Spanien, Primera Federación RFEF – Grupo 1 (3.Liga)
Samstag, 4. Februar 2023, 19 Uhr
A Coruña, Estadio Riazor
Deportivo La Coruña – bei diesem Namen bin ich automatisch wieder der Jugendliche, der gebannt vor dem Fernseher sitzt und „La Ola“ auf DSF anschaut. Zumindest mir geht es so, dass kaum ein anderer Verein so sehr für den spanischen Fußball der 90er-Jahre steht. Mäddes geht es da nicht anders, weshalb für uns schnell klar war, was für uns an diesem Wochenende im Nordwesten Spaniens das Hauptspiel der Tour werden wird. Die 90er-Jahre waren tatsächlich die erfolgreichste Phase in der Vereinsgeschichte des RCD La Coruña, allen voran mit dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger im Jahr 1996 und mehreren Champions-League-Teilnahmen. Mit den Pokalsiegen 1995 und 2002 sowie vor allem dem Meistertitel 2000 holte „Depor“ in dieser Phase auch seine einzigen nationalen Titel. Mit dem Abstieg 2018 aus der Primera Division setzte der Niedergang ein, denn nur zwei Jahre später folgte der Abstieg in die 3.Liga. In der spielte der Verein zuletzt 1981. Mit der Stadt an sich werden wir uns erst morgen ein bisschen beschäftigen, aber hier schon mal vorab ein paar Worte – und vor allem die Frage: Warum heißt die Stadt A Coruña, der Verein aber La Coruña? Ganz einfach: A Coruña ist die galicische und damit amtliche Version des Stadtnamens, während der Verein lieber die spanische Variante La Coruña verwenden möchte. Der Zusatz Real (königlich) weist ja auch darauf hin, dass man Madrid treu ist und keine separatistischen Bestrebungen hat. Eine Loslösung von Spanien scheint in Galicien ohnehin kein so großes Thema wie in Katalonien oder im Baskenland zu sein, aber natürlich gibt es auch hier solche Gedanken. In Galicien ist A Coruña mit 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt hinter Vigo, aber Hauptstadt ist wie erwähnt Santiago de Compostela. A Coruña liegt am Meer, hat eine nette, aber nicht sonderlich spektakuläre Altstadt auf einer Landzunge, erinnert architektonisch ebenfalls an Portugal und besitzt einen breiten, sichelförmigen Stadtstrand, der sich sehen lassen kann. Der Clou: Am Ende des Stadtstrandes (Praia de Riazor) steht das Estadio Riazor von Depor – was für eine geile Lage! Das ist heute mit 19.970 Zuschauern relativ gut gefüllt, lediglich auf der Haupttribüne gibt es große Lücken. Zur Stimmung kann ich nur wiederholen, was ich schon in der Vorwoche in Santander und Vigo gesagt habe: Die Ultras bilden nur einen kleinen Haufen in einem einzelnen Block hinterm Tor, der optisch zwar auffällt, aber akustisch nicht viel rüberbringen kann. Das kann in Spanien mit seiner überharten Policia und dem in diesem Bereich nach wie vor herrschenden Geist der Franco-Diktatur ja auch gar nicht anders sein. Führende Gruppe sind die Nenos Descamisados („hemdlose Kinder“). In wie weit die in der Tradition der Riazor Blues stehen, weiß ich nicht. Die wurden 2014 zumindest zeitweise verbannt, nachdem es bei Ausschreitungen beim Spiel gegen Atletico Madrid zu einem Todesfall kam. Ob die Riazor Blues zurückgekehrt sind oder ob sie in die Nenos Descamisados übergegangen sind, erschließt sich mir nicht. Es gibt auf jeden Fall keine erkennbaren Spuren mehr der Riazor Blues. Da wir unser Hotel in der nicht weit entfernten Altstadt von A Coruña haben, sind wir sozusagen direkt an der Quelle und stürzen uns ein wenig ins Nachtleben, das ziemlich studentisch geprägt ist und dementsprechend ein verträgliches Preisniveau hat.