VfB Knielinegn – SV Langensteinbach 0:4

Testspiel
Dienstag, 20. Juli 2021, 19.15 Uhr
Karlsruhe, Sportpark Knielingen

„Heute ist ein Tag, um Geschichte zu schreiben“, steht auf einem Banner hinterm Tor im Knielinger Sportpark. Mal abgesehen davon, dass das Wort „guter“ fehlt, ist das auch inhaltlich falsch – denn der VfB Knielingen hat bereits Geschichte geschrieben. Seit nunmehr exakt 80 Jahren hält er einen Rekord im deutschen Fußball, wenn auch einen negativen. Denn der VfB Knielingen ist das Tasmania Berlin des Pokals. 1941 kassierte er die höchste Pokal-Niederlage in der Geschichte des DFB – ein 0:17 gegen die Stuttgarter Kickers. Zumindest bei den Kickers wird dieser Rekord ja medial immer wieder ausgepackt, wenn sie denn am DFB-Pokal teilnehmen. Beim VfB Knielingen ist das nicht so, denn er hat seither nie wieder die Pokal-Qualifikation geschafft. Die historische Niederlage hat einen historischen Hintergrund: Knielingen – 1935 nach Karlsruhe eingemeindet – liegt direkt am Rhein und hatte vor der großen Rheinbegradigng sogar linksrheinische Gebiete. Der Ort ist dadurch von Industrie geprägt, unter anderem befindet sich hier die zweitgrößte Öl-Raffinerie Deutschlands und eine große Niederlassung von Siemens. Einst gab es hier auch eine große Kaserne, in der bis zur Wende die Amerikaner saßen. Im Zweiten Weltkrieg waren daher viele Soldaten der Wehrmacht in Knielingen stationiert, unter denen sich auch echte Spitzenfußballer befanden und die während dieser Zeit beim VfB Knielingen spielten. Mit ihnen schaffte der Verein 1941 eine echte Sensation und warf in der Vorrunde des Tschammer-Pokals (Vorgänger des heutigen DFB-Pokals) nicht nur die beiden KSC-Vorgängervereine Phönix und Mühlburg sowie den damals sehr namhaften Karlsruher FV (deutscher Meister 1910) aus dem Wettbewerb, sondern auch den elsässischen Meister FC Schweighausen, der mit mehreren Nationalspielern angetreten war. So qualifizierte sich der VfB Knielingen für die Runde der letzten 64 Mannschaften und bekam mit den Kickers eine Top-Mannschaft der damaligen Zeit zugelost, die in jener Saison zum wiederholten Male in die Endrunde um die deutsche Meisterschaft eingezogen war und dort beinahe ins Halbfinale eingezogen wäre. Aus dieser Zeit stammt auch noch der bis heute gültige Zuschauerrekord im Neckarstadion unter Beteiligung eines Stuttgarter Vereins, als 70.000 in der Saison 1938/39 das Heimspiel gegen Admira Wien sehen wollten. Mit einem Sieg wären die Kickers ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft eingezogen, aber es gelang natürlich nicht. Auch 1941 scheiterten die Kickers an einem Wiener Verein und erreichten das Halbfinale nicht. In dem Fall war es der spätere Meister Rapid Wien. Gegen den VfB Knielingen reichte es hingegen im Pokal für einen Sieg. Man muss aber dazu sagen: Kurz vor dem Spiel wurden mehrere gute Spieler aus der Knielinger Kaserne abgezogen, weshalb der Verein ausschließlich (!) mit seinen Junioren nach Stuttgart fahren musste, während die Kickers mit ihren beiden Nationalspielern Sing und Conen antraten. Conens fünf Treffer gegen den VfB Knielingen waren auch verantwortlich dafür, dass er am Ende mit insgesamt acht Treffern Pokal-Torschützenkönig wurde. Für die Kickers endete die Pokal-Reise danach übrigens wieder bei einem Wiener Verein: Nach Siegen beim FC Mühlhausen im Elsass und gegen den 1.FC Nürnberg schieden die Blauen im Viertelfinale gegen Admira Wien aus. Pokalsieger wurde der Dresdner SC im Finale gegen Schalke. Und heute? Der VfB Knielingen geht mit der historischen Niederlage nicht hausieren. Nichts in dem modernen Sportpark, den der Landesligist 2012 bezogen hat, deutet darauf hin, welch besonderer Verein hier spielt. Nett ist die Anlage trotzdem. Stilecht wäre es gewesen, sie mit einem Pokalspiel zu machen. Nächstes Wochenende wäre die Gelegenheit da – im badischen Pokal  gegen den ATSV Mutschelbach. Da die Anstoßzeit aber überhaupt nicht ins Konzept passt, wird‘s dann halt heute die Generalprobe gegen Verbandsligist Langensteinbach, die mit 0:4 verloren wird. Nicht nehmen lasse ich es mir dabei natürlich, mit einem Stuttgarter Hofbräu noch einmal auf den historischen Pokal-Sieg anzustoßen!