Mittwoch, 11. April 2018, 19 Uhr
Straßberg im Zollernalbkreis, Schmeienstadion
Es klafft da eine eklatante Lücke in der
württembergischen Ground-Sammlung und die nennt sich: Landesliga,
Staffel 4. Die umfasst weite Teile des von 1947 bis 1952 bestehenden
Bundeslandes Württemberg-Hohenzollern, dessen Landeshauptstadt
Tübingen war und das sich dann mit Baden-Württemberg vereinigte, sowie
den bayrischen Landkreis Lindau, dessen Vereine sich ausnahmslos dem
Württembergischen Fußballverband angeschlossen haben. Das ist
übrigens ein Relikt von eben jenem Bundesland
Württemberg-Hohenzollern, zu dem damals auch der Landkreis Lindau
gehörte. Als 1952 Baden-Württemberg gegründet wurde, wechselte der
Landkreis nach Bayern, die Fußballvereine blieben aber beim WFV. So
viel zur Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zur
Gegenwart des württembergischen Fußballs kann man hingegen zusammenfassen: Diese Staffel 4 liegt völlig am Arsch der Welt.
Rekordhalter ist momentan der bereits an den
Bregenzerwald angrenzende FV Rot-Weiß Weiler, der mehr als 200 km
von Stuttgart entfernt liegt – für Landesliga eine echte
Hausnummer. In der anderen Himmelsrichtung ist es die exakt gleiche
Entfernung bis nach Frankfurt. Da so langsam aber die Ziele im
heimischen Württemberg ausgehen, muss sich so langsam mal ernsthaft
mit der Staffel 4 beschäftigt werden. Noch relativ human zu
erreichen ist Straßberg auf der Schwäbischen Alb, das bereits auf
beachtlichen 682 Metern Höhe gelegen ist. Im Vorfeld sickerte
schon durch, dass die Leute in Straßberg etwas speziell sind. Das
merkt man auch daran, dass man sich trotz seiner nur 2500 Einwohner
bis heute nicht eingemeinden lässt und noch immer eigenständige
Kommune ist. Rustikal geben sich die einheimischen Zuschauer auch im
sympathisch unterhalb der Burg Straßberg gelegenen Schmeienstadion. Besonders eine Gruppe fällt schnell auf, die stets einen Kasten Bier vor sich stehen hat
und gelegentlich ein paar (einfache) Lieder anstimmt. In der
Schlussphase sorgt die Truppe dann für einen Glanzmoment. Zunächst
muss der TSV Straßberg in der zweiten Minute der Nachspielzeit den
Treffer zum 2:3-Rückstand hinnehmen. Der Torschütze der Gäste
verlagert seinen Torjubel rotzfrech genau vor die Jungs, zieht
hämisch sein Trikot aus und hält es ihnen super-provozierend aus
fünf Metern Entfernung entgegen. Die Situation ist kurz vorm
Eskalieren, die ersten Straßberger stehen schon auf der Tartanbahn,
ehe die Gastgeber vom Anspiel weg – nun in der dritten Minute der
Nachspielzeit und mit dem Schlusspfiff – prompt das 3:3 erzielen. Und was machen die
Straßberger auf den Stehrängen? Ziehen ihre Jacken aus und halten
sie in der gleichen Pose dem jetzt am Boden zerstörten Torschützen
vom SV Weingarten hämisch entgegen. Selten so gelacht!