Mittwoch, 14. März 2018, 19 Uhr
Ostfildern, Kunstrasenplatz der Sportschule Ruit
Schon das dritte Kickers-Spiel
innerhalb von nur acht Tagen – wird da etwa die alte Liebe
wiederentdeckt? Negativ, denn da müsste innerhalb von Verein und
Kurve so manche 180-Grad-Wende vollzogen werden, bevor eine
ernsthafte Rückfall-Gefahr entsteht. Heute aber führt gar kein Weg
an den Blauen vorbei, denn nur so lässt der Kunstrasenplatz der
Sportschule Ruit mit einem offiziellen Testspiel machen. Anlass für
diese ungewöhnliche Ansetzung mitten in der Saison ist die
Deutschland-Tour einer Jugendauswahl aus der japanischen Präfektur
Hyogo, die in diesen Tagen in Stuttgart weilt (und dann weiter in Richtung Hoffenheim zieht). Gestern wurde ein
Testspiel gegen die U19 des VfB im Robert-Schlienz-Stadion angesetzt,
das die Roten knapp mit 1:0 gewannen, heute folgen die Blauen auf
wesentlich interessanterem Terrain, denn den Platz hier kann man nur
ganz selten machen. Die 1948 gegründete Sportschule Ruit, die im
gleichnamigen Stadtteil von Ostfildern direkt an der Stuttgarter
Stadtgrenze liegt, ist quasi der Mittelpunkt des Sports in
Württemberg. Fußballtrainer müssen hier ihre Prüfungen ablegen,
um ihre Lizenzen zu erhalten, zudem gehen auf dem 16,5 Hektar großen
Campus die deutschen Nationalmannschaften von U15 bis U21 sowie
sämtlicher Bundesliga-Nachwuchs ein und aus. Auch für andere
Sportarten ist die Sportschule Ruit die Zentrale in Württemberg –
vom Beach-Volleyball bis zum Trampolinspringen. Hinzu kommen 110
Zimmer, in denen die Olympiasieger von morgen wohnen können – und
momentan auch die Hyogo-Auswahl. Die Anreise funktioniert denkbar
einfach, zumindest für die ÖPNV-Liebhaber, denn Ostfildern ist an
das Stuttgarter U-Bahn-Netz angeschlossen. Während sich die
Autofahrer also durch den Feierabendverkehr der deutschen Stau-Hauptstadt
quälen müssen, dann wahlweise im kostenpflichtigen Parkhaus der
Sportschule Ruit oder eben am Arsch der Welt parken müssen und somit den Anstoß knapp verpassen, kommt
die Bus-und-Bahn-Fraktion in den Genuss des U-Bahnhofs Zinsholz, der
sich direkt neben der Sportschule befindet. Zum Waldaustadion sind's
von hier aus nur acht Stationen, weshalb auch klar ist, wie dieses
Testspiel zustande gekommen ist. Der Blick in die Runde verrät dann
schnell, dass nicht nur unsere Combo diese seltene Gelegenheit
ergriffen hat: 40 Zuschauer sind da, die Hälfte davon Hopper. Alle Klischees
erfüllen derweil auch die Spieler der Hyogo-Auswahl. Als schon beim
Aufwärmen ein Ball der Japaner in unsere Richtung fliegt und wir den
zurückkicken, ruft einer der Spieler laut „Thank you“ und macht
eine Verbeugung. Großartig, bitte mehr davon! Auch während dem Spiel geben sich die
Japaner zurückhaltend, wenngleich das nicht gewollt sein dürfte.
Zwar gelingen ihnen vier Tore, aber sich neun Buden einzufangen ist
dann schon ein bisschen heftig. Überraschend, dass es dem VfB gestern nur zu
einem 1:0-Sieg gereicht hat. Das Wichtigste ist jedoch der Ground,
der sogar über eine kleine, überdachte Tribüne verfügt. Dass die
jedoch komplett von den Spielern in Beschlag genommen wird, ist fast
schon ein bisschen frech, denn ansonsten hält die Anlage wenig Raum
für Zuschauer bereit. Zwischen Seitenlinie und Zaun passt kaum ein
Blatt Papier, ein Stankett gibt es nicht, ja sogar an den Eckfahnen
hat man gespart. Dafür hat man sich eine futuristische Brücke
gegönnt, die den Kunstrasenplatz mit dem auf der anderen
Seite der Hauptstraße gelegenen Rasenplätzen verbindet. Die kommt aber gut und verleiht dem
Ensemble richtig Klasse.