Deutschland, Testspiel
Sonntag, 23. August 2020, 13 Uhr
Herne, Sportplatz am Volkspark
Von einer Arminia geht es weiter zur nächsten Arminia. Ist schon auffällig, wie viele Vereine in Westfalen diesen Namen tragen. Mit Blick auf die Geschichte wundert das allerdings nicht. Gegründet wurden sie in der Regel in der Kaiserzeit (oder kurz danach), also zu einer Zeit, in der Deutschland als geeintes Land noch nicht lange existierte. Die noch junge Nation wollte zusammenwachsen – und dazu gehörte auch, den scharenweise neu entstandenen Vereinen einen Namen zu geben, der dieser nationalistischen Sehnsucht Ausdruck verleiht: Germania, Borussia/Preußen, Teutonia, Alemannia, Eintracht/Concordia oder auch Viktoria. Zur gleichen Zeit entstanden überall in Deutschland monumentale Denkmäler, die die Einigkeit und die gemeinsame Geschichte der Deutschen beschwören sollte, etwa das Deutsche Eck in Koblenz, das Völkerschlachtendenkmal in Leipzig und das Niederwalddenkmal am Rhein. Zu dieser Reihe der wilhelminischen Großdenkmäler gehört in Westfalen das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald nahe Detmold. Das 1875 eingeweihte, gut 50 Meter hohe Denkmal, das bis zur Fertiggestellung der New Yorker Freiheitsstatue das höchste Denkmal der westlichen Welt war, erinnert an die Varusschlacht im Jahr 9 n. Chr., in der die Germanen unter Fürst Arminius die Römer geschlagen hatten. In der Kaiserzeit wurde die Schlacht als Geburtsstunde der deutschen Nation romantisiert, weshalb sich vor allem in Westfalen viele Vereine nach Arminius benannten. Der bekannteste Vertreter, Arminia Bielefeld, wirbt noch heute sehr gerne mit dem Motiv des Hermannsdenkmals. 1999 streifte der Verein dem Denkmal sogar ein überdimensionales Trikot über. Ebenfalls ein Bauwerk aus wilhelminischer Zeit ist der Wasserturm im Herner Stadtteil Sodingen, den wir nun ansteuern. Das auch als Kaiser-Wilhelm-Turm bezeichnete Bauwerk wurde 1913 zum 25. Thronjubiläum von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht und diente einerseits als Aussichtsturm, andererseits für die Wasserversorgung der damals dort stehenden Zeche Mont Cenis. Bereits in den 1930er-Jahren wurde er als Wasserturm nicht mehr benötigt, die Zeche wurde dann 1978 sowieso stillgelegt, dafür machte man aber das Sinnvollste, was man wohl machen kann: Man legte direkt vor den Turm einen Sportplatz an. Die Frage, ob zuerst Turm, Platz oder Verein da war, erübrigt sich schon beim Blick auf das Vereinswappen von Arminia Sodingen, in dem der Turm abgebildet ist. Einen echten Ausbau besitzt der Ascheplatz zwar nicht, allerdings steht der Turm innerhalb des eingezäunten Bereichs des Sportplatzes und dazu direkt am Spielfeldrand, ist für Zuschauer begehbar und muss damit ehrlicherweise als Ausbau hinzugezählt werden. Gewiss nicht Deutschlands größte Tribüne, aber eine der spektakulärsten und mit dem Baujahr 1913 genau genommen auch eine der ältesten.