Österreich, Reserven-Meisterschaft TFV
Donnerstag, 29. Juli 2021, 20 Uhr
Ellmau, Sportplatz Ellmau
Ich hatte es hier schon angekündigt: Als ich Mitte Juni beim Heimspiel des NK Dinamo Schaffhausen war und sich dort wirklich jeder Zuschauer über den anstehenden Urlaub auf dem Balkan unterhalten hat, hatte auch ich in dem Moment den Entschluss gefasst, im Sommer mal wieder für ein paar Tage an die kroatische Küste zu fahren. Gesagt, getan. Und bei so einem schönen Reiseziel gehört die Familie natürlich dazu. Da die aber erst in ein paar Tagen per Zug nachkommt und an der österreichisch-slowenischen Grenze eingesammelt wird, darf es zuvor noch ein kleines Tourchen durch Österreich sein. Ziel ist eine Region, in der ich noch nie war, in die ich aber schon immer wollte: Osttirol. Seitdem Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugeschlagen wurde, ist Osttirol eine Exklave innerhalb Österreichs, das nicht mehr direkt an das Bundesland Tirol grenzt. Auf dem Weg dorthin wird aber erst einmal ein Stopp im Bergdoktor-Dorf Ellmau eingelegt. Damit beginnt zugleich meine erste größere Auslandstour seit eineinhalb Jahren. Was für ein Gefühl! Wichtigster Gegenstand im Reisegepäck ist nun der gelbe Impfausweis, ohne den nichts mehr geht. Noch besser wäre natürlich das digitale Covid-Zertifikat, allerdings wurde ich vom Betriebsarzt geimpft, der ein solches nicht ausstellt und an die Apotheken verweist. Die deutschen Apotheken hingegen stellen momentan aufgrund einer Sicherheitslücke keine Zertifikate aus. Deutschland, wo die Digitalisierung zu Hause ist! Sehr „entspannt“ auch, dass heute die Sommerferien in Bayern und Baden-Württemberg beginnen, womit statt knapp vier volle sechs Stunden für die Fahrt nach Ellmau benötigt werden. Wenigstens verzichtet die österreichische Polizei in Kufstein auf die angekündigten Grenzkontrollen. Somit bleibt vor dem Spiel doch noch etwas Zeit für einen Rundgang durch Ellmau am Wilden Kaiser, der wirklich für die nervige Anreise entschädigt. Bilderbuch-Österreich vom Allerfeinsten, jedes Haus ein traumhaftes Fotomotiv. So schön hier, dass sich jemand mal gesagt hat, hier muss man unbedingt mal eine Fernsehserie drehen – und zwar „Der Bergdoktor“. In Vorbereitung auf diese Reise hatte ich mir am Morgen zum ersten Mal in meinem Leben eine Folge davon angeschaut. Wirklich gecatcht hat mich das nicht, aber vielen anderen Leuten geht es da halt anders. Gerade hier in Ellmau wird ein regelrechter Kult um die Serie gemacht, was vor allem für die imaginäre Praxis gilt, die auf einer Anhöhe oberhalb des Sportplatzes steht. Mich interessiert hingegen in erster Linie der Sportplatz selbst. Ein Ausbau ist praktisch nicht vorhanden, dafür aber ein atemberaubendes Bergpanorama. Wie im Paradies! Geboten wird auf dem Sportplatz heute Abend nur die Reserveliga des Tiroler Fußballverbands, aber immerhin ein Pflichtspiel. Allerdings war ich mir anfangs nicht sicher, ob das überhaupt stattfindet, denn anstelle eines Namens steht bei der Besetzung des Schiedsrichters: Paragraf 17. Der SC Ellmau reagierte jedoch prompt auf meine Anfrage und gab Entwarnung. Die Bezeichnung bedeutet, dass der Verband keinen Schiedsrichter entsenden wird und sich die Vereine selbst um einen solchen kümmern müssen – was kein Problem sei. Dennoch hart, dass kein Unparteiischer vom Verband kommt, denn dies ist heute das einzige Fußballspiel in ganz Tirol. Das sagt aber andererseits auch alles über den Stellenwert dieser Liga. Fest gerechnet habe ich dagegen mit der Anwesenheit einiger Hopper, denn aktuell halten einige Vereine ein Trainingslager am Wilden Kaiser ab – doch Fehlanzeige. Überhaupt sehe ich hier am Sportplatz zum ersten Mal österreichische Kennzeichen in Ellmau, denn im Ort sind durchweg deutsche Urlauber unterwegs, die meisten davon aus Ostdeutschland. Allerdings eher ältere Semester, denn der typische Hartz-IV-Ronny kann sich Ellmau mit seinem wirklich heftigen Preisniveau natürlich nicht leisten. Auch ich kann mir hier nur das einzige Hostel im Ort erlauben, allerdings werden die Schlafsäle derzeit aufgrund der Corona-Auflagen nur als Einzelzimmer vermietet, wodurch ein Schlafsaal ja durchaus erträglich wird. Kostet zwar trotzdem saftige 80 Euro, aber immer noch deutlich günstiger als alles andere in Ellmau. Ich will gar nicht wissen, was hier während der Ski-Saison los ist. Aber auch jetzt im Sommer sind die Restaurants alle voll, teilweise mit Warteschlange davor. Geboten wird unter anderem Live-Blasmusik, was auf den Straßen echt für Flair sorgt. Mit Blick auf das Preisniveau reicht mir dagegen eine Wurstsemmel aus dem Billa, zumal die kurze Einkehr in einem der Pubs auf der Après-Ski-Meile echt enttäuschend verlief: 4,60 Euro für ein Glas König Pilsener – nicht das, was ich in Österreich haben möchte. Übrigens: Sowohl im Pub als auch im Hostel will man meinen Impfpass sehen. Lachen muss man über ihn jedoch in einer Ellmauer Apotheke, in der ich einfach mal doof frage, ob man mir dort nicht ein Covid-Zertifikat mit QR-Code ausstellen könnte (das später in Kroatien und Slowenien noch wichtig werden wird). Als ich sage, dass das in deutschen Apotheken derzeit nicht gehe, bricht das Personal in Gelächter aus. Man teilt mir dann mit, dass das von Österreich aus leider nicht ginge, weil die Apotheke ja gar keinen Zugriff auf das deutsche Impfregister habe. Der zweite Lachflash folgt, als ich kleinlaut entgegne, dass es in Deutschland gar kein Impfregister gibt. Was soll man dazu noch sagen? Deutschland – das Land, in dem wir gut und gerne leben.