Deutschland, A-Junioren-Verbandsliga Thüringen – Staffel 1
Samstag, 23. Oktober 2021, 11 Uhr
Kahla, Sportplatz am Saalesteg
Thüringen und nicht Oberfranken ist das Einsatzgebiet an diesem Wochenende und so geht‘s am frühen Morgen von Bamberg aus dann auch endlich mal zum eigentlichen Ziel. Es wird auf einen Schlag allein vom Sound her sehr DDR-mäßig, denn es geht zunächst zur A-Jugend der BSG Chemie Kahla. Die war zu DDR-Zeiten mal ein Jahr lang zweitklassig, spielte ansonsten aber in den Niederungen des Bezirks Gera. Nach der Wende gab sich der Verein wieder seinen alten Namen SV Kahla von 1910, den er schon vor 1945 trug. Ostalgie steht allerdings auch im verschlafenen Kahla (7.000 Einwohner) hoch im Kurs, so dass sich die Fußballabteilung 2017 ausgliederte und wieder den DDR-Namen annahm. Kann ich – insbesondere aus meiner West-Sicht – immer nur schwer nachvollziehen, wenn man im Osten der DDR-Zeit romantisch gegenübersteht und die negativen Aspekte, die es auch beim Fußball gab (massive Repression, Vereinsumbenennungen, Verschiebung von Vereinen in andere Städte,...), außen vor lässt. Sicherlich, das hängt mit Heimatverbundenheit zusammen, woran per se nichts auszusetzen ist, aber diese Heimatverbundenheit kann man ja auch ohne DDR-Romantik haben. Oder ganz konkret gefragt: Was spricht gegen den Namen SV Kahla, den man auch schon von 1910 bis 1945 und damit in Summe die längste Zeit in der Vereinsgeschichte getragen hat? Warum wird diese Tradition niedriger eingeschätzt? Eine Frage, die ich mir allen voran bei VfB/Lok Leipzig immer wieder stelle. Dort müsste man als erster deutscher Meister der Geschichte meinem Empfinden nach ja eigentlich einen ganz besonderen Bezug zum alten Namen VfB haben und den Begriff Lok völlig ablehnen. Mit allem anderen und insbesondere der Kontroverse „Wir hatten aber alle Arbeit und waren sozial abgesichert“ vs. „Dieses System war aber nicht finanzierbar und nur ein Luftschloss“ will ich erst gar nicht anfangen. Bleiben wir beim Fußball und da erwische auch ich mich immer wieder dabei, dieses DDR-Flair alter Sportanlagen im Osten zumindest für 90 Minuten höchst interessant zu finden. Dazu zählt zweifelsohne auch der Sportplatz am Dohlenstein in Kahla. Allerdings wird auf dem heute Vormittag entgegen der Angabe auf fussball.de gar nicht gespielt, sondern auf dem nur ein paar Schritte entfernten Sportplatz am Saalesteg. Der offizielle Nebenplatz ist er zwar nicht, allerdings benutzen Spieler und Schiedsrichter die Umkleidekabinen des anderen Platzes, da er über keinerlei Räumlichkeiten verfügt. Auch die Zuschauer müssen während des Spiels den anderen Platz aufsuchen, wenn sie auf die Toilette wollen. Da sollte man wirklich rechtzeitig losgehen, wenn es drückt. Was beide Plätze eint ist der schöne Blick auf den rund 350 Meter hohen Dohlenstein. Der Kalksteinfelsen ist sozusagen das Wahrzeichen von Kahla. Bekannt ist der Ort ansonsten nur für Rechtsextremismus, denn – wie man liest – hat sich die thüringische Neonazi-Szene in Kahla ein neues Zentrum geschaffen und besitzt hier mehrere Immobilien. Auf dem Sportplatz bekommt man davon nichts mit. Dafür stehen ein paar Jugendliche am Spielfeldrand, die ihre A-Jugend mit Suff-Support unterstützen. Macht die Angelegenheit zumindest unterhaltsamer.