Italien, Coppa Lombardia – Promozione (Finale)
Samstag, 1. April 2023, 20 Uhr
Pero, Stadio Gianni Brera
Der Pokal ist in Italien eine Wissenschaft für sich. Der große Coppa Italia betrifft lediglich die Vereine der Serie A und B (plus vier Mannschaften aus der Serie C). Darunter hat jede Liga ihren eigenen Pokalwettbewerb. Ein völlig anderes System also als im restlichen Europa (mit Ausnahme von Frankreich), wobei als i-Tüpfelchen hinzukommt, dass man in Italien über den Pokal in der Liga aufsteigen kann, beide Wettbewerbe also miteinander verzahnt sind. Im Mailänder Vorort Pero (12.000 Einwohner), der sogar noch an das Mailänder Metro-Netz angeschlossen ist, wird am Abend das Finale im lombardischen Promozione-Pokal ausgespielt, der der eigene Pokalwettbewerb der sechstklassigen Promozione ist. Mit Casteggio gibt es bei einem der beiden Finalisten eine Ultras-Szene, so dass das durchaus interessant werden könnte. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit, so dass Pero ein bisschen unter die Lupe genommen werden kann. Viel zu sehen gibt es aber nicht und wieder einmal muss ich feststellen, dass Italien nicht überall schön ist und gerade die Lombardei auch wirklich furchtbare Ecken hat. Immerhin gibt’s in Pero eine um diese Uhrzeit schon geöffnete Pizzeria (in Italien ja mitunter richtig schwierig), allerdings gehört die dortige Pizza mit zu den schlechtesten, die ich je in Italien gegessen habe. Pünktlich breche ich zum Stadio Gianni Brera auf, das nicht zu verwechseln ist mit der arschgeilen Arena Civica Gianni Brera in Mailand selbst. Beide Stadien sind nach dem Sportjournalisten Gianni Brera benannt, der als Partisane gegen die Mussolini- und Hitler-Faschisten kämpfte, von 1949 bis 1954 Direktor der großen Gazzetta dello Sport war und verschiedene Fußball-Begriffe wie zum Bespiel „Libero“ schuf. Im Stadio Gianni Brera in Pero trägt sonst der Club Milano seine Heimspiele in der Serie D aus. Da ist normalerweise tote Hose. Heute sieht das aber anders aus und schon allein die Tatsache, dass eine Fantrennung vorgenommen wird und der Casteggio-Anhang durch einen separaten Eingang gehen muss, ist vielversprechend. Rund 350 Leute sind aus dem Ort in der Provinz Pavia mitgekommen, womit der provisorische Gästeblock sehr gut gefüllt ist. Zu Spielbeginn werden blaue und gelbe Zettel hochgehalten, was leider nicht so gut rüberkommt, dafür qualmt, leuchtet und blinkt es die 90 Minuten über quasi permanent bei Casteggio und auch der Support ist durchgängig. Wir reden hier über einen Sechstligisten aus einem Ort mit 6.500 Einwohnern – und dafür ist der Auftritt wirklich sehr gut! Man merkt aber natürlich, dass das sonst nur 20 Ultras sind, die auswärts fahren, und hier ansonsten Leute im Gästeblock stehen, die das nur des Finales wegen machen. Die Anhänger aus Arcellasco und Erba, woher die Spielgemeinschaft des anderen Finalsten kommt, sitzen in zumeist roter Kleidung auf der Haupttribüne, treten ansonsten nicht geschlossen auf, zünden aber hin und wieder ein rotes Rauchtöpfchen, so dass ständig irgendein Qualm in der Luft liegt. Pokalsieger wird der Football Club Casteggio, der sich nun im nächsten Schritt mit den Siegern der Promozione-Pokalwettbewerbe anderer italienischer Regionen messen wird, was den frühen Termin der Endspiele erklärt. Wer sich dann in der italienweiten Runde durchsetzt, steigt in seine Eccellenza auf. Während Mannschaft und Fans aus Casteggio ausgiebig den Pokalsieg feiern, husche ich zurück zur Metrostation von Pero und fahre zu meinem Hotel in Mailand.