Samstag, 9. November 2019, 15 Uhr
Albufeira, Estádio Municipal
Während der Europameisterschaft 2004 weilte auch ich für ein paar Tage im Gastgeberland Portugal, wo ich ein besonders prägendes Erlebnis in Albufeira hatte. Die Algarve im äußersten Süden Portugals ist seit Urzeiten fest in der Hand von britischen Touristen und Albufeira ist so etwas wie ihr Ballermann. Am Morgen des 21. Juni 2004 setzten wir uns in Faro, wo wir am Vorabend die Partie zwischen Russland und Griechenland gesehen hatten, in den Zug und fuhren nach Coimbra zur Partie Schweiz gegen Frankreich. Auf dem Weg dorthin liegt Lissabon, wo am gleichen Tag Kroatien auf England treffen sollte. Bei der Abfahrt in Faro lief alles noch relativ normal, ehe der Zug dann in den Bahnhof von Albufeira einfuhr. Ich erinnere mich noch heute an den Bahnsteig, auf dem derart viele besoffene Engländer standen, dass diese auf der anderen Seite schon wieder herunterpurzelten. Die nun folgende Fahrt nach Lissabon werde ich nie vergessen. Höhepunkt: Bereits nach wenigen Minuten wurde die Kabine des Schaffners gekapert, was bis nach Lissabon für völlig wahnwitzige Lautsprecherdurchsagen sorgte. Gut 15 Jahre später gibt es für mich ein Wiedersehen mit Albufeira, diesmal allerdings unter völlig anderen Umständen. Auf dem Weg dorthin geht es über die riesige, schon von Weitem sichtbare Puente Internacional del Guadiana, die Spanien mit Portugal verbindet – der südlichste Grenzübergang Europas. Falls jetzt jemand mit Zypern ums Eck kommt: Zypern liegt in Asien, nicht in Europa. Gleich hinter der Brücke müssen alle Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen die Autobahn verlassen, um sich für das portugiesische Maut-System zu registrieren. Geht ganz einfach an einem Drive-In-Schalter: Kennzeichen eintippen, Kreditkarte reinschieben und dann wird die Streckenmaut ganz einfach automatisch per Videokamera abgebucht. Für den Fahrer und Tour-Chef beginnt damit auch ein Samstag voller Nervenkitzel im Straßenverkehr, denn leider hatte er ganz zufällig vergessen, die Fahrt nach Portugal bei der Mietwagenfirma anzugeben. Heißt also: Die Maut wirklich brav bezahlen und bloß keinen Strafzettel kassieren. Mit dem Grenzübertritt werden gleichzeitig die Uhren eine Stunde zurückgestellt, denn Portugal befindet sich in einer anderen Zeitzone als Spanien. Mit Blick auf die Landkarte macht das zwar absolut keinen Sinn, warum nicht die gesamte iberische Halbinsel in der gleichen Zeitzone ist, aber immerhin bekommen wir so eine Stunde Zeit geschenkt, die sich in Albufeira prima investieren lässt. Die Stadt ist nicht umsonst der Tourismus-Magnet an der Algarve, auf die 30.000 Einwohner kommen jährlich 300.000 Touristen – wie erwähnt meist Engländer. Albufeira liegt auf einem Felsen über einem wunderschönen Strand und scheint einfach nur für den Reisekatalog gemacht zu sein. So traumhaft, dass es schon fast künstlich wirkt. Ein wenig aus dem Rahmen fällt lediglich die Rolltreppe, die den Touristen den Zugang zum Strand erleichtern soll. Sehr schön ist auch die Innenstadt von Albufeira mit ihren engen Gassen und komplett weiß angestrichenen Gebäuden, die aufgrund der vielen Pubs aber auch ein bisschen britisch wirkt. Das wird noch einmal dadurch verstärkt, dass heute Samstag ist und überall britischer Fußball im Fernsehen gezeigt wird, während nicht wenige Touristen mit entsprechenden Trikots rumlaufen. Jetzt im November besteht das Publikum zwar überwiegend aus britischen Rentnern, aber auch die stehen ihren jüngeren Landsleuten zumindest in Sachen Trinkfreudigkeit ins nichts nach. Sehr lustig zu sehen, wie einer noch eine Stunde zuvor gänzlich nüchtern im Derby-County-Trikot durch die Gassen geschlendert ist und nur 60 Minuten später schon volltrunken in einer Bar am Tisch hängt und herumgrölt. Reife Leistung. Auch wir wollen heute Fußball in Albufeira sehen, allerdings nicht Premier League im TV, sondern das Original im Estádio Municipal. In Portugal werden die obersten drei Ligen zentral von der FPF organisiert wird, sind darunter die lokalen Verbände der 18 Distrikte Portugals zuständig. Kurzer Ausflug in die portugiesische Verwaltungspolitik: Die 18 Distrikte (analog zu unseren Landkreisen) sind in sieben Regionen (analog zu unseren Bundesländern) zusammengefasst. Fünf Regionen befinden sich auf dem europäischen Festland, hinzu kommen Madeira und die Azoren, die jeweils eine eigene Region bilden. Die flächenmäßig überschaubare Algarve ist mit 440.000 Einwohnern die zweitkleinste Region von Festlandportugal, weshalb sie auch nur aus einem einzigen Distrikt besteht. Aufgrund der geringen Größe kommt die Algarve mit zwei regionalen Ligen für die insgesamt nur 26 Vereine aus. Zum Vergleich: In Lissabon und Porto sind es jeweils vier regionale Ligen. Die Algarve zu komplettieren ist also gar nicht so schwer. In diesen Niederungen angekommen ist inzwischen auch der Imortal Desportivo Clube aus Albufeira, der 2001 noch in der 2. Liga spielte, nach einem Konkurs aber 2008 in der untersten Liga neu starten musste und es seitdem nicht mehr zurück nach oben geschafft hat. Durchaus für höhere Aufgaben geeignet wäre das ein ganzes Stück von der Innenstadt entfernte Stadion, dem man schnell anmerkt, dass in der Stadt Kohle vorhanden ist.