TPS Winogrady – Warta II Poznań 2:1

Polen, IV liga wielkopolska (5. Liga)
Samstag, 29. Mai 2021, 12 Uhr
Poznań, Boisko TPS Winogrady
 

Von Polen liest man hier fast gar nichts – und das hat auch einen einfachen Grund: Ich kann mit unserem nordöstlichen Nachbarland nicht viel anfangen. Das gilt eigentlich gar nicht mal so sehr für Land und Leute an sich, auch wenn Polen das bislang einzige Land ist, in dem ich so richtig plumpe anti-deutsche Erfahrungen gemacht habe und man mich mal nur aufgrund meiner Nationalität vom Hof gejagt hat. Wobei ich klar sagen muss: Bei meinen bislang gut zehn Spielbesuchen in Polen bin ich überwiegend auf freundliche Menschen gestoßen. Positive Begegnungen waren absolut in der Überzahl. Nein, es ist die Fankultur, mit der ich nichts anfangen kann. Polen ist für mich auf den Rängen das Anti-Italien – und damit genau das, was ich nicht sehen und hören will. Aber Corona sorgt ja für völlig seltsame Wendungen in unserem Leben und so kommt es, dass es mich tatsächlich noch einmal nach Polen verschlägt. Warum das so ist, ist schnell erklärt: Östlich von Oder und Neiße wird von ganz oben bis ganz unten der Ligabetrieb fortgesetzt – praktisch ohne irgendwelche Auflagen. Das ist natürlich besser als Jugendfußball in der Schweiz oder Frauenfußball in Deutschland. Und wenn wir ehrlich sind: Unterklassig ist Polen ja nicht viel anders als Tschechien – also höchst akzeptabel. Die Prämisse lautet somit: Allzu hochklassig sollte es nicht sein, was wir uns an diesem Wochenende in Polen anschauen. Im Idealfall alles völlig ohne Fankultur. Perfekt ins Raster passt da gleich das erste Spiel dieser Tour, das uns in den Posener Stadtteil Winogrady führt. Der Name klingt beinahe mediterran und weist auf Weingärten hin, die sich hier früher befunden haben sollen. Also doch kein Anti-Italien? Denkste, denn von Weingärten ist heute keine Spur mehr. Winogrady ist Polen pur, ein allerfeinstes Plattenbauviertel. Etwas versteckt in einem Park zwischen den Blöcken befindet sich auch der unscheinbare Sportplatz des örtlichen Fünftligisten, der nur eine kleine Stahlrohrtribüne und ein paar vereinzelte Plastiksitze besitzt, aber natürlich auch einen amtlichen polnischen Gästekäfig. Gespannt bin ich, welche pandemiebedingten Hürden es am Eingang zu überwinden gilt. In den vergangenen drei Stunden haben wir Polen im Vergleich zu Deutschland schon mal als wesentlich gelassener kennengelernt. Den für die Einreise vorgeschriebenen Antigen-Test will niemand sehen, zumal am Autobahn-Grenzübergang bei Frankfurt/Oder weit und breit keine Spur von polnischer Polizei ist. Und im Supermarkt sind gar nicht mal so wenige Leute ohne Maske unterwegs. Bevor ich jetzt einen blauen Brief von Karl Lauterbach bekomme: Die Inzidenz ist in Polen deutlich niedriger als in Deutschland. Ob das nun beweist, dass die Maßnahmen gar nicht so viel bringen, oder ob einfach aufgrund der niedrigen Inzidenz in Polen keine strenge Umsetzung von Maßnahmen notwendig ist, soll jeder für sich selbst entscheiden. Bei so einem relativ lässigen Umgang mit der Pandemie wundert es jedenfalls nicht, dass man am Eingang des Sportplatzes einfach gar nichts von uns wissen will. Ist ja fast so schön wie in der Schweiz hier. Allerdings sind Zuschauer bis zu einer gewissen Grenze in Polen auch ganz offiziell zugelassen. Ob da aber wirklich einer die Zuschauer zählt und beim Erreichen der Kapazitätsgrenze das Tor verschließt, wage ich zu bezweifeln. Hier in Winogrady steht nicht mal ein Ordner am Eingang, es wird auch kein Eintritt verlangt. Man stellt lediglich eine Spendenbox auf einen Stuhl, in die jeder je nach Gusto Geld schmeißen kann. Ich muss schon sagen: Bislang alles sehr cool in Polen.