Police Tero FC – Bangkok Glass FC 2:1

Thailand, Championship (2. Liga)
Samstag, 16. März 2019, 19 Uhr
Bangkok, Boonyachinda Stadium

Fünf Tage, fünf Spiele – die bisherige Bilanz dieser Südostasien-Tour ist nicht schlecht. Klar war für mich aber schon bei der Planung: In Thailand wird das Tempo herausgenommen. Mindestens zwei Tage sollen am Strand verbracht werden. Handy und Kamera im Hotelsafe einschließen und sich einfach ne richtige Auszeit nehmen. Die gefällt mir sogar so gut, dass sie spontan um einen weiteren Tag verlängert wird. Das für den Freitagabend geplante Zweitligaspiel der Kasetsart-Universität in Bangkok fällt damit flach. Man muss ja nicht immer um jeden Preis zum Fußball fahren – zumindest nicht an solchen Orten. Der Länderpunkt fällt damit erst am Samstagabend im Boonyachinda Stadium bei Police Tero. Zuvor wird noch ein bisschen Bangkok erkundet, das mit 20 Millionen Touristen pro Jahr die meistbesuchte Stadt der Welt ist. Das sagt eigentlich schon alles über den Charakter dieser Stadt aus. Ist ja kein Geheimnis: Wo viele Touristen sind, da ist auch die einheimische Bevölkerung etwas speziell. Hinzu kommt, dass Bangkok unglaublich verdreckt ist – teilweise läuft einem im Minutentakt eine Ratte über den Weg. Auch mit dem im Thailand omnipräsenten Buddhismus, der im Westen als ach so offene und friedliche Religion gilt, werde ich nicht so richtig warm; mehr dazu im übernächsten Bericht. Und dann ist da noch diese überkrasse Verehrung des thailändischen Königshauses, an das man in der Öffentlichkeit kein schlechtes Haar lassen darf. Auf Majestätsbeleidigung stehen bis zu 15 Jahre Haft. Es ist sogar verpönt, auf heruntergefallene Münzen zu treten und so ihr Wegrollen aufzuhalten. Denn: Auf jeder Münze ist der Kopf des Königs abgebildet und die Fuß- bzw. Schuhsohle gilt in Thailand als unrein. Das klingt jetzt aber vielleicht auch ein bisschen zu negativ, denn Bangkok macht an sich schon Spaß. Man hat trotzdem immer mal einen netten Smalltalk mit Einheimischen und das chaotische Gewirr aus völlig abgeranzten Stadtvierteln, modernen Hochhäusern und schillernden Tempeln hat schon etwas. Die Stadt ist halt nicht völlig umsonst die meistbesuchte der Welt.
 
Eigentlich hielt ich es für eine gute Idee, mich in Bangkok in der Nähe des Hauptbahnhofs Hua Lamphong einzuquartieren. Der Gedanke dahinter: In dieser riesigen Stadt mit ihren 8 Millionen Einwohnern per Vorortzug so nah wie möglich an die Stadien zu fahren und dann zu Fuß oder per Taxi weiter durchschlagen, wobei für letzteres die Distanzen somit relativ kurz wären. Einfach wie in Deutschland an den Schalter gehen und sich für den nächsten Zug ein Ticket kaufen, funktioniert so aber nicht, wie ich gleich bei meinem ersten Versuch feststellen muss. Man könne erst wieder Fahrscheine für einen Zug verkaufen, der erst abfährt, wenn bei Police Tero schon Abpfiff ist. Damit ist klar: Zwar habe ich ein Hotelzimmer mit schönem Blick auf den wirklich interessanten Hua-Lamphong-Bahnhof, aber ansonsten bringt mich das nicht weiter. Also fange ich jetzt in Bangkok endlich mal an, mir die Grab-App anzulegen. Das hätte ich schon in Malaysia machen sollen. Grab funktioniert im Prinzip wie Uber. Man tippt in die App die Adresse ein, wohin man will, und es wird automatisch der Fahrpreis ausgerechnet. Die umherschwirrenden Grab-Fahrer können das Angebot dann annehmen und holen einen ab. Auf einer interaktiven Karte kann man dabei ihren eigenen Standort sehen. Nachteil: Man muss die ganze Zeit online sein. Das haut bei den thailändischen Roaming-Gebühren natürlich rein. Der klare Vorteil ist hingegen, dass die Grab-Fahrer anders als die normalen Taxifahrer nicht blöd rumdiskutieren. Denn sobald die Fahrt über die eigentliche Innenstadt von Bangkok hinausgeht, wird von den normalen Taxifahrern meist rumgezickt. So auch beim Boonyachinda Stadium, das etwa 30 Kilometer nördlich der Innenstadt liegt. Die Entfernungen in diesem Moloch können wirklich riesig sein. Der Verein der thailändischen Polizei, der 2001 und 2002 Meister wurde sowie 2003 das Finale der asiatischen Champions League erreichte, spielt seit 2017 im Boonyachinda Stadium. Ganz nettes Ding eigentlich – bis auf die gelb angemalten Tribünen, die in Kombination mit den großen Flutlichtern übertrieben viele Insekten anlocken. So nervig habe ich das bei noch keinem Fußballspiel erlebt. Der Gegner kommt ebenfalls aus Bangkok, ein echtes Stadtderby also. Beim Blick in den überraschend gut gefüllten Gästeblock kommt sogar etwas Vorfreude auf, zumal auch im Heimblock auf der Gegengeraden ein Vorsänger auf dem Zaun sitzt und sich dazu am Rand der Haupttribüne ein paar Tero-Ultras breitgemacht haben. Die Zutaten für einen netten Fußballabend sind auf den Rängen vorhanden. Aber leider bleiben die Zutaten unverarbeitet. Der Gästeblock zeigt zu Spielbeginn eine Schalparade und schaut danach nur 90 Minuten lang stumm das Spiel. Die Tero-Ultras schwenken ab und zu Fahnen und singen ein paar griechisch angehauchte Lieder, können aber nicht wirklich begeistern. Und was im eigentlichen Heimblock von Police Tero abgeht, ist eher ne Zirkus-Veranstaltung, bei der der Vorsänger meist alleine irgendwas durchs Megaphon brabbelt. Dass sich gegen Ende des Spiels noch einer zum Clown macht und wie ein Irrer mit Schwenkfahne in der Hand kreuz und quer über die Tribüne läuft, passt ganz gut ins Bild. Dafür ist es ein entspannter Fußballabend, bei dem es – im Gegensatz zu Singapur und Malaysia – endlich auch wieder Bier im Stadion gibt. Grab sei Dank steht pünktlich mit Abpfiff schon mein Fahrer vor dem Stadion, damit es direkt ins berüchtigte Nachtleben von Bangkok gehen kann. Aber: Heute ist es nicht berüchtigt. 2014 übernahm das Militär mit einem Putsch die Macht in Thailand. Ende des Monats werden die seitdem ersten Parlamentswahlen stattfinden. An diesem Wochenende wird es erste Vorwahlen geben, weshalb um 18 Uhr ein landesweites, 24-stündiges Alkoholverbot inkraft tritt. Während das im Stadion keine Sau gejuckt hat, hängt jetzt in der Stadt in jedem Kiosk vor jedem Bier-Kühlschrank ein Hinweisschild in allen möglichen Sprachen. Viele Bars und Kneipen öffnen gar nicht erst. Samstagabend in der meistbesuchten Stadt der Welt – und alle sitzen auf dem Trockenen. Es liegt tatsächlich eine leicht aggressive Stimmung in der Luft, vor allem bei den Touristen. Bangkok kann ich mir heute Abend also komplett schenken und dafür mal ein bisschen früher ins Bett gehen. Morgen wartet schließlich die Touri-Runde durch die Stadt.