Donnerstag, 23. Januar 2020, 19.30 Uhr
Bielefeld, Sportplatz Schildesche
Es geht wieder für ein paar Tage nach Bielefeld und zu meiner großen Freude muss ich feststellen, dass die Winterpause in Westfalen etwas früher endet als in Württemberg und dort schon die heiße Testspiel-Phase angelaufen ist. Natürlich wieder verbunden mit der Frage: Darf man Grounds mit Testspielen machen? Und auch in Westfalen gilt, was in Württemberg gilt: Testspiele sind offizielle Spiele, zu denen der Verband offizielle Schiedsrichter schickt, die offiziell auf fussball.de angesetzt sind und die nach den offiziellen Regeln gespielt werden. Es werden zwar keine Punkte vergeben, dennoch haben sie einen sportlichen Wert, weil sie taktische Erkenntnisse liefern und Erfahrung bringen – sonst würde es diese Testspiele ja schließlich gar nicht geben. Meinem Plan, meine Geburtsstadt Bielefeld zu komplettieren, kommen die Testspiele natürlich auch sehr entgegen, denn während sich in Westfalen der Ligafußball voll auf den Sonntag konzentriert, ist jetzt in der Winterpause an fast jeden Tag der Woche ein Testspiel angesetzt. Gleich drei sind es derer am heutigen Donnerstagabend, der VfL Schildesche soll's sein. Ankunft am Bielefelder Hauptbahnhof, schnell noch zur Akklimatisierung ein Bierchen am Küchentisch schlürfen und dann geht es mit der Straßenbahn nach Schildesche, wo die Linie 1 endet. In der Straßenbahn bringt mich einmal mehr das Werbeplakat der Stadt Bielefeld für ihre Tourist Card zum Schmunzeln. 8 Euro kostet die und ist gültig für 38 touristische Attraktionen in Bielefeld. Ich könnte ehrlich gesagt nicht mal 10 touristische Attraktionen nennen und frage mich erst recht, wie man eigentlich Urlaub in Bielefeld machen kann. Nicht falsch verstehen: Bielefeld ist nicht so ganz uninteressant – aber weil es unfreiwillig speziell ist, und nicht weil es touristisch attraktiv wäre. Eine der wenigen Attraktionen der Stadt ist der Obersee in Schildesche. Typisch Bielefeld: Der zwischen 1977 und 1982 künstlich angelegte Stausee in einem Bombenkrater des Zweiten Weltkriegs war nur der erste Schritt eines Gesamtkonzepts, das den Bau eines zweiten Sees – den Untersee – vorsah, aber nicht realisiert wurde. Der Obersee sollte nur seine eigentliche Funktion als Stausee und Absatzbecken für Sedimente erfüllen, während der Untersee ein Badesee mit Freizeitmöglichkeiten werden sollte. Da es dazu nicht kam, muss der Obersee heute gewissermaßen beides sein. Er ist dadurch nichts Halbes und nichts Ganzes, aber immerhin befindet sich am Ufer eine nette Beach Bar. Optisch ebenfalls interessant: An seinem Rand wird der Obersee von einem Eisenbahnviadukt überspannt. Dieses war Ziel der Bombenangriffe, durch die der See letztendlich entstanden ist. In somit netter Lage steht direkt neben dem Viadukt der Sportplatz des VfL Schildesche, von dem aus man den Obersee aber nicht sehen kann. Leider kann man heute ab der 6. Spielminute überhaupt nichts mehr sehen, denn es fällt das Flutlicht aus. Für mich somit schon der zweite Flutlichtausfall innerhalb weniger Tage, nachdem mir das ja am vergangenen Sonntag auch in Lecco passiert ist. Anders als in Norditalien muss man hier in Schildesche bei einem lumpigen Testspiel vor 15 Zuschauern noch ernster damit rechnen, dass die Reparatur nicht ganz so emsig vonstatten geht und das Spiel einfach abgebrochen wird. Dafür spricht, dass die Mannschaften zackig in den Kabinen verschwinden und der erste Spieler recht schnell fertig geduscht wieder herauskommt. Doch das Unerwartete tritt ein: Nach mehr als 20 Minuten Reparatur springt das Flutlicht an und nach kurzer Beratschlagung entschließen sich die Mannschaften, das Spiel fortzusetzen. Sehr schön. Der Ground wird damit ganz konform eingefahren, auch wenn das aufgrund der fürchterlichen Temperaturen außerhalb der Winterpause deutlich mehr Spaß gemacht hätte.