Union Minden II – TuS Victoria Dehme 3:5

Deutschland, Kreisliga A Minden – Staffel 2 (9. Liga)
Sonntag, 20. September 2020, 12 Uhr
Minden, Weserstadion 

Minden (80.000 Einwohner) unterscheidet sich historisch und kulturell sehr vom restlichen Westfalen und teilweise auch vom restlichen Ostwestfalen. Das hat einerseits damit zu tun, dass Minden schon sehr früh ein Teil von Preußen wurde – zu einer Zeit, als dort noch kein König und erst recht kein Kaiser, sondern nur ein kleiner Kurfürst regierte. Noch heute finden sich in der Stadt einige Relikte und Denkmäler, die an die frühe Zugehörigkeit zu Preußen erinnern. Vor allem aber war es die Lage an der Weser, die Minden prägte. Entlang der Weser bis hinauf nach Bremen entstand ein eigener, hanseatisch geprägter Kulturraum. Auch das kann man heute noch im Mindener Stadtbild ablesen. Zum einen sind da zum Beispiel die vielen Aufkleber von Werder Bremen, die zeigen, dass man sich hier eher nach Norden orientiert. Zum anderen gilt Minden als berühmter Vertreter der Weserrenaissance. Gemeint sind damit die Bauwerke, die zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg entstanden sind. An der Weser war dies eine Zeit des Wohlstandes, in der der Handel eben dank der Weser florierte. Entsprechend pompös wurden die Häuser gebaut. Der Dreißigjährige Krieg ließ den Handel dann aber abrupt zusammenbrechen, wovon sich die Weserregion lange nicht erholen konnte. Die Folge war große Armut, was städtebaulich für einen positiven Effekt sorgte. Denn: Weil in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg das Geld für Neubauten fehlte, riss man entlang der Weser nicht wie anderswo die Renaissance-Bauten ab. Sie sind somit bis heute in außergewöhnlich hoher Zahl erhalten geblieben. Für wirtschaftlichen Aufschwung sorgte schließlich die Eisenbahn. 1843 gründete sich die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft, die mit der Strecke von Köln nach Minden eine der ersten und wichtigsten Bahnstrecken Deutschlands baute. Hintergrund war, dass das Rheinland durch den Wiener Kongress 1814/15 preußisch wurde und nun wirtschaftlich stärker an Preußen angebunden werden sollte. Konkret wollte man verhindern, Waren nicht mehr über den Rhein und die Niederlande zu verschiffen, sondern über die norddeutschen Häfen – was im Bau des Wasserstraßenkreuzes gipfelte. Minden profitierte damit sozusagen wieder von seiner historischen Bindung an den hanseatischen Raum. Übrigens: Noch heute beginnt der RE6, der NRW einmal von Südwest nach Nordost durchfährt, in Köln und endet in Minden. Nach dem Bau der Eisenbahn siedelten sich viel Industrie in und um Minden an, wo man seinen zweiten Frühling erlebte. Eine Unternehmensgeschichte, die gut in diese Zeit passt, ist die der Brauerei Barre aus Lübbecke, mit dem Minden seit 1973 einen gemeinsamen Landkreis bildet. Gegründet 1842, entdeckte Barre auf ganz besondere Weise die alten Verbindungen in den Norden für sich: Die Brauerei belieferte mit ihrem Bier die Luxusdampfer der Norddeutschen Lloyd (Vorgänger von Hapag Lloyd). Heute kaum vorstellbar, dass man während der noblen Seereisen nach New York, Baltimore und New Orleans das jetzt nur noch regional bekannte Barre trank. In die Schlussphase dieser blühenden Zeit fällt der Bau des Weserstadions, das 1928 eröffnet wurde. Die Tribüne mit ihrem sehr sehenswerten Holzdach steht noch immer und glücklicherweise inzwischen unter Denkmalschutz, wodurch Minden groundmäßig zur deutschen Elite gehört. Solche fast 100 Jahre alten Tribünen gibt es nicht mehr viele, schon gar nicht in einem so guten Zustand. Auch die anderen Seiten des Spielfelds verfügen über einen Ausbau, zwar neueren Datums, aber daraus ergibt sich die ganz stattliche Zuschauerkapazität von 6.800. Früher waren es einmal mehr, denn der Zuschauerrekord liegt bei 18.000. Aufgestellt wurde er 1970 beim Endspiel der Feldhandball-Bundesliga. Im Fußball liegt der Rekord bei 5.500 Zuschauern, die 2004 zum Testspiel zwischen Werder Bremen und Trabzonspor kamen – auch da haben wir wieder die historische Verbindung nach Bremen, die es im restlichen Ostwestfalen so nicht gibt. Der Mindener Fußball selbst hätte solch ein Stadion nicht gebraucht. Erfolgreichster Verein war die Mindener Spvgg, die aber nie über ein fünf Jahre langes Gastspiel in der damals drittklassigen Verbandsliga Westfalen hinauskam. 1992 fusionierte sie mit dem SC und dem VfL Minden zu Union Minden. Zeitweise spielte der neue Mindener Großverein in der Landesliga, ist inzwischen aber bis in die Kreisliga A abgestürzt. Da ist es also nicht ganz so schlimm, wenn wir uns nur ein Spiel der zweiten Mannschaft anschauen, die ja auch in der Kreisliga A spielt. Erschreckend wenig ist bei ihr los, keine zehn Zuschauer kommen. Aber dann kann man wenigstens in aller Ruhe alle Ecken des Weserstadions erforschen. Und das lohnt sich wirklich.