TBV Lemgo – TBV Lemgo Handball 1:2

Testspiel
Freitag, 20. Mai 2022, 19.30 Uhr
Lemgo, Jahnplatz
  

Nachdem gestern die Hauptstadt Detmold an der Reihe war, geht es mit der lippischen Woche heute in Lemgo weiter. Vier Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern gibt es in dem ehemaligen Freistaat – und jede davon hat ihren eigenen Charakter: Detmold (75.000) ist die frühere Hauptstadt, Bad Salzuflen (55.000) die größte Kurstadt, Lage (35.000) sehr industriell geprägt. Und Lemgo (40.000)? Auf jeden Fall das sportliche Zentrum Lippes, denn mit dem TBV Lemgo gibt es hier einen Handball-Bundesligisten, der 1997 und 2003 deutscher Meister wurde sowie mehrfach deutscher Pokalsieger (zuletzt 2020) und Europapokalsieger. Und der steht auch heute im Mittelpunkt, denn aktuell feiert der 1911 gegründete Turn- und Ballspielverein das Jubiläum „100 Jahre Handball in Lemgo“. Aus diesem Anlass findet ein sehr ungewöhnliches Fußball-Freundschaftsspiel zwischen der sehr erfolgreichen Handball- und eher mäßig erfolgreichen Fußball-Abteilung statt. Zunächst steht aber ein etwas ausführlicherer Rundgang durch die Altstadt von Lemgo an. Genau wie gestern in Detmold merkt man in Lemgo schon am Bahnhof, dass die Stadt fest in Arminia-Hand ist. Lippe unterstreicht zwar immer, eine ganz eigene Geschichte zu haben und nicht westfälisch zu sein, aber beim Fußball ist man vollauf ostwestfälisch. Auf der Bielefelder Alm sieht man daher die lippische Rose auf Aufklebern und Fahnen recht häufig. Lippe fehlte aber auch immer ein eigener hochklassiger Verein. Die Altstadt von Lemgo macht ansonsten einen guten Eindruck mit viel Fachwerk, aber auch einigen Gebäuden aus der Zeit der Weserrenaissance. Dass Lemgo den offiziellen Beinamen „Alte Hansestadt“ trägt, scheint da nicht völlig an den Haaren herbeigezogen zu sein – ist es aber. Denn diesen Titel verlieh der letzte lippische Fürst Leopold IV. der Stadt im Jahr 1916, um sie im Ersten Weltkrieg bei Laune zu halten. Eine besondere Rolle hatte Lemgo in der Hanse aber nie gespielt. Kein Etikettenschwindel ist dagegen der TBV Lemgo, der sich im Handball als einer der letzten kleineren, traditionsreichen Standorte in der Bundesliga hält. Im Fußball spielte der TBV Lemgo in den 60ern zeitweise in der höchsten Amateurspielklasse Westfalens. Zweimal qualifizierte man sich für den DFB-Pokal: In der Saison 1979/80 schied der TBV Lemgo in der ersten Runde mit 1:5 gegen Waldhof Mannheim aus, 1988/89 ebenfalls in der ersten Runde mit 0:4 gegen den FC Homburg. In der Liga spielt er aktuell immerhin in der Bezirksliga. Beim heutigen Freundschaftsspiel steht der sportliche Aspekt natürlich im Hintergrund, schon allein des Verletzungsrisikos wegen. Sehr interessant aber, die Profi-Handballer auf dem Rasen zu sehen. Schon allein optisch sieht das ungewohnt aus, denn sie spielen in ihren Handball-Trikots. Auch taktisch verhalten sie sich anders als Fußballmannschaften und neigen dazu, sich wie im Handball ein bisschen halbkreisförmig dem Strafraum zu nähern. Dass sie das Spiel mit 2:1 für sich entscheiden können, überrascht mich jedoch. Natürlich sind die Handball-Profis körperlich viel fitter, mehr Spielverständnis sieht man hingegen bei den Fußballern. Klar muss man dazu sagen: Zwar werden auf dem Platz keine Geschenke verteilt und beide Mannschaften nehmen das Spiel ernst, in die Zweikämpfe geht dennoch keiner mit voller Kraft. Eindeutig verteilt sind die Sympathien rund um den Platz, denn fast alle der rund 150 Zuschauer drücken den Handballern die Daumen und jubeln bei ihren Toren, nicht aber beim Tor der Fußballer. Auch tragen mehrere Zuschauer Fan-Utensilien der Handballer. Gespielt wird auf dem Lemgoer Jahnplatz, auf dem alle Heimspiele der Fußballer stattfinden. Der Ausbau besteht aus zwei Stufen, die teilweise als Sitzbank angelegt sind.