1.FC Düren – SV Lippstadt 1:1

Deutschland, Regionalliga West (4.Liga)
Samstag, 18. Februar 2023, 14 Uhr
Düren, Westkampfbahn

Ja, das Belgien-Fieber hat mich gepackt – und das gilt insbesondere für Brüssel. Vor gut zwei Monaten war ich zum ersten Mal in meinem Leben in der belgischen Hauptstadt, die ich zuvor in 25 Jahren Groundhopping komplett ignoriert habe. Da mir nun aber klar geworden ist, dass Brüssel so eine Art zweites Paris ist, bei dem aber noch jede Menge Zweisprachigkeit-Exotik dazukommt, wird es mich in nächster Zeit häufiger zum Manneken Pis ziehen. So auch an diesem Wochenende. Auf dem Weg dorthin kann noch ganz galant die Rekomplettierung der Regionalliga West mitgenommen werden. Die Rechnung habe ich allerdings mal wieder ohne die Bahn gemacht, so dass ich mit über einer Stunde Verspätung in Düren einfahre – gerade einmal 20 Minuten vor Anpfiff. Somit muss wie schon vor vier Tagen in Oberhausen ein Taxi für die Fahrt zum Stadion herhalten. Das geht so langsam ins Geld. Aber wenigstens betrete ich so noch vor dem Anpfiff die altehrwürdige Westkampfbahn, in der mir sofort der fast leere Gästeblock ins Auge sticht, obwohl ich aus dem Taxifenster heraus noch gesehen hatte, dass mehrere Lippstädter Fans direkt vor dem Stadion von der Polizei durchsucht worden. Ein paar Schritte weiter fällt mir schließlich auf, dass man neben dem Gästeblock Stellung bezogen hat – und zwar außerhalb des Stadiongeländes. Offenbar sind den Lippstädtern die Eintrittspreise zu hoch und sie wollen auf diese Art dagegen protestieren, indem der 1.FC Düren finanziell leer ausgeht. Zaunfahnen werden trotzdem aufgehängt und es wird das ganz normale Supportprogramm abgefahren. Das ist wie üblich recht modern gestaltet, aber da heute die Zahl der mitgereisten Ultras sehr überschaubar ist, ist der Auftritt insgesamt eher enttäuschend. Vermutlich bedingt durch den Aufstieg in die Regionalliga gibt es nun auch beim 1.FC Düren eine kleine Fanszene, die aber weit entfernt ist von Dauersupport. Und dann ist da natürlich noch die Westkampfbahn an sich. Bei unserer kleinen Gruppe aus Baden-Württemberg, die hier eigentlich nur zufällig zusammengekommen ist und nach dem Spiel in ganz unterschiedliche Himmelsrichtungen weiterziehen wird, scheiden sich da die Geister. Die Westkampfbahn wurde am 9. August 1914 (eineinhalb Wochen nach Beginn des Ersten Weltkriegs) eröffnet und besitzt die ältestes Fußball-Tribüne Deutschlands. Das ist einfach ein Fakt, an dem man nicht vorbeikommt. So richtig historisch wirkt die Tribüne allerdings nicht, zumal in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder an ihr herumgedoktert wurde. Spätestens durch die auf dem Dach installierte Solaranlage ist der historische Charme weg. Und auch der Rest der Anlage hat nicht das Zeug dafür, die Westkampfbahn in meine deutsche Top 10 zu katapultieren. Zum einen liegt das an den ständigen Sanierungen und Neugestaltungen im Lauf der Jahrzehnte, zum anderen steckt hier irgendwie kein Herzblut drin. Den Puls so richtig steigen lässt dafür die Bahn. Ich habe ein Ticket für den Thalys von Aachen nach Brüssel. Von Düren nach Aachen soll es nach Abpfiff ganz gemütlich mit der Regionalbahn gehen, doch im DB-Navigator sehe ich schon während des Spiels, dass diese derart viel Verspätung hat, dass ich den Thalys in Aachen verpassen würde. Ich muss also eine frühere Regionalbahn in Düren erwischen, aber da der Fußweg von der Westkampfbahn zum Bahnhof etwa eine halbe Stunde beträgt, schaffe ich das zu Fuß nicht rechtzeitig. Ich bestelle mir daher schon während des Spiels abermals ein Taxi (zum dritten Mal in dieser Woche), das pünktlich mit Abpfiff am Stadion stehen soll. Steht es natürlich nicht. Ich rufe wütend beim Taxi-Unternehmen an, dort heißt es nur ahnungslos: „Achso, 15.45 Uhr? Ich dachte 16.45 Uhr.“ Ich sehe die Regionalbahn nach Aachen und damit den Thalys nach Brüssel schon ohne mich abfahren, ehe plötzlich der indische Michael Schumacher mit Taxi-Schild auf dem Dach vor mir steht, der eilig eingesprungen ist. Das Taxi-Unternehmen hat offenbar ein schlechtes Gewissen und daher prompt den besten Mann geschickt, der unter anderem zwei rote Ampeln überfährt. Richtig starke Performance, durch die ich ganz knapp doch noch den Zug erwische.