Espérance Sportive de Zarzis - US Tataouine 1:0

Tunesien, Ligue 1 (1. Liga/Abstiegsrunde)
Dienstag, 14. März 2017, 14.30 Uhr
Zarzis, Ancien Stade

Eigentlich trägt die Espérance Sportive („Sportliche Hoffnung“) de Zarzis ihre Heimspiele im etwas außerhalb der Stadt gelegenen Stade Jlidi aus. Da dieses derzeit jedoch renoviert wird, weicht der 1934 gegründete Klub für seine Heimspiele in der zu Beginn des Monats gestarteten Abstiegsrunde der Ligue 1 ins alte Stadion am Hafen von Zarzis aus, das schlicht Ancien Stade („altes Stadion“) genannt wird. Nach wie vor hat der tunesische Fußball mit ungewöhnlich strengen Sicherheitsauflagen seitens Polizei und Verband zu kämpfen. In der Regel darf für die Spiele der Ligue 1 nur eine extrem limitierte Anzahl an Tickets verkauft werden oder sie finden gänzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Für das heutige südtunesische Derby zwischen den Teams aus Zarzis und Tataouine durften nur 300 Eintrittskarten verkauft werden, die am Vortag in vier verschiedenen Cafés in der Medina der 70.000-Einwohner-Stadt Zarzis angeboten wurden – und sofort weg waren. Dass das Spiel am Ende dann doch vor knapp 1.000 Zuschauern stattfindet liegt daran, dass die in Tunesien omnipräsente Polizei den ein oder anderen Bekannten – notfalls gegen ein Trinkgeld – ohne ein Ticket ins Stadion lässt. Bienvenue en Tunesie... Willkommen in Tunesien... Gästefans sind hingegen nicht erlaubt und auch die Virage Sud de Zarzis hat – wie fast alle tunesischen Ultras – mit den enormen Sicherheitsauflagen und der Gutsherrenart der Polizei zu kämpfen. Eine Entwicklung der Ultras-Kultur wie beispielsweise im an sich sehr ähnlichen Marokko ist daher seit Jahren nicht möglich (und wird wahrscheinlich auch nie möglich sein). Dennoch bemühen sich rund 30 Jugendliche um Stimmung, wobei man hauptsächlich Melodien anstimmt, wie man sie aus Marokko kennt. Abschließend eine Bemerkung zur allgemeinen Sicherheitslage: Die Nähe zur libyschen Grenze und die konservativere Mentalität im Süden Tunesiens führen dazu, dass es in Zarzis und in der ganzen Region immer wieder zu Aktivitäten des Islamischen Staates kommt. Bei der auch von europäischen Medien viel beachteten Offensive des Islamischen Staates vor gut einem Jahr auf die Grenzstadt Ben Guerdane, die etwa 50 Kilometer von Zarzis entfernt liegt, enttarnte sich parallel zu den Angriffen auch in Zarzis eine IS-Zelle, die jedoch von den tunesischen Sicherheitskräften unschädlich gemacht werden konnte. Zur Ruhe gekommen ist die gesamte Region allerdings nicht, immer wieder kommt es zu IS-Aktivitäten im Süden und bergigen Westen Tunesiens. So gab etwa das australische Außenministerium erst eine Woche vor diesem Spiel eine Reisewarnung für Zarzis und alle südlich und westlich davon liegenden Landesteile heraus. Zuletzt kam es am 12. März (also vor zwei Tagen) im südwesttunesischen Kébili zu kleineren Gefechten zwischen IS-Terroristen und tunesischen Sicherheitskräften, bei denen drei Todesopfer zu beklagen waren. Als tunesische Zentrale und Hauptrückzugsgebiet des Islamischen Staates gilt das abgelegene Tataouine – die letzte tunesische Stadt vor Beginn der eigentlichen Sahara, was ihr den Beinamen „la porte du désert“ („das Tor zur Wüste“) einbrachte. Tataouine ist auch Geburtsstadt des Berliner Attentäters Anis Amri. Vor der tunesischen Revolution von 2011 war die 65.000-Einwohner-Stadt Pilgerstädte für Fans der Star-Wars-Saga. Mehrere Teile der Filmreihe wurden in Südtunesien gedreht, Tataouine war Namensgeber für Luke Skywalkers Heimatplaneten Tatooine. Touristen bleiben inzwischen weitgehend aus, was die wirtschaftliche Situation weiter verschärft. Vor allem junge Männer zieht es nach Europa, häufig starten von den Stränden rund um Zarzis nicht seetaugliche und überfüllte Boote in Richtung Norden. In Zarzis reagiert man darauf mitunter recht eigenwillig; so gibt es hier ein Restaurant mit dem Namen „Lampedusa“.