn in den Stadtteil Große Dreesch. Der war zu DDR-Zeiten das große Plattenbaugebiet von Schwerin und mit 62.000 Einwohnern auch der größte Stadtteil. Er wurde ab 1971 südlichen des Faulen Sees auf Ödland („Dreesch“) aus dem Boden gestampft und galt aufgrund des Blickes auf den Schweriner See, den Faulen See und die Altstadt als das schönste Plattenbauviertel der DDR. Nach der Wende blühte dem Großen Dreesch dennoch das gleiche Schicksal wie den anderen Plattenbauvierteln der DDR: Die Einwohnerzahl hat sich inzwischen mehr als halbiert. Wer kann, zieht weg – in Einfamilienhäuser, in Schwerins sanierte Altbauwohnungen oder in den Westen. Während des fünfminütigen Fußmarsches von der Straßenbahnhaltestelle bis zum Sportplatz der Großen Dreesch kommt man an gleich markanten Bauwerken von Schwerin vorbei: Die 1977 aufgestellte Skulptur „Willkommen in Schwerin“ im feinsten Sowjet-Stil und das Verlagsgebäude der 1946 gegründeten Schweriner Volkszeitung, die bis zur Wende als offizielles Parteiorgan die Stimme der SED im Nordosten der DDR war. Beide Bauwerke sind auch vom Sportplatz der Großen Dreesch aus gut zu sehen. Weniger gut zu sehen ist dafür das Spielfeld, denn es ist umgeben von einem Zaun, der bei manch einem bis auf Stirnhöhe reicht. Unerklärlich, wie man so etwas bauen kann. Man hätte den Zaun eigentlich auch komplett weglassen können, denn der heimische Burgsee-Verein spielt mit seiner ersten Mannschaft nur in der vorletzten Liga, die hier die Kreisliga Schwerin/Nordwestmecklenburg ist. Da darf man die Frage stellen, warum man das Spielfeld so hermetisch abriegelt. Ansonsten hat der Sportplatz der Großen Dreesch nichts zu bieten, auch wenn mich als Wessi das Ost-Flair eines solchen Sportplatzes und vor allem seines muffigen Vereinsheim durchaus anspricht. Hier ist die Zeit wirklich stehengeblieben. Dass auf einem Schild die E-Mail-Adresse des Vereins abgebildet ist, wirkt schon wie ein Fremdkörper. Dazu passt gut, dass von Corona überhaupt nichts zu merken ist: Keine Präsenzlisten, keiner trägt Maske, keine Schilder, die auf das Einhalten des Mindestabstands hinweisen. Wenn ich hier vorher angerufen und gefragt hätte, ob das Spiel überhaupt stattfindet, hätte man wohl nur mit schallendem Gelächter reagiert. Dabei trifft die B-Jugend des Burgsee-Vereins (by the way: was für ein geiler Vereinsname!) heute im Mecklenburg-Vorpommern-Pokal auf einen sehr namhaften Gegner, nämlich den jüngeren B-Jugend-Jahrgang von Hansa Rostock. Ein besseres Los kann man in diesem Wettbewerb nicht ziehen. Da ja wirklich ganz Mecklenburg-Vorpommern Hansa-Rostock-Gebiet ist und das auch ganz besonders für Schwerin gilt, wie ich schon anhand der vielen Aufkleber gesehen habe, ging ich von einer besseren Zuschauerkulisse aus, zumal das ja auch in Schwerin das letzte Wochenende ist, an dem man Fußball schauen kann. Dass es dann nur rund 30 Zuschauer sind, hätte ich nicht erwartet. Keine Überraschung ist dafür der Spielverlauf und der Hansa-Nachwuchs zieht mit einem klaren 10:0-Sieg in die dritte Pokalrunde ein. Ob die jemals ausgespielt wird, steht auf einem anderen Blatt Papier.