Sonntag, 21. Mai 2017, 13.15 Uhr
Wertheim, Taubersportplatz
Die Möglichkeit, innerhalb nur einer
Stadt „einen Dreier zu machen“ – also an einem Tag drei Spiele
anzuschauen –, ergibt sich eigentlich nur in
Großstädten, doch an diesem Sonntag tanzt der Spielplan im
badischen Fußballkreis Tauberbischofsheim ein wenig aus der
Reihe. Genauer gesagt: in der beschaulichen Kleinstadt Wertheim
(23.000 Einwohner). So können in der nördlichsten Stadt
Baden-Württembergs, in der die Tauber in den Main fließt und die
nur einen Steinwurf vom hessissch-bayrisch-baden-württembergischen
Dreiländereck entfernt liegt, heute tatsächlich 270 Minuten Fußball
konsumiert werden, davon sogar 180 Minuten in der Landesliga. Zum
Auftakt muss jedoch ein bisschen getrickst werden, es wird nämlich nur
ein Heimspiel der zweiten Mannschaft von Türkgücü Wertheim
geboten. Mag sein, dass es unter deutschen Groundhoppern ein Stück
weit normal geworden ist, die eigene Statistik mit Spielen von
Jugend-, Frauen- und zweiten Mannschaften aufzublähen, die feine Art
ist es aber nach wie vor nicht. In diesem Fall kann aber doch
zumindest ein Auge zugedrückt werden, denn der Gegner ist eine erste
Mannschaft und kann an diesem letzten Spieltag – falls mindestens
ein Punkt geholt wird – Meister werden. Und da auch der SSV
Mainperle Urphar/Lindelbach aus Wertheim kommt und somit nicht lange
anreisen muss, ist immerhin für etwas Zuschauerkulisse gesorgt. Man
muss dazu sagen, dass die Zuschauerzahl hier sonst im einstelligen
Bereich liegt und es nicht einmal einen Getränkestand gibt. Das
wussten auch die rund 50 mitgereisten Fans aus den Stadtteilen Urphar
und Lindelbach, die nicht nur zig Kisten Bier selbst mitgebracht
haben, sondern auch eine eigene Musikanlage samt Megaphon. Alles ist
bereit für die Meisterfeier. Bei den Gastgebern merkt man dann auch
irgendwann, dass man sich hier ein gutes Geschäft durch die Lappen
gehen lässt, weshalb eilig ein Grill und ein paar Packungen Sucuk
angekarrt werden, so dass es in der zweiten Halbzeit dann doch noch
etwas zu essen gibt. Eine echte Perle ist der direkt an der Tauber
gelegene Taubersportplatz, der ursprünglich die Heimat von
Landesligist Viktoria Wertheim war, inzwischen aber von Türkgücü
genutzt wird. Das Unkraut sprießt und sprießt, das Sportheim kann
man sogar fast schon als verwahrlost bezeichnen – aber so soll es
ja sein. Alles nach Plan läuft auch für den SSV Mainperle
Urphar/Lindelbach, der um ein Haar zweistellig gewinnt. Obwohl der Aufstieg eigentlich schon zur Halbzeit feststeht, verhalten sich die
Gästefans sehr respektvoll und packen erst kurz vor dem Abpfiff die
Meister-T-Shirts aus. Für die anschließenden Feierlichkeiten bleibt
jedoch keine Zeit, es geht schnell weiter auf die andere Seite des
Mains – nach Bayern.