FC Madretsch – SC Aegerten Brügg 5:2

Testspiel
Samstag, 10. Juli 2021, 16 Uhr
Biel/Bienne, Stade du Mühlefeld

Vergangenen Juli bin ich mit meiner besseren Hälfte in die Schweiz gefahren, weil sie dort zuvor noch nie war und ich es als wichtig empfinde, dieses wunderschöne Land einmal gesehen zu haben. In diesem Juli ist nun das Töchterchen an der Reihe, die ebenfalls noch nie in der Schweiz war. Natürlich nicht ohne Fußball, schon allein wegen ihres Länderpunkts, aber der Fokus liegt hauptsächlich im pädagogischen und somit kulturellen Bereich. Zwei Destinationen machen deshalb das Rennen: die französischsprachige Schweiz, um die Sprachkenntnisse zu fördern, und der Vierwaldstätter See, wo die Schweiz besonders schön ist und wo wir uns auf die Spuren von Wilhelm Tell begeben wollen. Die erste Attraktion wartet aber schon zehn Minuten nach dem Grenzübertritt auf uns: der Rheinfall. Für uns Hopper aus Baden-Württemberg, die regelmäßig an ihm vorbeifahren, stellt er irgendwie keine Besonderheit mehr da. Man fährt immer einfach an ihm vorbei. Umso schöner ist es, ihn mal aus den Augen einer Person zu sehen, die ihn noch nie gesehen hat. Eine Bootstour direkt an den Rheinfall gehört natürlich dazu und so beginnt das Schweiz-Wochenende erfreulich lebhaft – und bei diesen abartigen Temperaturen mit einer schönen Abkühlung. Weiter geht es nach Biel/Bienne (55.000 Einwohner), die größte zweisprachige Stadt der Schweiz, die exakt auf dem sogenannten Röstigraben liegt, wie die Schweizer die Sprach- und Kulturgrenze zwischen dem deutsch- und französischsprachigen Teil nennen. Biel/Bienne ist wirklich genau zweisprachig, jeweils 50 Prozent gehören zu einer der beiden Sprachgruppen. Das bringt natürlich einige Besonderheiten mit, die selbst für die Schweiz untypisch sind. Es fängt an mit den durchweg zweisprachigen Verkehrsschildern, darunter auch der „Generell/limit générale“-Zusatz bei den Tempo-50-Schildern, und endet in den Kinos, wo wohl häufig Filme in der englischen Originalsynchronisation gezeigt werden, die gleichzeitig deutsche und französische Untertitel haben. Nicht unüblich ist es auch, jemand etwas auf Deutsch zu fragen und dann die Antwort auf Französisch zu bekommen. Man geht schließlich davon aus, dass hier jeder beide Sprachen kann und man daher ganz unumwunden immer seine jeweilige Muttersprache sprechen kann. Für uns ist die Stadt damit bestens geeignet, da sie wie ein großes deutsch-französisches Wörterbuch ist. Hinzu kommen eine wunderschöne Altstadt und die Firmengebäude der hiesigen Uhrenindustrie (u.a. Omega, Rolex, Swatch), so dass man hier problemlos ein paar schöne Stunden verbringen kann. Noch schöner ist es, wenn auch noch Fußball dazugehört – und so geht es pünktlich ins Stade du Mühlefeld. Ein Namenskonstrukt, das es so wohl auch nur in Biel/Bienne gibt. Oder halt im Elsass. Der Name klingt jedoch nach mehr als es wirklich ist, denn hier handelt es sich einfach um einen ausbaulosen Sportplatz. Die Anlage befindet sich im Viertel Mühlefeld/Champ-du-Moulin im Stadtteil Madretsch, der 1920 nach Biel/Bienne eingemeindet wurde und für den es komischerweise keine französischsprachige Version gibt. Wir hören aber auch hier beide Sprachen. Zudem teilt sich der FC Madretsch den Platz mit einem Verein mit einem Verein, der einen rein französischen Namen hat – dem FC Etoile Bienne. Nach dem Spiel geht es zunächst an den Bieler See, an dessen Ufer gerade ein Musikfestival läuft (während in Deutschland derzeit an solche Massenansammlungen noch nicht mal ansatzweise zu denken ist), und dann weiter nach Luzern. Der dortige Abstecher in die nächtliche Altstadt fängt später an als gedacht, denn genau in dem Moment, in dem wir das Hotel verlassen, spielt sich vor unseren Augen ein Raubüberfall ab. Die Polizei will uns noch als Zeugen dabehalten und da das Opfer eine schwangere Frau mit Kinderwagen ist, machen wir das auch gerne. Dass die Frau über 10.000 Franken in bar dabei hatte, macht dann aber deutlich, dass da ein ganz komisches Ding gedreht wurde. Auf jeden Fall glaubt mir das Töchterchen jetzt nicht mehr, dass die Schweiz ach so lieb und brav ist, wenn gleich am ersten Abend so etwas passiert.