Deutschland, A-Junioren-Landesstaffel Württemberg – Staffel Nord (U19, 4. Liga)
Sonntag, 18. Oktober 2020, 11 Uhr
Neckarsulm, Stadion Pichterich – Platz 2
Das Derby in Heilbronn ist heute der ganz heiße Scheiß in Baden-Württemberg. Deswegen ist sogar am Freitag eigens Captain Klobasa aus Berlin eingeflogen. Zum Hintergrund: Der VfR Heilbronn war in den 1960er- und 1970er-Jahren eine relativ große Nummer und gehörte 1974 zu jenen Vereinen, die in der Premierensaison in der frisch gegründeten 2. Bundesliga spielten. Zudem wurde er mit seinen A-Junioren DFB-Pokal-Sieger 1996. Der Verein geriet jedoch nicht nur sportlich, sondern auch finanziell in die Misere und musste 2002 Insolvenz anmelden. Ein Jahr später folgte die Fusion mit der Spvgg Heilbronn zum FC Heilbronn. Der wiederum fusionierte 2012 mit dem Stadtrivalen Union Böckingen zum FC Union Heilbronn. Union Böckingen war bis in die 1950er-Jahre ebenfalls recht erfolgreich. Größter Erfolg war die Saison 1933/34. Da gelang es den Unionern völlig überraschend, als erster Verein in Württemberg die große Phalanx von Kickers und VfB Stuttgart zu durchbrechen und württembergischer Meister zu werden, womit sie an der Endrunde um die deutsche Meisterschaft teilnehmen durften. Logisch, dass zwischen zwei solchen Vereinen in einer Stadt eine große Rivalität herrscht, und damit auch logisch, dass niemand aus der kleinen Fanszene des VfR Heilbronn diese Fusion akzeptierte. Sie kehrten ihrem alten Verein den Rücken zu und gründeten 2018 den VfR unter altem Namen neu. Der neue VfR ging in Heilbronn regelrecht durch die Decke, was auch daran lag, dass er wieder im alten Frankenstadion spielt. Bis zu 600 Zuschauer kamen in der ersten Saison zu den Heimspielen – in der Kreisliga B! Der neue VfR stieg zweimal in Folge auf und spielt nun in der Bezirksliga, wo er zum ersten Mal auf den FC Union Heilbronn trifft. Unter normalen Bedingungen würde das Derby vor einer vierstelligen Zuschauerkulisse stattfinden, so sind wegen Corona aber nur 500 erlaubt. Die 500 Tickets für das Union-Stadion (Heimrecht hat zunächst der FC Union Heilbronn) gehen weg wie warme Semmeln, aber glücklicherweise können aus unserer Runde ein paar davon erhascht werden. Damit ist klar, dass es heute für alle nach Heilbronn geht. Auch für die, die gar nicht zum Derby wollen, weil sie das alte Union-Stadion schon besucht haben und dann ja aufgrund der limitierten Ticketzahl nicht unbedingt zugreifen müssen. Sollen lieber die hingehen, denen es wichtiger ist. Da wir gerade Captain Klobasa nach 19 Jahren mal wieder in Baden-Württemberg haben und wir ihm an diesem Wochenende etwas von unserem Bundesland und seiner Kultur zeigen wollen, beschließen wir, ein kleines Kulturprogramm rund um das Heilbronner Derby zu bauen, das mit dem Besuch in einer Besenwirtschaft enden soll. Natürlich gehören auch weitere Fußballspiele zum Kulturprogramm, bei dem jedoch die Prämisse herrschen muss: Weit dürfen wir uns nicht von Heilbronn wegbewegen. Für diejenigen, die nicht zum Derby gehen, bedeutet das, dass heute maximal 10. Liga gesehen wird. Hart, dafür den so lukrativen Sonntag auf den Kopf zu hauen, aber wenn Captain Klobasa schon mal da ist... Los geht der Tag vor den Toren von Heilbronn in Neckarsulm. Bekannt ist die Industriestadt am Zusammenfluss von Neckar und Sulm, die oft fälschlicherweise „Neckars-Ulm“ ausgesprochen wird, durch Lidl, Kaufland und Audi. Die drei goldenen Buchstaben hier sind N, S und U. Inzwischen steht diese Buchstabenkombination im deutschen Bewusstsein zwar für etwas ganz anderes, doch früher waren die NSU-Motorenwerke weltbekannt, die schließlich im Audi-Konzern aufgingen, der noch immer ein Werk in Neckarsulm betreibt. Die Buchstabenkombination NSU steht dabei einfach für Neckarsulm. Nicht nehmen ließ es sich der örtliche Fußballverein, ebenfalls diese drei Buchstaben zu verwenden und sich Neckarsulmer Sport-Union zu nennen. Wir schauen heute Vormittag bei seiner A-Jugend vorbei, die auf dem Nebenplatz des Pichterich-Stadions spielt, der einen besseren Ausbau als der Hauptplatz aufweist. Schon allein der Eingangsbereich mit altem Kassenhäuschen macht mehr her. Für das Spiel gegen den jüngeren A-Jugend-Jahrgang des Sport- und Gesangvereins aus Freiberg am Neckar wird das Kassenhäuschen allerdings nicht benötigt, denn es wird wie üblich kein Eintritt verlangt. Am provisorischen Verpflegungsstand wird leider nur Kaffee und Tee kredenzt, aber glücklicherweise haben wir noch genügend Reserven an Bord von unserem gestrigen Ausflug in den Südschwarzwald. Da sich auch eine illustre Runde am Spielfeldrand eingefunden hat, ist das schon mal ein gelungener Auftakt des Tages. Und um es schon mal vorweg zu nehmen: Bei keinem der drei heutigen Spiele wird eine Maskenpflicht herrschen. Da scheint die Mahnung des WFV schon wieder aus dem Sinn zu sein.