MKS Stal Sulęcin – MKS Polonia Słubice 1:5

Polen, IV liga lubuska (5. Liga)
Sonntag, 6. Juni 2021, 18 Uhr
Sulęcin, Stadion Miejski

In Sulęcin wartet auf mich nun das 14. Spiel in Polen innerhalb von neun Tagen. Damit ist es amtlich: Ich habe in diesem Zeitraum mehr Spiele in Polen gesehen als zuvor in meinem ganzen Leben. Irre – für meine Verhältnisse. Sulęcin (dt.: Zielenzig; 10.000 Einwohner) unweit der deutschen Grenze ist offen gesagt ziemlich am Arsch und leider lässt sich nicht einmal ein Restaurant finden, in dem wir vor dem Spiel noch einkehren können. Einzige Option scheint das piekfeine Spa-Ressort an den im Norden der Stadt gelegenen Seen zu sein. Schmeckt gut, ist auch nicht so teuer wie gedacht, aber halt nicht das, was man in Polen sucht – schon gar nicht in einer ansonsten völlig heruntergekommenen Stadt wie Sulęcin. Ein bisschen Glamour hatte die Stadt allerdings in den letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkriegs, denn am Bahnhof von Sulęcin versteckten die Nazis den sogenannten Salonwagen Nummer 1 von Kaiser Wilhelm II., der das Wohnzimmer des Sonderzugs des reisefreudigen Monarchen war. Das abgelegene Sulęcin war ein perfektes Versteck und tatsächlich überstand der Waggon den Zweiten Weltkrieg unbeschadet, ehe ihn die Rote Armee im Januar 1945 entdeckte und prompt mit kyrillischer Beschriftung versah. Er stand zunächst der Führung der Roten Armee bei ihren Reisen durch die sowjetische Zone zur Verfügung, wurde dann der DDR übergeben und diente der FDJ als fahrendes Propaganda-Lokal. Heute steht der Salonwagen Nummer 1 des Reisekaisers im Deutschen Technikmuseum in Berlin, wo er bereits seit vielen Jahren restauriert wird. Ein wenig erinnert das Schicksal des Waggons auch an das städtische Stadion in Sulęcin. Stellenweise auf den ersten Blick auch einfach nur Arsch, aber beim genaueren Hinsehen erkennt man noch Reste des alten Stadions aus deutscher Zeit. Eine echt spannende historische Spurensuche. Auch die etwas deplatziert wirkende Kurve, die zwar noch Aufgänge besitzt, aber ansonsten nur ein Graswall ohne Stehstufen ist, könnte aus der Zeit vor 1945 sein. Hinzu kommt eine relativ flache Gerade mit elf Sitzbank-Reihen und – überraschend gut in Schuss – akkurat gepflanzte Sträucher vor der Kurve. Sieht schon alles sehr zusammengewürfelt aus. Viel Leben herrscht auf den Rängen aber nicht. Vielleicht 40 Zuschauer sind gekommen, Gäste aus Słubice (der polnische Teil von Frankfurt an der Oder) sind nicht dabei.