Deutschland, Kreisliga Osnabrück – Staffel C (8. Liga)
Freitag, 27. August 2021, 18.45 Uhr
Osnabrück, Stadion Brinkstraße
Im Bereich Weser/Ems des Niedersächsischen Fußballverbands ist der Freitag schon fast so etwas wie der Hauptspieltag. Generell finden in wohl keinem anderen Bundesland derart viele Spiele an dem Tag vor dem Wochenende statt. Da ich in Bielefeld quasi in drei Himmelsrichtungen Niedersachsen vor der Haustür habe, wird heute endlich mal diese Karte ausgespielt. Denn auch der SV Eintracht Osnabrück trägt sein Derby gegen die zweite Mannschaft des Osnabrücker SC am Freitag aus und lässt sich dabei so gar nicht von der Tatsache beirren, dass seine Sportanlage gar kein Flutlicht hat. Dann wird eben schon um 18.45 Uhr angepfiffen. In das mitten in der Stadt gelegene Stadion an der Brinkstraße zog die Eintracht unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem seine eigentliches Stadion mit dem klangvollen Namen Paradies zerbombt wurde. Mit dem Umzug begann die erfolgreichste Zeit des Vereins, der 1950 in die Oberliga Nord und damit in die 1.Liga aufstieg. Vor bis zu 15.000 Zuschauern wurde hier an der Brinkstraße gegen Gegner wie den Hamburger SV, Werder Bremen, Hannover 96, Eintracht Braunschweig, den FC St. Pauli und natürlich den VfL Osnabrück gespielt. Schon damals muss die Bude ziemlich speziell gewesen sein, denn sie hatte keine Umkleidekabinen. Die Spieler mussten sich in einem nahegelegenen Tanzlokal umziehen und wurden dann mit einem Bus zum Stadion gebracht. Ab den 70er-Jahren ging es jedoch bergab mit der Eintracht, in den 90ern hatte sie 200.000 Mark Schulden angehäuft. Der Tiefpunkt wurde 2009 erreicht – mit dem Abstieg in die 9. Liga. Inzwischen ist man immerhin wieder in der Kreisliga angekommen, aber so wirklich viel geht hier trotzdem nicht mehr. Lediglich 50 Zuschauer wollen sich das Derby gegen die Zweitvertretung des OSC anschauen, wobei gut die Hälfte auch noch ganz offensichtlich den Gästen die Daumen drückt. Und dennoch: Wundererbarer als hier kann ein Stadion fast gar nicht von längst vergangenen Tagen erzählen, denn es ist fast alles ramponiert. Das gilt besonders für die Stufen auf der Gegengeraden, die wirklich bei jedem Tritt herausbrechen könnten. Einzig modernes Element der Anlage ist das Vereinsheim, das im Stil einer Almhütte gebaut wurde – und auch genau diesen Namen trägt. Passt zwar absolut nicht nach Niedersachsen, ist aber sehr gemütlich. Leider ist es ansonsten derzeit ja immer recht ungemütlich in Niedersachsen. Mit den Regeln nimmt man es hier ja immer besonders genau, was momentan insbesondere für den 3G-Nachweis gilt. Jedes Mal, wenn man das Vereinsheim betreten will, muss man am Eingang wieder Covpass-App und Ausweis vorzeigen. Aber gut, machen wir den Spaß halt mit, denn als Lohn winkt der preislich unschlagbare Eintracht-Teller: Wurst, Pommes und Bier für 4,50 Euro. Den Vogel schießt nach Abpfiff ein Spieler des Osnabrücker SC ab, der noch in Spielmontur den nahegelegenen Supermarkt aufsucht, um dort eine Kiste Bier zu kaufen. Durst ist schlimmer als Heimweh!