Sonntag, 26. Januar 2020, 15 Uhr
Bielefeld, Sportplatz am Rottmannshof
Nach dem Kick in der Sennestadt geht es weiter mit Testspielsport im Bielefelder Stadtteil Wellensiek. Nicht ganz so exotisch wie die Sennestadt, aber doch mit Eigenheiten. Wellensiek wurde ab 1927 als Gartenstadt von Bielefeld angelegt und galt in der Weimarer Republik als beispielhaft, weshalb weite Teile des Stadtteils denkmalgeschützt sind. In den 1970er-Jahre wurde hier dann die Bielefelder Universität mit ihren heute 21.000 Studenten gebaut, was den Charakter von Wellensiek völlig veränderte. Einerseits optisch, denn das gewaltige Gebäude wurde als Reformuniversität konzipiert. Alle Fakultäten müssen demnach am gleichen Standort sein, was mit einem Cluster von mehreren direkt miteinander verbundenen Gebäudeblöcken realisiert wurde. Sieht aus wie ein Plattenbauviertel im tiefsten Osteuropa, entsprach aber dem damaligen Zeitgeist – eine Universität der kurzen Wege. Da Studenten auch gerne nahe ihrer Uni wohnen möchten und 2002 obendrauf der Anschluss von Wellensiek an das Bielefelder Straßenbahnnetz erfolgte, klettern die Mieten hier immer weiter in die Höhe. Wellensiek ist inzwischen also sozusagen das Gegenteil von der Sennestadt. Bedingt durch die Nähe zur Alm und der direkten Straßenbahnverbindung dorthin parken hier zudem viele Zuschauer bei Arminia-Heimspielen, was die immens hohe Dichte an Arminia-Aufklebern erklärt – die ist nirgendwo in Bielefeld auch nur ansatzweise ähnlich hoch. Sagt viel über die Struktur dieser Fanszene aus und man sieht auch daran, dass sie weniger in der Stadt, sondern eher im ostwestfälischen Umland verortet ist. Etwas weiteres fällt auf, wenn man sich in Wellensiek so umsieht, denn genauso innovativ wie man beim Bau der Universität sein wollte, war man auch bei der Wahl der Straßennamen. Die heißen hier nämlich nicht XYZ-Straße, sondern unter anderem Konsequenz, Erfahrung, Vermittlung, Definition, Sequenz und Dynamik – da muss man wirklich zweimal hingucken. Einen Fußballverein hat Wellensiek auch, was bei nur 900 Einwohnern nicht unbedingt selbstverständlich ist. Dazu gehört der erst 1951 gegründete VfR Wellensiek zu den erfolgreicheren Vereinen von Bielefeld und spielt immerhin in der Bezirksliga. Zustand und Ausbau des Sportplatzes, der direkt an der Straßenbahnhaltestelle Wellensiek liegt, machen deutlich, dass der Verein nicht aus dem letzten Loch pfeift und durchaus ein Konzept vorhanden zu sein scheint. Sein offizielle Selbstbeschreibung lautet: „Der besondere Verein im Bielefelder Westen.“ Seit einigen Jahren wird hier nun auf Kunstrasen gespielt, zuvor jahrzehntelang auf Asche – obwohl man sich Verein für Rasenspiele nennt.