Deutschland, Westfalenliga – Staffel 2 (6. Liga)
Sonntag, 13. September 2020, 15.30 Uhr
Wenden, Sportplatz Bieberg
Gerlingen – das klingt nach Süddeutschland, ist aber Sauerland. Wenden, zu dem Gerlingen gehört, ist aber zumindest die südlichste Gemeinde des Sauerlandes. Ein Linienbus bringt uns vom Siegener Hauptbahnhof an den Fuß des dortigen Bibergs. Die gut 60-minütige Fahrt hatten wir schon im Vorfeld als die große Schwachstelle des Tages definiert, denn Toiletten gibt es im Linienbus natürlich nicht, getrunken wird dafür umso mehr. Da der Bus nur alle zwei Stunden fährt, bedeutet das: Wer seine Blase nicht im Griff hat, verpasst das Spiel. Alle Beteiligten haben sich aber im Griff und so erreichen wir Gerlingen nach Plan. Die hügelige Landschaft erinnert sehr an den Schwarzwald und wirkt ebenso vertraut wie der Name, in puncto Fußball tickt der Ort aber doch ganz speziell. Auf dem Weg hinauf zum Bieberg sehen wir Aufkleber des FSV Gerlingen an Laternenmasten, in den Gärten wehen Fahnen des Vereins und sogar Stromkästen sind bemalt. Krass, was hier los ist! Gerlingen ist nur unser Plan B, denn eigentlich wollten wir zum Oberliga-Spiel zwischen Finnentrop und Westfalia Herne, das im Online-Verkauf jedoch innerhalb kürzester Zeit ausverkauft war. In NRW sind ja immer noch nur maximal 300 Zuschauer zugelassen. In Anbetracht dessen, was wir hier in Gerlingen so sehen, machen wir uns jetzt aber auf dem Weg hinauf zum Sportplatz Gedanken, ob die Hütte nicht auch voll wird. Da scheint ja das ganze Dorf hinter dem Verein zu stehen. Doch wir haben Glück und bekommen noch Tickets. Ja, man muss inzwischen froh sein, in der 6. Liga reinzukommen. Auf dem Sportplatz geht es dann nicht viel anders zu, als es das Ortsbild erwarten lässt: Es hängen Zaunfahnen („Prostmafia Gerlingen“), normale Hausfrauen laufen mit „FSV Ultras“-Stoffbeutel herum. Was für ein Spektakel! Bis auf die Currywurst, die fällt komplett durch. Der Rest bekommt aber Höchstnoten. Von zwei netten Rentnern, mit denen wir ins Gespräch kommen, erfahren wir, dass es anscheinend wirklich nur lokale Sponsoren sind, die den Verein unterstützen, was für eine hohe Identifikation im Ort sorgt. Das macht den Verein sympathisch. Der wirklich perfekte Tag endet dann jedoch mit einem Tiefschlag, denn nach Abpfiff geht es mit dem Linienbus weiter nach Olpe, wo es am dortigen Bahnhof einfach mal gar nichts gibt. Wie kann man nur solch einen Bahnhof bauen? Ohne Nachschub endet die Party abrupt und die eigentlich wunderschöne Zugfahrt vorbei am Biggesee wird zur Fluchorgie. Beim Umstieg am Bahnhof von Finnentrop – der Assi-Mob von Westfalia Herne ist gerade erst weg – gibt es dann aber doch noch Nachschub, womit auch der Schlussakkord dieses genialen Tages ganz nach unserem Geschmack gelingt.