Deutschland, Bezirkspokal Nördlicher Schwarzwald (3. Runde)
Mittwoch, 29. September 2021, 18.30 Uhr
Horb, Manfred-Volz-Sportpark
Mehrere Jahre lang habe ich in Horb gearbeitet und bin in dieser Zeit fast täglich am Manfred-Volz-Sportpark vorbeigefahren. Machen konnte ich ihn nie, denn er ist ein klassischer Non-League-Ground. Eigentlicher Hausherr ist der ASV Horb, der aber keine Fußballabteilung mehr hat. Die war in den 50ern und 70ern mehrfach in der 2. Amateurliga (4. Liga) vertreten, geriet dann auf den absteigenden Ast und gliederte sich im Jahr 2000 aus dem Hauptverein aus. Seitdem macht man eigenständig als FC Horb weiter. So hieß der Verein übrigens auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Spielort des FC Horb ist aber – und so war das auch schon vor 2000 unter dem Dach des ASV – das Städtische Stadion, das genau am anderen Ende der Stadt liegt. Da es dort aber kein Flutlicht gibt, finden Training und Abendspiele auf dem ASV-Gelände statt. Nur: In der Kreisliga B hat man quasi keine Abendspiele. Im Bezirk Nördlicher Schwarzwald ist das im Normalfall nur im Bezirkspokal und dort erst ab der zweiten Runde möglich. Die muss man als B-Ligist allerdings erst einmal erreichen – und dann auch noch ein Heimspiel ausgelost bekommen. Kurzum: Der Manfred-Volz-Sportpark (benannt nach einem langjährigen Gönner des Vereins) ist kaum zu machen. Das wurmt mich ganz besonders, eben weil ich ihn jahrelang immer direkt vor der Nase hatte. Als vor Jahren dort mal wieder ein Spiel stattfand, wollte ich sogar eine Tour abbrechen, um nach Horb zu fahren. Das zeigt, was mir dieser Ground bedeutet. Währenddessen wirft in Horb ein Großprojekt seine Schatten voraus: die Hochbrücke. Sie ist seit Jahrzehnten geplant, um die im Neckartal liegende Innenstadt verkehrsmäßig zu entlasten. Der Dauerstau ist hier ein echtes Problem, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Es ist alles nun mal viel zu eng. Eine Brücke soll den überregionalen Verkehr dann über das Tal hinweg leiten. Problem: Einer der Brückenpfeiler soll genau dort hinkommen, wo jetzt noch der Manfred-Volz-Sportpark steht. Da die Brücke schon seit Jahrzehnten geplant wird, aber sich irgendwie nichts getan hat, rechnete ich nicht damit, dass das Ding tatsächlich mal gebaut wird. Zwischenzeitlich hieß es sogar mal, die Stadt Horb, die als die FDP-Hochburg Baden-Württembergs oder sogar ganz Deutschlands gilt (Heimatstadt von Partei-Ikone Michael Theurer; am Sonntag kam die FDP bei der Bundestagswahl in Horb wie üblich auf über 20%), wolle die Hochbrücke komplett aus eigener Tasche bezahlen und die Baukosten über eine Maut wieder reinholen, weil sich nichts tat. Auf so eine Idee können echt nur Turbo-Kapitalisten kommen. Nun ist der Startschuss für den Bau der Brücke aber erfolgt. Bis 2025 soll sie stehen, nächstes Jahr beginnt der Bau der Pfeiler. Wenn der Zeitplan eingehalten wird, dann heißt das: Das heutige Pokalspiel wird höchstwahrscheinlich das letzte Spiel im Manfred-Volz-Sportpark sein – sofern der FC Horb nicht die nächste Runde erreicht und dort wieder ein Heimspiel. Da werden meinerseits natürlich alle Planungen über Bord geworfen – heute ist der Ground endlich fällig! Und irgendwie ja eine saugeile Konstellation, dass der sportliche Ausgang eines Spiels darüber entscheidet, ob ein Ground noch mal bespielt wird. Vorher noch ein kleiner Spaziergang durch meine alte Wirkungsstätte (nur die Kneipen brummen, ansonsten immer mehr Leerstand), dann hinein ins Vergnügen. Spektakulär ist der Manfred-Volz-Sportpark nicht: ein paar Stufen vorm Vereinsheim, eine schöne Lage im Neckartal und eine "Cafeteria"-Beschtiftung an der Fensterscheibe, die man so heute auch nicht mehr draufpinseln würde. Aber das hier ist ein emotionaler Wert. Auf den letzten Metern bin ich doch noch am Ziel angekommen. Fast sieht es so aus, als würde es doch noch ein weiteres Spiel geben, denn der FC Horb wird gegen Ende des Spiels richtig stark, doch der 1:4-Rückstand kann gegen die Gäste aus Jürgen Klopps Heimatort Glatten nicht mehr ganz aufgeholt werden. Der Ausgleich gelingt nicht, das Flutlicht hat damit zum letzten Mal ein Spiel beleuchtet. Noch mal das Stankett streicheln, dann Abschied nehmen. Ade, Manfred-Volz-Sportpark.