Samstag, 20. Juni 2020, 11 Uhr
Winterthur, Sportpark Deutweg
Während die Mehrzahl der deutschen Hopper aktuell – wohl aus geografischen Gründen – Wochenende für Wochenende in Tschechien unterwegs ist, wird es für mich – ebenfalls aus geografischen Gründen – sehr wahrscheinlich ein langer Sommer in der Schweiz. Nachdem diese erst am Montag ihre Grenzen zu Deutschland wieder eröffnet hatte, geht nun schon zum zweiten Mal in dieser Woche zu den Eidgenossen, wo am heutigen Samstag ein charmanter Dreier wartet. So viel sei schon mal verraten: Bei keinem der drei Spiele wird ein anderer Deutscher anwesend sein. Völliges Kontrastprogramm also zur momentanen Lage in Tschechien. Erstes Etappenziel ist Winterthur, wo ich zwangsläufig mit den Eigenheiten des Schweizer Jugendfußballs in Kontakt komme. Zum einen kennen die Eidgenossen nicht die Altersklassen U19 und U17, sondern U18 und U16. Die U18 ist dementsprechend die A-Jugend, die U16 die B-Jugend. Zudem wurde im Jugendbereich vollzogen, was vor einigen Jahren auch bei den Erwachsenen geschehen sollte, jedoch am Widerstand der Fans scheiterte: umfangreiche Fusionen. Die Überlegungen einiger Marketingstrategen, die den Fußball wohl nur von Managerspielen am Computer kennen, sahen dabei so aus: Obwohl der Profibereich mit jeweils nur zehn Mannschaften in der 1. und 2. Liga ohnehin sehr übersichtlich ist, ist das aus Sicht der Strategen immer noch zu aufgebläht für so ein kleines Land. Der Vorschlag lautete, dass sich zwei Vereine aus der gleichen Region zusammenschließen sollten, um das Zuschauer- und natürlich Sponsorenpotenzial besser bündeln zu können. So sollte zum Beispiel aus dem FC Sankt Gallen und dem FC Wil der FC Ostschweiz werden. Für besonders großes Aufsehen sorgte, dass damals auch in Zürich der alte Plan von Zurich United aus der Schublade geholt wurde – also die Fusion von FCZ und Grasshopper Club. Unter dem Motto „Fusion isch an Illusion“ gingen die Kurven massiv gegen diese Pläne vor und konnten sie letztendlich verhindern. Im Jugendbereich jedoch wurden diese Ehen vollzogen – nicht in Zürich, aber zum Beispiel im Kanton St. Gallen mit dem FC St. Gallen und dem FC Wil. Ebenso schlossen sich der FC Winterthur und der FC Schaffhausen im Jugendbereich zusammen, obwohl sich die Fans gegenseitig hassen. Die offizielle Paarung des heutigen Spiels lautet damit: Team Winterthur/Schaffhausen gegen den FC Ostschweiz Sankt Gallen/Wil. Da jedoch in Trikots des FC Winterthur bzw. FC Sankt Gallen gespielt wird und nirgendwo etwas vom FC Wil und FC Schaffhausen zu entdecken ist, bitte ich um Verständnis, die Paarung schon allein der besseren Übersicht wegen anders betitelt zu haben. Gespielt wird im Sportpark Deutweg im Südosten von Winterthur. Zum Areal gehört ein Stadion mit überdachter Tribüne und Sitzschalen, das aber leider nur von der Leichtahtletik genutzt wird. Hinzu kommen weitere ausbaulose Plätze. Auf einem von ihnen – dem sogenannten Platz 1 – hat mit dem FC Tössberg auch ein lokaler Fußballverein seinen angestammten Sitz samt Vereinsheim. Die Jugendmannschaften des FC Winterthur sind hier ebenfalls zugegen, und wie angekündigt spielt die U16 auf Platz 1. Leider sind die Herrschaften hier etwas übereilig bei der Umsetzung der Corona-Regeln, denn es wird darauf gepocht, dass sich alle Zuschauer hinter dem Maschendrahtzaun entlang der Geraden versammeln und die anderen drei Seiten des Platzes ungenutzt bleiben. Nach meinem Verständnis wäre es ja sinnvoller, sich auf alle vier Seiten zu verteilen, damit alle Zuschauer möglichst weit auseinander stehen, aber auch in der Schweiz scheint in der Corona-Debatte manchmal einfach nur die Hysterie zu herrschen. Ganz und gar nicht emsig ist man dagegen bei den Präsenzlisten, in die man eigentlich alle anwesenden Zuschauer eintragen lassen müsste, um sie im Falle eines Virusausbruchs zu kontaktieren. Ein ähnliches Prinzip wie in Deutschland aktuell bei Restaurantbesuchen. Genau wie am Dienstag in Romanshorn ist auch hier in Winterthur weit und breit nichts von diesen Listen zu sehen. Wahrscheinlich würden sie sogar mehr Sinn machen als alle Zuschauer auf nur einer Seite des Platzes zu konzentrieren, aber lassen wir das…