Schweiz, Testspiel
Montag, 29. Juni 2020, 20 Uhr
Münsterlingen, Sportplatz Hafenfeld
Kaum aus der Schweiz zurück, geht es sofort wieder in die Schweiz. Paradiesische Zustände herrschen dort momentan, selbst an einem Montag. Es geht an den Bodensee und da Nina und Babelshopper derzeit sowieso Kurzurlaub in Konstanz machen, nutzen wir das herrliche Sommerwetter und nehmen auf dem Weg nach Münsterlingen noch etwas Kultur mit – und zwar in einem der unbekannteren Orte am Bodensee: Gottlieben. Mit nur 340 Einwohnern und einer Größe von 32 Hektar ist das nach wie vor eigenständige Städtchen der kleinste Ort der gesamten Schweiz. Allein die Tatsache, dass Gottlieben fast 100 Jahre lang der Hauptort des Bezirks Kreuzlingen war, macht aber schon deutlich, dass es sich hier aber nicht um ein x-beliebiges Dorf handelt. Durch die Nähe zu Konstanz und das dort von 1414 bis 1418 abgehaltene Konzil, das in jenen Jahren sozusagen der Mittelpunkt der Welt war, trat auch Gottlieben auf der weltpolitischen Bühne auf, denn im Schloss des kleinen Städtchens wurden während des Konzils zwei berühmte Menschen eingesperrt: Reformator Jan Hus, der als der tschechische Martin Luther gilt, und der abgesetzte Gegenpapst Johannes XXIII., der im Gegensatz zu Jan Hus das Konzil überlebte. Das Schloss befindet sich heute leider in Privatbesitz und ist nicht öffentlich zugänglich. Doch auch ohne Schloss-Besuch ist das malerisch am (an dieser Stelle sehr engen) unteren Bodensee-Arm gelegene Gottlieben einen Blick wert, denn der mittelalterliche Charakter des Städtchens ist fast vollständig erhalten geblieben. Da kann man sich wirklich gut vorstellen, wie hier einst Jan Hus in Ketten zum Schloss geschleift wurde. Bekannt ist Gottlieben auch für seine Hüppen (gefüllte Waffelröllchen), die in einem Werk am Rand der Altstadt produziert werden, noch bekannter aber für die Künstler, die das besondere Flair von Gottlieben schätzen und hier immer wieder ein- und ausgehen. Früher waren das unter anderem Hermann Hesse und Thomas Mann. Am 21. Dezember 2014 ging Udo Jürgens wie so oft in Gottlieben spazieren, brach zusammen und wurde nach Münstlerlingen ins Krankenhaus gebracht, wo er noch am selben Tat starb. Wir begeben uns damit heute sozusagen auf Udo-Jürgens-Gedenkfahrt, denn von Gottlieben aus steuern auch wir Münsterlingen an. Unser Ziel ist jedoch der direkt am Ufer des Bodensees gelegene Sportplatz Hafenfeld. Selten einen Ground in so genialer Lage gesehen! Da kann man in der Halbzeitpause ganz entspannt seine Füße ins Wasser halten. Sportlich erwartet uns auf dem Platz vor der romantisch beleuchteten Hafenschänke eine Spiel-Konstellation, die so in der Liga nicht möglich wäre, denn der FC Päddy Sport aus der Hafenstadt Arbon ist eine Betriebsmannschaft. Dieser Firmen-Fußball genießt in der Schweiz einen wesentlich höheren Stellenwert als in Deutschland und ist unter dem Dach des Schweizer Fußballverbandes organisiert. Allerdings treten Vereins- und Betriebsmannschaften im Normalfall nicht gegeneinander an. Dem FC Päddy Sport (Team eines lokalen Sportfachgeschäfts) ist allerdings der geplante Firmen-Fußball-Gegner für das für heute angesetzte Testspiel abgesprungen. Der FC Münsterlingen springt spontan ein und beschert uns damit ein Spiel, das es in dieser Form nicht oft zu sehen gibt. Umso erstaunlicher, dass die Firmen-Fußballer deutlich mehr auf dem Kasten haben und die Vereinsfußballer mal eben mit einem 7:1-Kantersieg abwatschen.