Sonntag, 13. August 2017, 13 Uhr
Hamburg, Millerntorstadion (Dieter-Platz)
Während man in Württemberg kaum
dritte Mannschaften findet, nehmen beim FC Sankt Pauli nicht weniger
als acht Mannschaften am regulären Spielbetrieb teil. Acht
Mannschaften! Die 1986 gegründete vierte Mannschaft, die immerhin in der
siebtklassigen Bezirksliga spielt, gehört somit zu den
ambitionierteren Pferden im Sankt-Pauli-Stall. Gespielt wird auf
einem der beiden Plätze hinter der Nordtribüne des
Millerntorstadions, auf deren Außenfassade daher der Spruch „Voran
FC St. Pauli Amateure“ gepinselt wurde. Benannt wurden die beiden
Kunstrasenplätze im vergangenen Jahr nach den langjährigen
Vereinsfunktionären Siegbert Rammelt (Obmann) und Dieter Rittmeyer
(Kassenwart) – der eine heißt seither offiziell Siggi-Platz, der
andere Dieter-Platz. Letzterer ist Spielort der heutigen Partie der
vierten Mannschaft. Einen Ausbau gibt es nicht, dafür sind die
Gebäude rund um den Platz recht interessant. Neben dem
Millerntorstadion ist das vor allem der gigantische Flakturm, der
1942 von 1.000 Zwangsarbeitern errichtet wurde. Er gehört zu den
größten Bunkern der Welt. 25.000 Menschen fanden
hinter den dreieinhalb Meter dicken Betonmauern Schutz, die eine der
letzten Trümpfe des Hitler-Regimes waren. Eigentlich sollte das Ding
nach Kriegsende gesprengt werden, doch dafür sind die Mauern zu dick
– man würde sonst halb Hamburg mit in die Luft sprengen. Der
Beton-Koloss steht deshalb noch immer und man weiß noch immer nicht so recht,
was man mit ihm machen soll. Er passt auch deshalb so gar nicht ins
Bild, weil sich um ihn herum das Gelände des Hamburger Doms
befindet, wie sich das Volksfest der Hansestadt nennt. Die
knallbunten Lichter bilden einen richtig unpassenden Kontrast zum
Betongrau des Flakturms. Auch das Spiel wirkt durch das Treiben auf
dem Dom etwas deplatziert, denn pünktlich um 14 Uhr – also mit
Beginn der zweiten Halbzeit – startet der Volksfestbetrieb auf dem
Dom und ab dann ist im wahrsten Sinne des Wortes Achterbahn angesagt.
Schausteller brüllen in die Mikros und wollen den Besuchern Lose
andrehen, ein Gassenhauer nach dem anderen krächzt aus den
Lautsprechern, lautes Gelächter ist von den Fahrgeschäften zu hören
und so langsam legt sich der Duft von gebrannten Mandeln über den
Kunstrasen. Weder die Spieler noch die 25 Zuschauer lassen sich
davon jedoch ablenken, während manch Dom-Besucher im Vorbeigehen
dann doch verdutzt aufs Spielfeld glotzt. Überraschend ist, dass der
Kick hier tatsächlich Eintritt kostet – und zwar gehen die
Ersatzspieler (!) des FC Sankt Pauli IV um den Platz herum und knöpfen jedem
Zuschauer 2 Euro ab. Wer hätte das gedacht, dass so ein Verein auf
50 Euro von der vierten Mannschaft angewiesen ist...