Sonntag, 7. Mai 2017, 16 Uhr
New York, Yankee Stadium
Schon in den ersten Stunden in New York
blieb zwecks zu tätigender Organisation (siehe vorheriger Beitrag)
keine Zeit für Sightseeing und auch jetzt bei der Rückkehr aus
Washington D.C. muss der sehnlichst erwartete Blick auf die
Hochhausschluchten von Manhattan erst einmal warten, denn der Sonntag
gehört ebenfalls König Fußball. Das bedeutet: Es geht hinaus in
die Bronx zum Yankee Stadium. Der New York City FC wurde erst 2013
gegründet und nimmt seit 2015 am Spielbetrieb der MLS teil. Grund
für Gründung war einerseits, dass man in der größten Stadt der
USA (19 Millionen Einwohner) Potenzial für ein zweites MLS-Team
neben den bereits 1995 gegründeten Metro Stars (inzwischen von Red
Bull übernommen) gesehen hat. Zum anderen markiert die Gründung des
New York City FC eine neue Ära der MLS; nämlich die, europäische
Spitzenvereine zum Einstieg in die MLS durch die Gründung von
amerikanischen Zweigvereinen zu bewegen. Aufgrund der hellblauen
Vereinsfarbe und dem Namen muss man eigentlich nicht lange überlegen,
wer hinter dem New York City FC steckt – es ist Manchester City.
Konkret steckt dahinter eine Holding von Scheich Mansour bin Zayed Al
Nahyan aus Abu Dhabi, zu der auch der Melbourne City FC (Australien),
die Yokohama F. Marinos (Japan) und der CA Torque (Uruguay) gehört.
Zudem ist die Holding unter anderem mit Espanyol Barcelona, Sporting
Lissabon, Aarhus GF und NAC Breda verflechtet. Ganz abartige Kiste.
Während die Scheich-Holding Mehrheitseigener beim New York City FC
ist, stieg der weltbekannte Baseball-Verein New York Yankees als
Juniorpartner mit ein, weshalb die Heimspiele im Yankee Stadium
ausgetragen werden. Und das ist wirklich eine Wucht. Nicht zu
verwechseln ist es mit dem alten, legendären Yankee Stadium, in dem
die Yankees von 1923 bis 2008 spielten. Das neue entstand jedoch an
fast der gleichen Stelle und wurde dem alten beim Aussehen stark
nachempfunden. Nicht verändert hat sich natürlich die Gegend rund
um das Stadion und die kommt dem ziemlich nahe, wie man sich die
Bronx so vorstellt: rostige Brückenpfeiler der hier oberirdisch
geführten New Yorker Subway, die genau am Stadion vorbeifährt,
kleingeschossige, fast schon provinziell wirkende Häuser mit
Backsteinfassaden, in denen viele Kioske und Alkohol-Läden
untergebracht sind, und natürlich mehrheitlich Schwarze. Sorgen in
puncto Kriminalität sind übrigens nicht angebracht, wenn man ein
Spiel im Yankee Stadium anschauen will, auch wenn die Reiseführer
vor der Gegend warnen. An Spieltagen wimmelt es nur so von NYPD und
auch die Sicherheitskontrollen am Stadion sind USA-typisch hysterisch
– unter anderem mit Metalldetektor wie am Flughafen. Das war aber auch gestern in
Washington D.C. schon so. Und eine weitere Parallele gibt es zum
gestrigen Spiel in der Hauptstadt, denn auch hier sind wieder viele
Latinos unterwegs. Genau genommen spielt also nicht New York, sondern
Nueva York, wie die Lateinamerikaner die Stadt nennen. Auf den
billigen Plätzen unter der riesigen Anzeigentafel, die bei
Baseball-Spielen weit ab vom Geschehen sind, hat sich der eigentliche
Fanblock formiert, der zu über 50 Prozent aus Latinos besteht. Die
führende Gruppe nennt sich Los Templados, die mit großen Trommeln à
la Südamerika den Takt vorgeben. Hinzu kommen Melodien, die man von
den Kurven Argentiniens kennt und die mit einer wippenden
Handbewegung vorgetragen werden. Kurzum: Mehr Lateinamerika geht
nicht. Wer sich hier in den Fanblock stellt, fühlt sich nicht wie in
den USA. Oder aber gerade doch, denn dieses Land – und vor allem
New York – ist derart multikulturell, dass man nicht die Erwartung
haben sollte, die in Europa vorherrschenden weißen USA-Klischees
bestätigt zu bekommen. Gute Laune herrscht auch im restlichen
Stadion, schließlich belegt der New York City FC derzeit den zweiten
Tabellenplatz der Eastern Conference. Sportlich läuft's rund, was
vor allem daran liegt, dass zwei Spieler das hellblaue Trikot tragen,
die tatsächlich Weltformat haben: Andrea Pirlo und David Villa.
Letzterer schießt auch heute wieder ein Tor und ist damit
Wegbereiter für den nächsten New Yorker Sieg. Nach Spielende geht’s
noch ein bisschen zu Fuß durch die Bronx, ehe dann am Abend endlich
die erste Sighseeing-Runde durch Manhattan angetreten werden kann.
Viele weitere werden in den kommenden drei Tagen folgen, bei denen
eindeutig festgestellt wird: New York ist eine der interessantesten
Städte der Welt, die wirklich jeder einmal gesehen haben muss.
Punkt. Oder um es mit den Worten der wunderschönen New-York-Hymne von Alicia Keys zu sagen: These streets will make you feel brand new, big lights will inspire you!