Sonntag, 21. Juli 2019, 15 Uhr
Pforzheim, Bohrain-Sportpark
Das Spiel, das Pforzheim seit Monaten polarisiert. Der von Fans neu gegründete 1.FC Pforzheim erblickt heute mit seinem allerersten Spiel auch sportlich das Licht der Welt. Noch einmal die Kurzversion: Pforzheim besaß früher mit dem 1.FCP und dem VfR zwei ehemalige Zweitligisten, die sich nicht unbedingt riechen konnten. Der 1.FCP galt als der Arbeiterverein und genoss den wesentlich größeren Zuschauerzuspruch, während der VfR ein wenig der Verein der Oberschicht und der Schmuckindustrie war, der Pforzheim vor dem Zweiten Weltkrieg viel Reichtum verdankte. Da beide Vereine sowohl finanziell als auch sportlich ins Straucheln gerieten, schlossen sie sich 2010 zum 1.CfR Pforzheim (Club für Rasenspiele) zusammen. Der neue Verein genießt in Pforzheim keine große Akzeptanz, auch die kleine Ultras-Szene des 1.FCP löste sich als Reaktion auf die Fusion auf. Man fragte sich lange, warum eigentlich in Pforzheim nicht nach Salzburger oder Leipziger Vorbild der 1.FCP von Fans wieder aus der Taufe gehoben wird, ehe dieser Schritt im Dezember 2018 dann doch vollzogen wurde. Der Rosenkrieg mit dem 1.CfR ließ nicht lange auf sich warten, zumal der neue 1.FCP das Wappen des alten 1.FCP benutzt. Die Rechte daran hatte sich der 1.CfR nie gesichert, der neue 1.FCP hingegen schon. Damit war die Angelegenheit gleich mal ein Fall für die Justiz. Als Spielstätte sicherte sich der neue 1.FCP den Bohrain-Sportpark des TV Pforzheim, dessen Fußballabteilung schon vor einiger Zeit den Geist aufgab. Auf dem mit einer Tribüne ausgestatteten Platz fand also seit Jahren kein Fußball statt. Eigentlich wollte der neue 1.FCP den Bohrain-Sportpark in Arthur-Hiller-Platz umbenennen. Arthur Hiller war der erste Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, 1906 wurde mit ihm der 1.FCP deutscher Vizemeister – der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte. Doch auch da wurden Steine in den Weg gelegt. Mit Spannung wurde erwartet, wen der neue 1.FCP als ersten Testspielgegner aus dem Hut zaubert. Gemunkelt wurde, es könnte Lokomotive Leipzig sein, dessen Vorgängerverein VfB Leipzig der Pforzheimer Gegner im Finale von 1906 war. Ebenfalls im Rennen war wohl die zweite Mannschaft des Karlsruher SC, die jüngst von Ultras und Mitgliedern der Fanszene wiederbelebt wurde. Schlussendlich ist es der VfR Heilbronn, dessen Chronik verblüffende Ähnlichkeiten mit der des 1.FC Pforzheim aufweist. Auch der VfR Heilbronn war einst ein Zweitligist, der in einer ungeliebten Fusion aufgegangen ist. Nach einer weiteren Fusion nennt sich das dortige Konstrukt nun FC Union Heilbronn und stößt auf ähnlich geringe Akzeptanz wie der 1.CfR Pforzheim. In Heilbronn ergriff daher Anfang 2018 der sogenannte goldene Jahrgang die Initiative. Jener A-Jugend-Jahrgang gewann 1996 völlig überraschend den DFB-Pokal und fühlt sich noch heute stark mit dem VfR verbunden. Der Verein wurde neu gegründet und ging in der Kreisliga B wieder an den Start. Entscheidender Faktor: Der neue VfR sicherte sich das große Frankenstadion als Spielstätte, zu dem das Heilbronner Fußballpublikum eine hohe Bindung hat. Stellenweise spielte der VfR Heilbronn in der Kreisliga B vor über 500 Zuschauern und wurde prompt Meister. Zudem gaben die Heilbronner dem neuen 1.FC Pforzheim Hilfestellung beim Gründungsprozess, weshalb der VfR schlussendlich wohl auch der ideale Gegner für das erste Spiel ist. Mit Spannung wird vor allem die Zuschauerzahl bei diesem ersten Spiel erwartet. Zwischenzeitlich kursierte mal die Zahl 1.200 durch die Gegend, womit der neue 1.FCP bei einem Testspiel dreimal so viele Zuschauer hätte wie der 1.CfR in der Oberliga. Der 1.FCP selber hielt den Ball flach und bekräftigte, dass schon 500 Zuschauern ein Erfolg wären. Letztendlich sind es offiziell 550, also gut 100 mehr als der Oberliga-Schnitt beim 1.CfR. Erheblichen Anteil daran hat allerdings der VfR Heilbronn, der kräftig mobilisiert hatte und mit weit über 100 Leuten nach Pforzheim gekommen ist. Und natürlich: Eine gut zweistellige Zahl an Hoppern ist ebenfalls anwesend. Insgesamt hat das Spiel eher etwas von Klassentreffen. Es herrscht eine durchweg freundschaftliche Atmosphäre, manch einer hat sein altes Trikot vom 1.FC Pforzheim ausgepackt, dazu hängen einige Zaunfahnen beider Vereine. Geplant war wohl wesentlich mehr, wie die vorbereiteten blauen und weißen Fähnchen in der Ecke verraten, die dann aber doch nicht zum Zuge kommen. Auch sieht man hier und dort Pyrotechnik aus der Tasche gucken, die aber dort bleibt bleibt. Trotzdem: Der Anfang ist gemacht und es wird höchst spannend, wie sich der neue 1.FCP entwickeln wird.