Samstag, 29. Februar 2020, 11 Uhr
Gersheim, Grenzlandstadion
Wir schreiben den 29. Februar und an dem scheiden sich in unserer Reisegruppe im Vorfeld die Geister. Nein, nicht weil es ihn nur alle vier Jahre gibt, sondern weil er auf einen Samstag fällt und da soll natürlich Fußball konsumiert werden. Leider ist das Ende Februar gar nicht so einfach, da viele unterklassige Ligen noch in der Winterpause stecken. Ein echter Knaller ist bei der Sichtung der Spielpläne nicht dabei, mindestens drei Spiele am Tag sollten es aber auch sein, so dass für eben diesen 29. Februar ein halbes Dutzend Pläne entwickelt werden, die in alle möglichen Himmelsrichtungen führen. Erst 48 Stunden vorher kann man sich wenigstens mal darauf einigen: Aufgrund der versetzten Anstoßzeiten soll auf jeden Fall mal Luxemburg dabei sein. Für den Vormittag wird sogar noch ein Bumsliga-Spiel in Rheinland-Pfalz gefunden, womit alle Bedürfnisse erfüllt zu sein scheinen. Als aber kurz zuvor ausgerechnet das morgendliche Gebolze witterungsbedingt abgesagt wird, beginnt im Team der Religionskrieg. Denn: Die einzige Alternative besteht nun darin, sich vor der Fahrt nach Luxemburg ein Bundesliga-Spiel der B-Juniorinnen des 1.FC Saarbrücken anzuschauen. Frauenfußball und dann auch noch im Jugendbereich – da werden für manch einen zwei rote Linien gleichzeitig überschritten. Das Gegenangebot, dass alle Fundamentalisten während des Spiels einfach im Auto sitzen bleiben oder im Vereinsheim tanken und sich nur die beiden Spiele in Luxemburg anschauen, wird kategorisch abgelehnt. Strammer Protest gegen Frauenfußball, da schaut man sich dann halt lieber ganz bockig gar kein Spiel an. Es bleiben damit nur der Babelshopper und ich übrig. Unsere erste Wahl ist die B-Juniorinnen-Bundesliga zwar auch ganz sicher nicht, allerdings wird sie uns mit dem Ground sehr schmackhaft gemacht. Gespielt wird nämlich im 25 Kilometer von Saarbrücken entfernten Gersheimer Ortsteil Reinheim. Das dortige Grenzlandstadion hat seinen Namen absolut verdient, denn es steht quasi auf der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich. Da von Baden-Württemberg aus die Anreise über Frankreich statt über die Pfalz mehr Sinn macht und wir somit erst direkt am kleinen Stadionparkplatz wieder deutsches Staatsgebiet erreichen, erleben wir das ohnehin aus einer sehr kuriosen Perspektive. Das Grenzlandstadion ist die eigentliche Heimat der Sportfreunde Reinheim, die in der Bezirksliga Homburg spielen. Eine kleine unüberdachte Tribüne ist vorhanden und es sieht so aus, dass die demnächst Sitzplätze erhalten wird. Die Sitze liegen nämlich bereits daneben und scheinen bereit zur Montage. Die große Frage ist dagegen, warum die Saarbrücker Mädels so weit draußen spielen, denn hier gibt es nichts, was es nicht auch in Saarbrücken geben würde. Zudem ist Reinheim verkehrsmäßig deutlich schlechter angebunden als die saarländische Hauptstadt, was in dieser Liga gar kein unwichtiger Faktor ist, denn die meisten Spiele der B-Juniorinnen-Bundesliga werden um 11 Uhr angepfiffen und da die Vereine aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland kommen, sind die Anfahrtswege mitunter richtig lang. So sind es für die Gäste heute stolze vier Stunden Fahrt von Iserlohn bis nach Reinheim – da können 20 Minuten hin oder her schon ein Faktor sein. Während des Spiels müssen der Babelshopper und ich dann unsere bockigen Kollegen zumindest ein bisschen wieder in Schutz nehmen, denn das spielerische Niveau ist trotz Bundesliga schon wirklich grenzwertig. Pässe über fünf Meter kommen nicht an, Alleingänge aufs Tor werden mehrfach versemmelt und Kopfball-Duelle gehen unentschieden aus, weil beide Spielerinnen nicht an den Ball kommen. Aber irgendwie ist es schon Kult und so reift die Idee, die B-Juniorinnen-Bundesliga komplettieren zu wollen. Hier im Grenzlandstadion macht das auf jeden Fall richtig Spaß, was nicht zuletzt auf die Grenzlage zurückzuführen ist, die durch die unweit der Seitenlinie stehenden französischen Straßenschilder allgegenwärtig ist.