Mittwoch, 5. Juni 2019, 19 Uhr
Alzenau, Sportzentrum am Prischoß – Platz 2
Der selbsternannte FC Bayern der Oberliga Baden-Württemberg hat den direkten Wiederaufstieg in die Regionalliga Südwest verpasst und muss nun in einer Relegationsrunde gegen die Vizemeister der Oberligen Rheinland-Pfalz-Saar und Hessen antreten. Am letzten der drei Spieltage wartet dort auf die Kickers ein richtiger FC Bayern, auch wenn der kurioserweise Hessen vertritt. 2:2 haben sich der FC Bayern Alzenau und der SV Röchling Völklingen am ersten Spieltag getrennt und über ein 1:1-Unentschieden kamen die Kickers auch am zweiten Spieltag nicht gegen die Saarländer hinaus. Heißt also: Der Sieger des letzten Spieltags steigt in die Regionalliga auf. Hinzu kommt aber die besondere Konstellation, dass die drei teilnehmenden Vereine nicht in einem Hin- und Rückspiel gegeneinander antreten, sondern gegen einen Gegner nur zu Hause und gegen den anderen nur auswärts. Dennoch kommt bei einem erneuten Unentschieden nicht die Auswärtstor-Regelung zum Zug, sondern die Summe der geschossenen Tore zählt. Da die Alzenauer 2:2 in Völkingen spielten, würde ihnen gegen die Kickers ein Unentschieden von mindestens 1:1 reichen, während bei einem 0:0 Völkingen weiter wäre. Die Kickers wiederum müssen so oder so gewinnen. Kleiner Fun Fact: Gehen alle Spiele 1:1 aus, entscheidet der Münzwurf über den Aufstieg. Bei so einer seriösen Veranstaltung darf ich nicht fehlen, zumal sich ein Auto mit feiner Old-School-Besatzung auf den Weg an die bayrisch-hessische Grenze macht, in dem ich noch einen Platz ergattern kann. Motivierend wirkt obendrauf, dass der FC Bayern Alzenau inzwischen auf den Nebenplatz des Stadions am Prischoß gezogen ist, wo ein Ausbau samt Tribüne entstanden ist. Die Kapazität des eigentlichen Stadions ist zwar immer noch höher, trotzdem entscheiden sich die Alzenauer, das Aufstiegsspiel trotz des zu erwartenden Zuschauerandrangs auf Platz 2 auszutragen. Soll mir recht sein, denn der fehlt mir noch. 2.500 Zuschauer sind es schlussendlich, das entspricht auch exakt der Kapazität des Platzes, womit das Spiel offiziell ausverkauft ist. Darunter sind etwa 700 Stuttgarter, von denen einige auch im neutralen Bereich stehen. Auf den ersten Blick klingt das nicht viel, allerdings findet das Spiel an einem Werktag statt und dann ist da natürlich noch der Frust über die völlig verkorkste Saison. Während man in Alzenau den Aufstieg als kleines Wunder feiern würde, gilt er in Stuttgart als das Mindeste. Die Relegation wird also eher als Scham empfunden. Dennoch ist der Support im viel zu kleinen Gästeblock phasenweise recht motiviert und laut, lässt aber immer mehr nach, als klar wird, dass die Kickers hier tatsächlich den Karren gegen die Wand fahren. Ein neuer Tiefpunkt in der Vereinsgeschichte. Das arrogante Auftreten der Ersatzspieler, die sich beim Aufwärmen mit normalen Alzenauer Zuschauern anlegen, tut das Übrige dazu. Die Kickers sind wirklich der FC Bayern der Oberliga – aber eben nicht sportlich, sondern nur in Sachen Überheblichkeit und Arroganz. Da wir uns hier auf bayrischem Boden befinden, ist natürlich auch massiv Polizei anwesend, darunter eine USK-Einheit in voller Montur. Es sieht eigentlich danach aus, als würde die heute nichts zu tun bekommen, weil der leidgeprüfte Kickers-Anhang fast schon gleichgültig auf den Nichtaufstieg reagiert. Daran ändert zunächst auch die Tatsache nichts, dass die Gastgeber nach Abpfiff die Tore zum Innenraum öffnen und viele Zuschauer auf den Rasen strömen. Ein kleiner Trupp von vier Jugendlichen, der schon während dem Spiel dauerhaft gegen die Kickers pöbelt, provoziert dann aber doch noch etwas Bewegung im Gästeblock, als rotzfrech von der Strafraumgrenze aus in Richtung Gästeblock gestikuliert wird. Dauert exakt drei Sekunden und schon steht das USK bereit, um doch noch etwas Frust abzulassen. Fast schon surreal, dass genau in diesem Moment auf der anderen Seite des Spielfelds ein Schlager-Duo loslegt und „Rote Sonne von Barbados“ singt. Die Aufstiegsparty des FC Bayern Alzenau beginnt.