Italien, Eccellenza Trentino Alto Adige
(5. Liga)
Sonntag, 23. April 2017, 16 Uhr
Merano/Meran, Campo sportivo
Lahn/Sportplatz Lahn
Die Curva Sud im Meraner Stadtteil
Obermais ist eine autonome Kurve. Es gibt keine Ordner, den
Getränkestand in der Curva betreiben die Ultras selbst, auch die
Reglementierung des Zugangs in die Curva liegt in den Händen der
Ultras. Man ist in der Regel unter sich, es gibt keine Einflüsse von
außen – weder vom Verein noch vom Staat. Alle Schaltjahre kommt es
dann aber doch mal vor, dass Polizia und Carabinieri auf der Lahn
aufmarschieren, wenn ein entsprechender Gegner kommt – und der
heißt dann in der Regel: Trento. Der Verein aus der Hauptstadt des
Trentino, die der Region ihren Namen gegeben hat, spielte nach dem
Zweiten Weltkrieg für eine Saison in der Serie B und pendelte danach
bis 1995 stets zwischen der 3. und 4. Liga. Es folgte ein langer
Niedergang bis hinunter in die siebtklassige prima categoria, in
dessen Verlauf sich die Fanszene auflöste – darunter auch die
bereits 1978 gegründeten (politisch rechts stehenden) Ultras Trento.
Seit gut zwei Jahren jedoch pumpt der Bauunternehmer Mauro Giacco
massiv Geld in den AC Trento. Ziel: Durchmarsch in den Profifußball.
Die Rechnung geht bislang auf. Zweimal in Folge ist der AC Trento
aufstiegen und auch in dieser Saison hat man frühzeitig die
Meisterschaft und damit den Aufstieg in die Serie D unter Dach und
Fach gebracht. Die letzte Niederlage liegt zwei Jahre zurück, seit
57 Ligaspielen sind die Trentini ungeschlagen. Als Etat soll in
dieser Saison eine für die Eccellenza utopische Summe von einer
halben Million Euro zur Verfügung stehen. Unter anderem leistet sich
der AC Trento einen richtigen Mannschaftsbus, während in dieser Liga
die anderen Mannschaften in Kleinbussen zu den Auswärtsspielen
kutschiert werden. Das sportliche Comeback bringt aber auch wieder
Leben zurück auf die Ränge des ehrwürdigen Stadio Briamasco in
Trento. Bei den Heimspielen versammeln sich ein paar Ultras jüngerer
Generation hinter einer „Curva Sud Trento“-Fahne, dazu lassen
sich bei Brisanzspielen (was aber eigentlich nur für die Spiele
gegen Obermais zutrifft) auch Teile der alten Ultras Trento blicken,
jedoch ohne offiziell als Gruppe aufzutreten. IM HINSPIEL, zu dem
die Obermais-Szene mit zwei Bussen anreiste, kam es bereits vor,
während und nach dem Spiel zu Aufeinandertreffen. Entsprechend
zeigen Polizia und Carabinieri im Rückspiel Präsenz, gerade weil
der kleine Sportplatz Lahn nur schwer Möglichkeiten zur Fantrennung
bietet. Unter anderem müssen alle Zuschauer über den gleichen
Parkplatz laufen. Die Obermaiser Szene stimmt sich beim hervorragend
organisierten Frühschoppen des Freizeitligavereins Maia Staff auf
Schloss Rametz – nur einen Steinwurf entfernt von der Lahn – bei
Bier, Veneziano, Gegrilltem und Live-Musik auf den Saisonhöhepunkt
ein. Die gemäßigte Fraktion der Trentini trudelt derweil mit etwa
zehn Leuten weit vor Anpfiff auf der Lahn ein. Sie wird auf der
Haupttribüne untergebracht, wo sie eine Zaunfahne in
Doppelhaltergröße aufhängt, ansonsten aber nicht auffällt und
auch keine Lieder singt. Während die Curva aus allen Nähten platzt
(wahrscheinlich noch nie so gut gefüllt wie heute) und zum Anstoß
ordentlich das Spielfeld einräuchert, was sogar sämtliche
Polizisten entzückt die Handykamera zücken lässt, treffen die
Ultras Trento mit gerade einmal zwei Leuten zehn Minuten nach
Spielbeginn ein. Sie halten betont Abstand zu den restlichen
Trientini (zwischen alten und jungen Ultras soll es seit Monaten
mächtig kriseln), positionieren sich ganz am Rand auf Strafraumhöhe und hängen eine ebenfalls kleinformatige, gruppenneutrale
„Calcio Trento 1921“-Fahne auf. Auch hier während der 90 Minuten
keine Regung. Die Curva hingegen dreht derweil – mit Unterstützung
von ein paar befreundeten Innsbruckern – mächtig auf, zumal sich
sportlich recht schnell eine große Überraschung abzeichnet. 3:0
gewinnt am Ende der FC Obermais und fügt dem AC Trento damit eine
historische Niederlage zu. Durch den Sieg wahrt sich der FCO als
Tabellendritter sogar noch unerwartete Chancen auf Platz zwei und
damit auf die Playoffs für die Serie D. In der Curva steht
dementsprechend das Feiern mit der Mannschaft im Vordergrund, während
die Ultras Trento mit Abpfiff fluchtartig die Lahn verlassen.