Samstag, 7. Juli 2018, 12 Uhr/15.30 Uhr
Nagold, Mohawks Park
Es soll einmal ein Sommer so ganz ohne dumme
Fußball-Testspiele werden. So ganz ohne Sport geht es jedoch nicht,
also muss in der ganz schlimmen Saure-Gurken-Zeit, in der selbst in
Bayern noch keine adäquaten Pokal-Spiele auszumachen sind, eine
andere Sportart herhalten. Ich muss ehrlich zugeben: Der Besuch bei
den New York Mets vor gut einem Jahr (hier nachzulesen) hat mir
richtig gut gefallen. Da passt es gut, dass es mit den Nagold Mohawks
seit dieser Saison einen Baseball-Zweitligisten in der Nähe gibt.
Natürlich kann man Baseball in den USA und in Deutschland nicht
ansatzweise miteinander vergleichen. Das beginnt schon beim Spielmodus: Da
Baseball hierzulande eine absolute Randsportart ist und die Budgets der Teams
klein sind, finden in der 2. Bundesliga immer gleich zwei Partien
hintereinander statt. Sportlich gesehen ist das völlig irre, weil
auch die Kader klein sind und somit eigentlich gar nicht das Personal für zwei
aufeinanderfolgende Spiele vorhanden ist. Besonders gut kann man das
am Pitcher festmachen – also der Typ, der auf dem etwa 30
Zentimeter hohen Hügelchen steht und dem Schläger der gegnerischen
Mannschaft möglichst kompliziert die Bälle zuwirft, damit dieser den Ball nicht trifft. Bei den
US-Profiteams ist das die am häufigsten besetzte Position. Es gibt
Pitcher für jede erdenkliche Spielphase, die meist nur dann zum
Einsatz kommen, wenn eine bestimmte Konstellation eingetreten ist.
Liegt also die Mannschaft im vierten oder fünften Inning hinten,
wird ein Pitcher eingewechselt, der psychologisch nur darauf geschult
ist, in dieser Situation zu spielen. Führt die Mannschaft hingegen in dieser
Phase, kommt er das ganze Spiel über nicht zum Einsatz. Solche Sperenzchen
können sich deutsche Baseball-Teams natürlich nicht erlauben. Die
können froh sein, überhaupt eine Mannschaft zusammenzubekommen. So
gibt es im Kader der Nagold Mohawks nur einen einzigen etatmäßigen
Pitcher. Für den ist es völlig unmöglich, zwei Spiele am Stück
durchzuspielen, denn schon nach nur einem Spiel hängt der Arm
durch. Im zweiten Spiel rücken also andere Spieler auf die
Pitcher-Position, bei denen nach sechs, sieben misslungenen Bällen
die Nerven flattern. Man sagt: Baseball spielt sich zu 80 Prozent im
Kopf ab. Es geht hauptsächlich darum, Fehler möglichst schnell zu
verarbeiten. Dass das auf einer fremden Position nicht so einfach
ist, lässt sich schon am Ergebnis ablesen: Das erste Spiel verlieren
die Mohawks mit ihrem etatmäßigen Pitcher nur knapp mit 3:4, das
zweite Spiel wird mit positionsfremden Pitchern klar mit 5:16
verloren. Die Niederlage gegen die Karlsruhe Cougars (stilecht mit
Baden-Fahne auf dem Trikot) wäre vermutlich noch höher ausgefallen,
aber wenn ein Team nach fünf Innings mit mehr als zehn Punkten
Vorsprung führt, wird das Spiel vorzeitig abgebrochen. Zu diesem
Zeitpunkt ist es bereits nach 17 Uhr – womit mehr als fünf Stunden
seit Beginn des ersten Spiels vergangen sind. Beim Baseball muss man
also Zeit mitbringen, die sich bei den Mohawks aber ganz gut
verbringen lässt. Man merkt, dass eine sehr familiäre Atmosphäre
in dem 1996 gegründeten Verein herrscht und die Mitglieder Bock
haben, etwas zu bewegen und möglichst amerikanisches Flair zu
erzeugen. Dabei profitiert man davon, dass sich der Mohawks Park in
einer ehemaligen Kaserne der Bundeswehr befindet und man die noch
vorhandene Infrastruktur nutzen kann. So hat man die frühere ABC-Halle im Stile eines American Diner zum Vereinsheim umgebaut. Bei
Heimspielen brutzelt dort auch der Burger-Grill. Marke Eigenbau sind
auch die Tribünen, die für Fußball-Romantiker ein ganz besonderes
Schmankerl bereithalten: Die Sitzbänke standen früher im
Stuttgarter Neckarstadion. Als diese dort 2001 abmontiert und durch
rote Plastiksitze ersetzt wurden, sicherten sich die Mohawks ein
paar Exemplare und installierten sie in ihrem eigenen Stadion.