Samstag, 20. Mai 2017, 14 Uhr
Sinsheim, Dietmar-Hopp-Stadion
Eben noch New York, jetzt Hoffenheim –
die Kontraste in dieser Woche sind heftig. Eigentlich gehört das
Dietmar-Hopp-Stadion, in dem die TSG Hoffenheim bis zu ihrem Aufstieg
in die Bundesliga gespielt hat, zu jenen Spielstätten, die man nicht
mehrmals besuchen möchte. Zu offenkundig wird einem bei einer Fahrt
durch dieses belanglose Dorf die Perversion des modernen Fußballs
vor Augen geführt. Am Ende der diesjährigen Regionalliga-Saison
führt dann aber doch kein Weg an Hoffenheim vorbei, denn dort wartet
ein echter Showdown: Die Stuttgarter Kickers brauchen an diesem
letzten Spieltag mindestens einen Punkt, um den drohenden Abstieg in
die Oberliga zu verhindern. Es wäre der zweite Abstieg in Folge,
denn erst in der Vorsaison sind die Kickers aus der 3. Liga
abgestiegen. Es ist schon jetzt – ob der erneute Absteig nun
tatsächlich kommt oder nicht – der sportliche Tiefpunkt der
118-jährigen Vereinsgeschichte. Konsequenz: Der Verein zahlt den
Stuttgarter Fans die Anreise per Bus nach Hoffenheim sowie die
Eintrittskarten. Ganze neun Busse kommen zusammen und auch die aktive
Fan- und Ultras-Szene ist sich nicht zu blöd dafür, darauf
einzugehen. Bei den normalen Fans, die sich nicht großartig einen
Kopf um Vereinspolitik machen, kann man das ja noch verstehen, nicht
aber bei den Blauen Bombern 1995 und ihrem Umfeld, die der eigenen
Clubführung seit jeher viel zu nahe stehen und durch das Auslassen
von Kritik über Jahre hinweg nicht zuletzt eine Mitschuld am
Erreichen dieses Tiefpunktes tragen. Dabei wäre Hoffenheim mit dem
Zug in weniger als zwei Stunden erreicht gewesen und das hätte mit
dem Baden-Württemberg-Ticket niemanden mehr als 10 Euro gekostet.
Stattdessen lässt man sich lieber vom Verein einladen und
unterstützt auch noch die Organisation. Umso merkwürdiger, wie
unmotiviert der Gästeblock zu Werke geht. Während anderswo bei
einem Spiel dieser Dimension schon 30 Minuten vor Anpfiff gesungen
wird, regen sich die rund 600 Stuttgarter im Gästeblock (mit Unterstützung aus Ferndorf (Handball) und Linz) erst kurz
vor Anpfiff. Nach einer kleinen Fähnchen-Choreo und ein paar Fackeln
ist die Stimmung die ersten 20 Minuten ganz in Ordnung, fällt dann
aber rapide ab. Es wirkt so, als würde da einfach ein bisschen eine
Führung in der Szene fehlen – aber auch das ist ja bei den Kickers
keine neue Erkenntnis. Da die erste Mannschaft der TSG Hoffenheim um
15.30 Uhr ein paar Kilometer weiter bei ihrem letzten
Bundesliga-Heimspiel der Saison antreten muss, fehlt von Heimfans im
Dietmar-Hopp-Stadion natürlich fast jede Spur. Somit sitzen auch auf der
Haupttribüne zu 90 Prozent Kickers-Fans, so dass das hier ein echtes
Heimspiel für die Blauen ist. Da es für die TSG II obendrauf
sportlich um nichts mehr geht und die Akteure eine fast schon
auffallend lustlose Einstellung an den Tag legen, haben die Kickers
leichtes Spiel und sichern sich damit den Klassenerhalt. Zeit, an den
eher gemäßigten Feierlichkeiten (Platzsturm bleibt aus)
teilzunehmen, bleibt aber nicht, denn es geht schnell weiter ins
Elsass.