Samstag, 28. September 2019, 11 Uhr
Darmstadt, Nachwuchsleistungszentrum des SV Darmstadt 98
Keinen Sinn hätte es gemacht, gestern nach dem Spiel in Bad Homburg nach Hause zu fahren, um dann heute Morgen wieder zurück nach Hessen zu fahren. Es wird also in Frankfurt übernachtet und dort lande ich in einem billigen Bumshotel im Bahnhofsviertel, wo auch das Auto über Nacht abgestellt wird. Meinem leicht mulmigen Gefühl hatte ich eigentlich die Legitimität abgesprochen, muss ihm dann aber am Morgen beim Verlassen des Hotels doch Recht geben: Genau dort, wo ich geparkt habe, ist alles voller Blaulicht. Polizisten haben quasi mein Auto umstellt, dazwischen Feuerwehr und Fernsehteams, Dutzende Schaulustige verharren hinter rot-weißem Absperrband. Erster Gedanke: Die Karre ist abgebrannt. Dann die Erleichterung: Meine Auto hat mit dem Schauspiel eigentlich gar nichts zu tun. Ich habe direkt vor dem Skyper-Hochhaus geparkt, an dem gerade Alain Robert (der sogenannte französische Spiderman) ohne jede Sicherung die 39 Stockwerke hoch- und wieder hinunterklettert (Link zum Video). Aktionskunst, die einen Großalarm ausgelöst hat. Und das wird dann doch zum Problem für mich, denn ich habe genau in der Zone geparkt, in der Alain Robert im Falle eines Sturzes auf den Boden knallen würde. Das bedeutet: Die Polizei lässt mich unter keinen Umständen an mein Auto heran – da ist auch der nahende Anpfiff bei der A-Jugend des SV Darmstadt 98 kein Argument. Als der französische Spiderman wieder unten angekommen ist, wird er vor der jubelnden Menge sofort festgenommen und ich kann mich im Schatten des Höhenrettung-Fahrzeugs der Frankfurter Feuerwehr endlich in Richtung Darmstadt in Bewegung setzen. Ein pünktliches Angekommen ist jetzt zwar nicht mehr möglich, aber da kann man wohl im wahrsten Sinne des Wortes von höherer Gewalt sprechen. Immerhin verpasse ich nur die ersten 20 Spielminuten im etwas provisorisch wirkenden Nachwuchsleistungszentrum des SV Darmstadt 98. Das wurde größtenteils mit Containern hochgezogen und steht sinnbildlich für den ganzen Verein: Sich mit bescheidenden Mitteln über Wasser halten, viel improvisieren und dabei sehr sympathisch sein. Letzteres gilt in diesem Fall auch für die Überdachung, die man dem ansonsten unspektakulären Kunstrasenplatz hinzugefügt hat. Überraschenderweise spielt der älteste Nachwuchs der Lilien nicht in der Bundesliga, sondern nur in der zweitklassigen Hessenliga. Das Spielergebnis zeigt jedoch, dass die Mannschaft klar zum oberen Drittel gehört.