Sonntag, 6. Oktober 2019, 11 Uhr
Bielefeld, Leineweberring
Mit einer E-Scooter- und Straßenbahn-Kombination geht es in Windeseile von der Schillerstraße zum rund drei Kilometer entfernten Leineweberring. Jeder Schritt wurde bei dieser verdammt knappen Kiste schon Tage vorher genau geplant, letztendlich tauchen wir aber doch ein paar Minuten zu spät auf. Schade auch deshalb, weil der Leineweberring nicht nur eine Perle des Bielefelder Fußballs ist, sondern wohl von ganz Westfalen. Eigentlich handelt es sich bei der direkt hinter dem Cornelesen-Schulbuchverlag gelegenen Anlage um eine Rennbahn. Der Leineweberring wurde 1972 gebaut, Höhepunkt war 1977 die Ausrichtung der deutschen Landbahnmeisterschaft vor 12.000 Zuschauern. Große Events finden aber kaum noch statt, zuletzt war es 2008 ein Finallauf der Seitenwagen-EM. Die Innenfläche der Rennbahn wurde daher umgenutzt und beherbergt nun ein Rugby- und ein Fußballfeld. Auf letzterem ist seitdem der SV Baumheide beheimatet. Rein vom Charakter her hat die Bude etwas vom Prager Strahov-Stadion, natürlich einige Nummern kleiner, aber in einem ähnlich maroden Zustand. Seit den 80ern hat sich hier kaum etwas getan, die Natur erobert die Tribünen zurück. Die vielen leeren Flaschen, benutzten Kondome und Joint-Stummel lassen zudem erahnen, dass sich auch die Jugend vom Baumheide gerne mal hierher zurückzieht. Damit werden alle Klischees erfüllt, denn Baumheide, das von einer in den 1960er-Jahren entstandenen Großwohnsiedlung geprägt ist, gilt als der Problemstadtteil von Bielefeld. Das bestätigt auch der SV Baumheide unten auf dem Platz, der nicht gerade durch gute Manieren auffällt. Höhepunkt: In der zweiten Halbzeit muss der Trainer einen eigenen Fan des Geländes verweisen, weil er immer wieder sturzbetrunken auf das Spielfeld rennen will. Auch in Anbetracht der Uhrzeit eine richtig reife Leistung.